Interview als Gastronomie-Experte bei RTL Extra: Warenunterschiebung und Betrug in der Gastronomie

Extra - Das RTL MagazinAm Montag, den 24. Februar um 22.15 Uhr, werde ich als Gastronomieexperte in dem Reportage-Format Extra – das RTL-Magazin mit einem Interview auftreten. Thema des dort veröffentlichten Berichtes: Warenunterschiebung und Betrug in der Gastronomie. Ich bin in der Sendung in meiner Eigenschaft als Chefredakteur von Restaurant-Kritik.de zu sehen. Um was geht es bei diesem Thema? Hier ein paar Informationen.

Dirk Baranek bei RTL

Betrug in der Gastronomie: Worauf sollte man als Gast achten?

Als normaler Gast begibt man sich bei einem Restaurantbesuch in ein besonderes Vertrauensverhältnis. Man will das bekommen, was man bestellt hat und nicht irgendetwas anderes, was vielleicht ähnlich aussieht oder so schmeckt. Man will nicht für etwas bezahlen, was man dann nicht bekommt. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, man sollte gar nicht darüber reden müssen. Aber es kommt eben immer wieder vor, das Gastronomen, natürlich vor allem aus finanziellen Erwägungen, derartige Tricks anwenden und ihre Gäste versuchen hinters Licht zu führen. Problem: Man kann sich nur mit erheblichem Fachwissen davor schützen, denn selbst ausgewiesene Lebensmitteltechnologen sind enorm gefordert, wenn falscher Käse oder Billigfisch untergeschoben wird.

Die rechtlichen Grundlagen
Wenn einem als Gast ein Wiener Schnitzel aus Schweinefleisch verkauft wird, ist das Betrug, denn ein „Wiener Schnitzel“ muss zwingend aus Kalbfleisch bestehen. Festgelegt sind derartige Regeln im Deutschen Lebensmittelbuch. Das wiederum ist gesetzlich verankert im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch. Beschreiben lässt sich das Lebensmittelbuch wie folgt:

Das Deutsche Lebensmittelbuch ist eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden.

Diese Leitsätze beschreiben genau, was darunter zu verstehen ist, wenn im geschäftlichen Verkehr bestimmte Produktbezeichnungen verwendet werden. Zum Beispiel muss ein „Milcheis“ mindestens 70 Prozent Milch enthalten und ein „Fruchteis“ mindestens 20 Prozent Frucht. Das bedeutet im Umkehrschluss: wenn ich in der Eisdiele ein Milcheis bestelle und es schmeckt sehr wässrig, dann könnte ein Betrug vorliegen, weil der Milchanteil vielleicht nur 30 Prozent beträgt.

Die Leitsätze und Definitionen der vielen Bezeichnungen für Lebensmittel und gastronomische Produkte, es gibt im übrigen viel mehr als man als normaler Verbraucher annimmt, finden sich hier auf der Website des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft

Fakt ist: Es dürfen zwar „nachgemachte Lebensmittel“ oder solche „die geeignet sind, den Anschein einer besseren als der tatsächlichen Beschaffenheit zu erwecken“ gemäß § 11 LFGB in Verkehr gebracht werden, aber sie müssen eben über eine „ausreichende Kennzeichnung“ verfügen. Bedeutet: Nicht der Umstand, dass beim Wiener Schnitzel Schwein- statt Kalbfleisch angeboten wird, ist an sich strafbar, sondern dass der Verbraucher darauf nicht ausreichend hingewiesen wird. Wo „Wiener Schnitzel“ draufsteht, muss Kalb drin sein.

Verstöße werden entweder mit Geldstrafe oder in sehr schweren Fällen mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft.

Neben dem Lebensmittelrecht sind aber noch zwei weitere Gesetze in Betracht zu ziehen. Da ist zum einen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zu nennen. Denn ein Gastronom, der billig für teuer verkauft, verschafft sich ja einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten. So heißt es in § 3:

Geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Meint: Ein Gastronom, der mir ein „Wiener Schnitzel“ aus Schweinefleisch verkauft, hat seine Sorgfaltspflicht verletzt und liefert mir nicht die notwendigen Informationen, auf deren Basis ich mich für das billigere Schweine- statt des Kalbfleisch hätte entscheiden können. Das ist unlauter und wird bestraft mit Geldstrafe oder in schweren Fällen mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.

Zum anderen kann bei einer Warenunterschiebung in schweren Fällen der Straftatbestand des Betrugs zum Tragen kommen. §263 des Strafgesetzbuchs ist eindeutig

Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Fassen wir zusammen: die rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf die Beschaffenheit von in gastronomischen Zusammenhängen verwendeten Lebensmitteln sind eindeutig, detailliert und genau. Wer sich nicht dran hält, muss mit Strafe rechnen.

Die häufigsten Fälle

Halle an der Saale, Anfang 2013. Ein Lieferdienst bietet auf seiner Karte einen Griechischen Salat mit Fetakäse an. Fetakäse muss zwingend aus Schafsmilch hergestellt werden. Verwendet wurde aber durchgängig einer aus Kuhmilch. Der Fall fliegt bei Kontrollen durch die Lebensmittelüberwachung auf, die den Inhaber mehrfach darauf hinweist, diese Praxis zu beenden. Er kommt dem nicht nach und wird nach zwei Verfahren abschließend zu einer Geldstrafe von 2.500 Euro verurteilt. Der Fall illustriert: Betrug passiert, nicht immer sind die Gastronomen einsichtig, oft fliegt der Missstand bei Kontrollen auf und es kommt zu Strafen.

Betrug beim Fisch. Das kommt offenbar relativ häufig vor. So hatte das ZDF im Februar 2013 selber Stichproben veranlasst, bei dem in 19 Fällen als Seezunge deklarierte Gerichten nur in 4 wirklich dieser relativ teure Seefisch war. Alle anderen bestanden in Wirklichkeit aus Filets der Rotzunge. Derartiger Verdacht wird auch bei Restaurant-Kritik.de ab und zu geäußert. Ein Kritiker schreibt

„Als der Pinguin seine „Seezunge“ (Seezungenfilet mit grünen Bohnen, dazu Tzaziki und Salat) inkl. Pommes Frites für 13,95 € bekam, musste ich grinsen. Wieder so ein Trum von Platte. „Obelix kommt hier voll auf seine Kosten!“, schoss es mir durch den Kopf. Die beiden einwandfrei zubereiteten Fischfilets waren wohl als Seezunge getarnte Rotzungenfilets, was in Anbetracht des Preises auch wahrscheinlich war. „

Man sieht: der Preis sagt schon viel aus. Wenn eine hochwertige Seezunge extrem günstig angeboten wird, macht das misstrauisch. Hier liegt also der Fall vor: Vortäuschung eines teuren Produkt, das mit Preisvorteil für den Gast verkauft werden soll. Ob das weniger betrügerisch ist, als der Fall, bei dem ein billiges Produkt teuer verkauft wird, muss jeder für sich entscheiden.

Analogkäse. Dieser falsche Käse wird oft zitiert, wenn es um Warenunterschiebung geht. Bei diese Käseimitaten wird das Milchfett durch ein tierisches oder pflanzliches ersetzt. Problem ist im Moment, dass in der EU eine spezielle Kennzeichnungspflicht für Kunstkäse erst Ende 2014 eingeführt wird und „Käse“ nicht im Lebensmittelbuch beschrieben ist. Also wird man als Verbraucher letztlich auf die Beschreibung der Inhaltsstoffe angewiesen sein – die im übrigen ja auch in der Gastronomie angegeben werden müssen.

Falsches Bier. Offenbar auch relativ oft, dass Bier ausgeschenkt wird, bei dem es sich nicht um die Sorte handelt, die ausgewiesen wird. Geht natürlich nur bei gezapfter Ware.

Schnitzel. Hier noch mal eindeutig: Das „Wiener Schnitzel“ muss aus Kalbfleisch bestehen. Das „Schnitzel“ kann natürlich aus Schweinefleisch sein, ist es meistens auch. Was aber ist mit „Schnitzel Wiener Art“? Das muss nicht aus Kalbfleisch sein, sondern kann ebenfalls aus Schweinefleisch bestehen. Es kommt eben auf die ganz genaue Bezeichnung an. So urteilte 2009 ein Gericht in Arnsberg, dass ein Fleischhersteller ein Produkt „Wiener Schnitzel vom Schwein“ nennen darf. Begründung: der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß gar nicht, dass ein Wiener Schnitzel aus Kalbfleisch sein muss. Daher kann eben der Tatbestand der Irreführung nicht vorliegen. Juristen …

Gekochter Vorderschinken. Auch dieses Produkt kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, auf der Pizza oder in Salaten. Ersetzt wird es gerne durch so genanntes Formfleisch, das aus einzelnen Schinkenstücken zusammengesetzt wird. Klar ist: wo Schinken drauf steht, darf kein Formfleisch drin sein. So ein Urteil aus Kassel, wo ein Fleischhersteller einen Salat mit Vorderschinken etikettiert hatte, aber es war nur Formfleisch drin. Der Betrieb hatten gegen das Amt geklagt, dass ihm diese Bezeichnung verbieten wollte und verloren.

Wasser. In Deutschland ist das Trinkwasser eines der am schärfsten überwachten Lebensmittel überhaupt. Es gibt mehrere gesetzliche Regelungen dazu, die Trinkwasserverordnung oder die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung. In diesen Verordnungen wird genau beschrieben, was alles drin sein darf im Wasser, ob es aus unterirdischen oder oberirdischen Quellen kommt, wie oft das untersucht wird usw. Sicher, beim Wasser kann nur im offenen Ausschank betrogen werden und der Nachweis ist extrem schwierig. Mein persönlicher Tipp: Normales Leitungswasser ist in Deutschland von sehr hoher Qualität. Warum nicht statt der teuren Flasche stilles Wasser einfach mal eine Karaffe Leitungswasser bestellen? Nur keine falsche Scham, muss ja nicht umsonst sein…

Fazit
Gegen trickreiche Warenunterschiebung in der Gastronomie ist der Gast oft relativ hilflos, weil ihm die fachliche Ausbildung fehlt, die Unterschiede zu erkennen, zum Beispiel bei der Seezunge statt Rotzunge. Daher sollte man sich von seinem gesunden Menschenverstand leiten lassen und zumindest bei Billigangeboten aufhorchen. Kann das annoncierte Argentinische Rindersteak wirklich für 12,50 abgegeben werden? Unwahrscheinlich. Ansonsten gilt: wenn die Qualität nicht stimmt, also das 30-Euro-Steak zäh ist, dann sollte man sich umgehend und höflich beschweren. Umgehend meint: Zuerst aufessen und dann meckern, das ist nicht akzeptabel.

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