Ein willkommener Hauch von Urlaubsgefühl

Die drei Stuttgarter Stadtstrände erfreuen sich trotz Wetterkapriolen großer Beliebtheit. Wirte sind mit Auslastung zufrieden.

Ein paar Tonnen Sand auf einer Freiluftfläche möglichst am Wasser, dazu Liegestühle, Sonnenschirme, kühle und Getränke und eine leichte Küche – fertig ist der Stadtstrand. An drei Standorten kann man inzwischen den kleinen Traum vom ewigen Strandurlaub erleben. Die Auslastung ist gut, auch wenn der Sommer ist diesem Jahr eher durchwachsen ist.

Es ist der Traum von Daheimgebliebenen aber auch all derjenigen, die aus dem wohlverdienten Badeurlaub zurück in den Arbeitsalltag katapultiert wurden: Die entspannte Gefühlsmischung von Sonne, Sand und kühlen Drinks gleich um die Ecke ständig zur Verfügung zu haben. Solche Glücksmomente auf Abruf anzubieten, schreiben sich in deutschen Groß- und Kleinstädten immer mehr gastronomische Einrichtungen auf die Fahne. Das Konzept ist eigentlich relativ simpel: Man verteile ein paar Tonnen Sand auf einer Freiluftfläche, möglichst am Wasser, stelle darauf Mobiliar, das man normalerweise an Badestränden findet, und biete dazu kühle Drinks und eine leichte, nicht zu komplizierte Küche. In Stuttgart gibt es inzwischen drei Orte, die sich in diesem Metier versuchen.

Ibiza-Feeling für die Partypeople

Schon seit 2004 dabei ist der Sky Beach auf dem Dach des Kaufhauses Galeria Kaufhof in der Königsstraße. Nachdem man den eher tristen Zugang durch den Hintereingang des Kaufhauses und den leicht abgenutzt wirkenden Aufzügen hinter sich gebracht hat, erwartet den Besucher eine weitläufige Fläche, die mit einem feinem weißen Sand und mit Holzterrassen gestaltet ist. „Das sind 120 Tonnen so genannter Fidschi-Sand,“ sagt Geschäftsführer Lothar Müller. Von den 150 Liegestühlen und einem guten Dutzend bettähnlicher Lagerstätten aus ist der nahezu unverstellte Blick auf den Talkessel atemberaubend. Man fühlt sich dem Himmel nah und kann die Abwesenheit von spiegelnden Wasserflächen schmerzlos verkraften. „Stuttgart ist nicht Hamburg, wo es an jeder Ecke Wasser gibt,“ sagt Müller. Dafür zeige sich hier das unverwechselbare Flair der Stadt und auch nachts sei das Panorama mit den vielen Lichtern sehr attraktiv. Die Saison sei bisher gut verlaufen, trotz der Wetterkapriolen. Es sei eben ein typischer deutscher Sommer, mit all seinen Hochs und Tiefs, meint Müller. Die Beschallung mit elektronischer Musik ist recht aufdringlich und verweist auf die Beliebtheit des Sky Beach bei einem jüngeren Publikum, das sich etwas von der Atmosphäre auf der bei Technojüngern so beliebten Partyinsel Ibiza schnuppern möchte. Vor allem abends ist es rappelvoll, wenn sich etwa 500 Gäste auf der Fläche tummeln. Die nehmen dann Cocktails für je sieben Euro und dazu einen der diversen Flammkuchen (6,80 Euro). Geöffnet ist der Sky Beach von 11 bis 1 Uhr. Zwei Spezialtipps: Immer Sonntags gibt es Brunch mit warm-kalten Buffet. Ganz besonders werden außerdem die Vollmondnächte gefeiert. Wenn dann der bleiche Erdtrabant seine Bahn über den Kessel zieht, treten bekanntere DJs und sogar Feuerschlucker auf. Heute ist übrigens Vollmond…

Hoch über dem Fluss

Ein etwas anderes Publikum zieht es an den Neckar in den Cannstatter Stadtstrand. Auf dem hohen Ufer über der Bundeswasserstraße, umgeben von einer ganzen Reihe von öffentlichen Spielanlagen, lassen sich Familien aus der Nachbarschaft, erschöpfte Besucher der direkt gegenüber liegenden Wilhelma und Gruppen von Radwanderern nieder, die eine Pause machen von der Tour auf dem Fahrraduferweg. Auch hier gibt es natürlich eine ganze Reihe der unvermeidlichen Liegestühle aus Holz und Stoff sowie ein paar Tisch-Bank-Kombinationen Marke Biergarten. Der Sand kitzelt recht grob zwischen den blanken Zehen. „Das ist Flusssand aus Mannheim,“ sagt Inhaber Alexander Scholz, der mit der bisherigen Saison recht zufrieden ist. 300 bis 400 Gäste finden sich an einem normalen Tag ein. Das Wasser ist zwar einen Steinwurf weg und Baden darf man sowieso nicht, aber durch den alten Baumbestand gibt es viel Grün und dazu unbeschwerten Auslauf für den Nachwuchs. Der kann klettern, rutschen oder Beachvolleyball spielen. Essen und Trinken kann man recht günstig und die selbst gemachten Hamburger sind für um die drei Euro ein echter Tipp. Geöffnet ist der Stadtstrand täglich von 12 bis 23 Uhr. 

Kinderparadies am See

Ganz neu dabei ist der Standort May-Eyth-See. Auf der sich in den See schiebenden Landzunge wurden vor vier Wochen an dem Kiosk MaxS mehrere Tonnen recht feiner Sand direkt am Ufer verteilt. Woher der kommt, konnten die beiden Betriebsleiterinnen Sandra Spranger und Edelgard Hamann nicht mehr sagen. Da das Publikum fast nur aus Familien besteht, ist das Ganze fast eine riesige Buddelkiste geworden. Am Wochenende tummeln sich da manchmal bis zu 50 Kinder, die auch nach den von den Betreibern ausgelegten kleinen Schätzen suchen. „Wir verstecken die aber nur oberflächlich unter dem Sand, sonst würden die uns das komplett umgraben,“ sagt Sandra Spranger lächelnd. Auf Musikbeschallung muss man ganz verzichten, denn auf Grund des Naturschutz dürfen die hier siedelnden Vögel nicht gestört werden. Auf den 25 blau-weiß-gestreiften Liegestühlen hat man allerdings wirklich das Gefühl, an einem Strand zu sitzen, denn die Wasserfläche ist nur einen Schritt entfernt. Baden ist nicht zu empfehlen, denn noch ist das Seewasser trübe und eine Begegnung mit den Hobbykapitänen der Segel- und Tretboote ist sicherlich nicht angenehm. In der angeschlossenen Selbstbedienungsgastronomie, die wie das ganze Gelände von einer gemeinnützigen Gesellschaft zur beruflichen Eingliederung von ALG-2-Empfängern betrieben wird, findet man sommerliche Freibad-Klassiker: Rote Wurst, Pommes, Apfelschorle. Allerdings ist jetzt auch eine Cocktailbar im Angebot, wenn nicht gerade mal wieder die Belastung mit Wespen zu hoch ist. Geöffnet ist abends auch nur bis 21 Uhr, weshalb sich das hier wohl eher nicht zum Hotspot für feierwütiges Publikum entwickeln dürfte.

Fazit

Eins ist klar: Die Strände sind sehr beliebt. Probleme mit der Auslastung hat keiner der Betreiber, es sei denn das Wetter spielt total verrückt. Aber dagegen ist natürlich niemand gefeit, der Freiluftgastro betreibt.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Ein willkommener Hauch von Urlaubsgefühl

Platz genug für zwei Dinnershows

Neben Palazzo auf dem Pariser Platz etabliert sich auch Pomp Duck dauerhaft am Flughafen

Mit Pomp Duck and Circumstance sowie Harald Wohlfahrts Palazzo haben sich in der jetzt auslaufenden Saison erstmals zwei Dinnershows in der Stadt präsentiert. Offensichtlich mit Erfolg, denn beide melden eine gute Auslastung. Deshalb wird sich an der für die Gäste komfortablen Situation zukünftig nichts ändern.

Blitze zuckten, Donner grollte und ein Knochenmann läutete unerbittlich tief tönende Glocken. Nein, bei der Dinnershow Pomp Duck and Circumstance hatte nicht das letzte Stündlein geschlagen. Vielmehr präsentierte Geschäftsführer Walter Feucht zusammen mit seiner Tochter Tanja am vorigen Freitag im Spiegelzelt am Flughafen einen kleinen Ausblick auf die nächste Saison, die am 18. September unter dem Motto „Hell’s Kitchen“ startet. In der Höllenküche erwartet die Zuschauer dann eine „teuflische Mischung“ aus Musical, Comedy und Artistik. Noch steht das Programm nicht in allen Details fest, denn die werden erst in den nächsten Wochen von der Truppe erarbeitet.

Mit dem neuen Programm will Feucht seinem erklärten Ziel treu bleiben, die verrückteste Dinnershow Deutschlands auf die Beine zu stellen. „Das wird für Furore sorgen,“ sagte er und vertraut auf die engagierten Mimen, die bei Castings unter anderem in New York und Los Angeles ausgesucht wurden. Die Gäste will Feucht im Verlauf des Abends, der mit einer kleinen Party im stilvollen Foyer endet, von der Hölle in den Himmel führen. Bei letzterem spielen natürlich die kulinarischen Genüsse eine entscheidende Rolle. Anders als die Konkurrenz setzt Pomp Duck dabei nicht auf die großen Namen bekannter Kochkünstler, sondern vertraut ganz seinen „jungen Wilden“. „Bei uns stehen die Köche wirklich jeden Tag in der Küche,“ sagt Feucht in Anspielung auf die rein aufs Konzeptionelle konzentrierten Witzigmann, Wohlfahrt und Kollegen. Der Erfolg gibt ihm jedenfalls recht, denn mit der am 22. Juni auslaufenden, ersten Stuttgarter Saison ist man bei Pomp Duck zufrieden. Man sei hier sehr gut angekommen und habe den Umzug von Berlin nicht bereut. Vor allem die Nachfrage von Unternehmen, die in dem verkehrsgünstig gelegenen und gleichzeitig ungewöhnlichen Ambiente Produkte präsentieren oder Betriebsfeiern abhalten, habe sich sehr gut entwickelt.

Weil aber immer noch „Luft nach oben“ bleibe, wird es im Herbst zusätzlich mehrere Vorstellungen mit dem Musicalstar Thomas Borchert geben mit einem Streifzug durch das Genre und seinem Lieblingsgericht. Diese Montagabende sind mit einem Eintrittspreis von 49 Euro recht günstig kalkuliert und auch bei den Abendvorstellungen wird es etwas billiger werden. Statt bis zu 125 Euro werden die Gäste nur noch einen Einheitspreis von 110 Euro bezahlen müssen. Dafür wird das Menü von vier auf drei Gänge gekürzt. Vorteil: Statt wie bisher bis zu dreieinhalb Stunden am Tisch zu sitzen, dauert es nur noch zweienhalb, bis man sich mal die Beine vertreten kann. Dann wartet die Party im Foyer mit einem „Heaven’s Club“.

Alles sieht also danach aus, dass es in der Stadt durchaus Raum für zwei Dinnershows gibt. Denn auch Platzhirsch Palazzo, bei dem Starkoch Harald Wohlfahrt die gastronomische Leitung hat, wird am 5. November im Spiegelzelt auf dem Pariser Platz die dann fünfte Saison einläuten. Mit der im März abgelaufenen ist man bei dem Unternehmen, das an zehn Standorten im In- und Ausland seine Spektakel präsentiert, sehr zufrieden. Selbst in Stuttgart war die Auslastung hervorragend, kann Pressesprecher Bernd Zerbin berichten. Die solvente Region habe offensichtlich genug Potenzial und die Nachfrage nehme ständig zu. „Das Genre Dinnershow hat sich weiter popularisiert,“ sagte Zerbin. Dieser Meinung ist man bei Pomp Duck auch, weshalb es Walter Feucht nicht ausschließen wollte, länger als die ursprünglich anvisierten drei Jahre in der Landeshauptstadt zu bleiben. 

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Platz genug für zwei Dinnershows

Die Fans können kommen

Gastronomie ist auf Europameisterschaft gut vorbereitet. Umsatzwachstum erwartet.

Die Fußball-Europameisterschaft, die vom 7. bis 29. Juni stattfindet, wirft ihre Schatten voraus. Deutschland wird erwartungsgemäß im Fußballfieber liegen und wie bei der WM vor zwei Jahren ist die Gastronomie fest entschlossen, davon zu profitieren. Nicht nur in Sportsbars sondern auch in vielen Kneipen, Biergärten und Restaurants laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, um den Fans ein unterhaltsames Gemeinschaftserlebnis zu bieten. Die positiven Erfahrungen der WM haben bei den Gästen ihre Spuren hinterlassen. Das Mitfiebern mit anschließender Siegesfeier wird sehnlichst erwartet und wer sein Lokal in dieser Zeit nicht dieser Nachfrage widmet, wird sich auf Einbußen einstellen müssen.

Das ist jedenfalls die Überzeugung von Aurelio Tomarelli, Inhaber des Restaurants Via Veneto in der Münchner Maximilianstraße. Für ihn es eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, den Gästen während der EM etwas Besonderes zu bieten. „Wer nichts macht, kann in der Zeit sowieso nur Däumchen drehen,“ meint Tomarelli. Deshalb wird im Innenhof des Lokals (120 Sitzplätze) eine Leinwand aufgebaut und die Spiele live mit einem Beamer übertragen. Preislich wird Tomarelli nichts ändern, geht aber von mindestens 50 Prozent mehr Umsatz aus, den er mit verstärktem Einsatz von Aushilfen bewältigen will. Wenn denn das Wetter mitspielt… Klimatische Unwägbarkeiten sind bei den Planungen der große Unsicherheitsfaktor, denn die meisten Unternehmen verlegen ihre EM-Angebote auf vorhandene Freiflächen. Anders sieht das Konzept im Hotel Radison SAS Schwarzer Bock in Wiesbaden aus. In dem 5-Sterne-Haus wird es in einem historischen Kaminzimmer mit Baranschluss für 30 Gäste eine Übertragung geben. „Wir machen das für unsere Hotelgäste und für Fans, die ein etwas exklusiveres Ambiente möchten,“ sagt F&B-Manager Dominik Prem. Geordert werden kann aus der Roomservice-Karte und Biermix-Getränke zum Vorteilspreis genießen. Prem setzt die Aktion daher mit geringem Mehraufwand um und sieht das Angebot als Imagepflege, um Hemmschwellen abzubauen. Bei der Entscheidung spielte der Umstand, dass in der hessischen Landeshauptstadt alle Spiele live bei einem Großevent übertragen werden, keine Rolle. 

Das sehen die meisten Gastronomen so, auch wenn der Lokalpresse zu entnehmen war, dass es in Berlin einige Betreiber von Biergärten sehr zu schätzen wissen, dass die Fanmeile in diesen Jahr auf die Halbfinale und das Endspiel beschränkt bleibt. Das ist in Stuttgart ähnlich, hat aber bei der Entscheidung von Birgit Grupp, ihren innerstädtischen Biergarten mit Leinwand auszustatten, keine Rolle gespielt. „Es gab ständig Nachfragen von Stammgästen, die die schöne Stimmung während der WM 2006 noch einmal erleben möchten,“ berichtet die Geschäftsführerin des mittelständischen Unternehmens. Mehr Umsatz erwartet Grupp nicht, da der Platz, an dem sie mit Paulaner und Brunnerz gleich zwei Lokale betreibt, immer gut gefüllt sei und die Fußballfans erfahrungsgemäß weniger Speisen abfragen. Die Aktion wird mit Pressearbeit und intern beworben. Das passt ins Bild, denn auf größere Marketingaktionen verzichten die meisten Unternehmen, nutzen allerdings verstärkt die neuen Möglichkeiten des Internet. „Die Resonanz ist sensationell,“ berichtet Carsten Jutzi, Geschäftsführer des Infoportals Restaurant-Kritik.de. Binnen zwei Tagen hätten sich über 100 Betriebe gemeldet, um ihr Angebot auf einer frisch gestarteten Übersicht aller EM-Lokale gratis einzutragen (www.restaurant-kritik.de/em08-live/). Jutzi geht davon aus, dass viele Gäste im Web nach Public-Viewing-Angeboten suchen werden.

Bei der Technik halten sich die Unternehmen zumeist an die Drei-Meter-Regel, um Lizenzkosten zu sparen. Die UEFA verlangt nur dann Gebühren, wenn die Leinwand, auf der die Übertragung ausgestrahlt wird, eine Diagonale größer als drei Meter aufweist. Vorraussetzung ist allerdings, dass bei der Veranstaltung keine Eintrittsgelder erhoben werden, es keinen Verzehrzwang gibt und keine Sponsoren im Umfeld agieren. Größere Projektionsflächen müssen angemeldet werden, sind jedoch gebührenfrei, wenn es sich um nicht-kommerzielle Events handelt. Wichtig für Gastronomen außerdem: Es werden wenn auch geringe GEMA-Gebühren fällig, da Musik rund um die Übertragungen abgespielt wird. Die Fans können also kommen!

 

[Artikel für die AHGZ]

Die Fans können kommen

Der letzte Vorhang fällt noch lange nicht

Die Anbieter von Dinnershows sind mit der abgelaufenen Saison zufrieden. Für die Zukunft setzt man weiter auf Expanison.

Dinnershows erfreuen sich in Deutschlabnd weiter großer Beliebtheit. Die Mischung aus Live-Entertainment und kulinarischem Erlebnis zog auch in der jetzt abgelaufenen Saison tausende von Gästen in die Zelte und Veranstaltungssäle. Allerdings gab es mit der Insolvenz der Show Bajazzo, einer Produktion von Eckhart Witzigmann und Bernhard Paul (Roncalli), die in fünf Großstädten zu sehen war, einen Verlust zu beklagen, den sich so recht niemand erklären kann. Geschäftsführer Horst Bork slebst weiß auch nicht so genau, woran es denn nun gelegen hat. Von den vier Standorten sei die Hälfte gut gelaufen, nur in Köln und Hamburg sein man nicht erfolgreich gewesen. „Wir werden das genau analysieren und entsprechend das Konzept ändern,“ sagte Bork. So wie bisher gehe es allerdings nicht weiter. Zurzeit stelle man Überlegungen an, wie es nach der Trennung von Roncalli und mit einer Fokussierung auf die Kochkünste Witzigmanns weitergehen könne. „Wir sondieren das Gelände.“

Die Wettbewerber wollten wie üblich die Probleme bei Bajazzo nicht kommentieren, können aber selbst von wachsenden Gästezahlen berichten. Ihn hätten die Probleme bei Bajazzo überrascht, so Bernd Zerbin, Pressesprecher der Produktion Palazzo, die an zehn Standorten im In- und Ausland mit Köchen wie Harald Wohlfahrt, Alfons Schuhbeck oder Hans-Peter Wodarz zusammenarbeitet. Die Shows seien durchweg hervorragend ausgelastet gewesen, selbst in Stuttgart, wo es mit Pomp Duck and Circumstance einen starken Wettbewerber gegeben habe. Die Konkurrenz sei zwar spürbar gewesen, aber der Markt habe sich offenbar vergrößert. „Das Genre Dinnershow hat sich weiter popularisiert,“ so Zerbin. Für die Zukunft plant Palazzo weitere Standorte im In- und Ausland, darunter in Dubai (wir berichteten). Die Zeichen stehen also bei Palazzo auf Expansion, allerdings wird es bei der Ausrichtung auf die Wintersaison bleiben. Ein für 2008 geplantes Sommergastspiel auf Sylt wurde auf das nächste Jahr verschoben, eine generelle Ausweitung auf die warme Jahreszeit ist nicht vorgesehen. „Die Zelte sind plüschig und heimelig, das passt einfach nur in den Winter. Außerdem soll es ein singuläres Ereignis bleiben. Bei einem permanenten Angebot verliert das seinen Nimbus,“ sagt Zerbin. Fast 80 Prozent der Gäste sind Privatleute, die sich dreieinhalb Stunden lang bei Preisen zwischen 89 und 135 Euro vergnügen. 

Bei der Stuttgarter Konkurrenz Pomp Duck and Circumstance ist man im großen und ganzen mit dem bisherigen Geschäftsverlauf zufrieden, so Geschäftsleiterin Tanja Feucht. Genaue Zahlen habe man aber noch nicht vorliegen, da die Saison bei Pomp bis Juni dauert. Nach Ansicht von Feucht ist der Markt allerdings fast schon gesättigt, da zu viele Zelte und kleinere Anbieter das Thema Dinnerschow aufgegriffen hätten. „Es findet eine McDonaldisierung statt,“ sagt sie. Das Format brauche eine gewisse Exklusivität. Den erfolgreichen Umzug von Berlin in die schwäbische Landeshauptstadt schreibt sie dem auf eine perfekte, leicht verrückte Show ausgerichteten Konzept zu. Auf einen Starkoch als Namensgeber wird bewusst verzichtet. Stattdessen setzt man auf eine „junges, kreatives Küchenteam“. Für die Zukunft sieht Feucht keine Probleme, eine Expansion auf andere Städte sei aber Moment nicht vorgesehen. 60 Prozent der Gäste kommen hier aus dem Bereich der Firmenkunden.

Von stetigem Wachstum kann auch Hamdan Madi berichten. Der Deutsch-Marrokaner betreibt im Berliner Stadtteil Tegel seit April 2004 das „Zelt der Sinne“. Die an orientalischen Motiven ausgerichteten Abende finden in mehreren Zelten statt. „Das sind marrokanische Königszelte, alles Handarbeitet,“ berichtet Madi, von Beruf Bauingenineur. Allein in den letzten zwei Jahren wurde die Kapazität verdreifacht und der Umsatz verdoppelt. Pro Abend finden etwa 200 Gäste in den Zelten Platz, wo sie für 87 Euro ein Vier-Gänge-Menü mit nordafrikanischen Gerichten und ein Unterhaltungsprogramm mit Bauchtanz und Artistik erwartet. Besonders erfolgreich sind zwei Märchenveranstaltungen, eine für Erwachsene mit erotischen Motiven und eine für Kinder am Sonntag Vormittag. Madi sieht sich allerdings eher als Kulturvermittler, denn als profitorientierten Unternehmer. „Wir sind zufrieden und können das vor allem mit einem engagierten Team umsetzen,“ sagt er. Eine Krise des Formats sieht er nicht, ganz im Gegenteil: „Wir werden weiter expandieren.“

Ein Ende des Genres kann auch Kai Leistner nicht ausmachen, Produktionsleiter des neuen Formates Do Brazil in München. Das darf sich mit dem Namen des bekannten Fußballstars Giovanni Elber schmücken, der sich am Konzept beteiligt und damit seiner bayrischen Wahlheimat sein Heimatland Brasilien näher bringen möchte. Ab 9. Oktober 2008 kann man dann bis in den Februar hinein in einem Spiegelzelt in München, genauer Standort noch unbekannt, eine Art samba-getriebenes Gesamtkunstwerk aus Artistik, Musik und Tanz genießen. Zwar wurde mit Dieter Müller ein hochkarätiger Koch verpflichtet, der ein Vier-Gänge-Menü mit südamerikanischen Anklängen austüfteln wird, aber der Grundansatz unterscheide sich doch von der Konkurrenz. „Wir sind nicht so gastronomisch fixiert,“ sagt Leistner, der einige Jahre als Geschäftsführer bei Palazzo tätig war und sich daher in der Branche bestens auskennt. Der Showaufwand werde erheblich sein und die Qualität hoch. Die Künstler kommen zum größten Teil aus Brasilien und wurden dort vor Ort gecastet. Dafür werden die etwa 400 Gäste pro Vorstellung 75 bis 145 Euro zahlen müssen. Leistner rechnet mit einer Auslastung von 80 Prozent, wobei sich private Buchungen und Firmenkontingente etwa die Waage halten. Vier bis fünf Millionen Umsatz peilt er an und plant schon jetzt für die übernächste Saison. „Wenn alles gut läuft, wird es einen, eventuell zwei weitere Standorte geben.“ Das Ziel müsse es aber bleiben, langfristig für Qualität und Innovation zu sorgen.

 

[Artikel für die AHGZ]

Der letzte Vorhang fällt noch lange nicht

Profitieren vom Bioboom

Der Erfolg der zweiten Slow Food Messe zeugt von der gestiegen Nachfrage nach Bioprodukten. Auch Gastronomen scheinen davon zu profitieren.

Der Trend zu Bioprodukten und nachhaltig produzierten, regionalen Lebensmitteln ist ungebrochen. Das wurde am letzten Wochenende erneut auf der zweiten Slow Food Messe deutlich, die mit etwa 50.000 Besuchern aus allen Nähten platzte. Die Halle auf der Neuen Messe am Stuttgarter Flughafen verwandelte sich mit den an über 300 Ständen angebotenen, zumeist regionalen Spezialitäten in einen riesigen Feinkostladen. Aber auch einige Gastronomen und Hoteliers präsentierten sich dem genussfreudigen Publikum. Darunter Inge Tresse vom Bio-Hotel Rose aus Hayingen auf der Schwäbischen Alb. Seit fünf Jahren ist das 24-Bettenhaus mit Restaurant, Catering und Tagungsgeschäft zu 100 Prozent auf Bio umgestellt. Der Prozess gestaltete sich relativ unkompliziert, weil der Familienbetrieb schon seit den 50er Jahren von Demeter zertifiziert war. „Wir profitieren jetzt eindeutig vom Bioboom,“ sagt Frau Tresse, die über 70 Mitarbeiter beschäftigt und in diesem Jahr selbst im ansonsten schwachen Februar zu 65 Prozent ausgelastet war. Trotz eines unbestreitbar höheren Materialansatzes, der teilweise weitergegeben werden muss, kommen viele gesundheitsbewusste ältere Gäste. Selbst junge Familien schreckt das höhere Preisniveau nicht ab. 

Als Besucher haben sich Christine und Manfred Pferdt auf der Messe umgesehen. Die Gastronomen aus Leutkirch im baden-württembergischen Allgäu wollten sich über aktuelle Trends und Innovationen informieren. Mit ihrem Brauerei-Gasthof Mohren engagieren sie sich seit Jahren in der lokalen Slow-Food-Bewegung und freuen sich jetzt über die Erträge der Lobbyarbeit. „Vor allem kommen in der letzten Zeit immer mehr jüngere Leute,“ weiß Manfred Pferdt zu berichten. Entscheidend sei es dabei gewesen, konsequent auf die regionale Schiene zu setzen. Allerdings müsse sich bei vielen Gästen noch in den Köpfen festsetzen, dass man für wenig Geld auch nur eine schlechte Leistung erhalte. Steter Tropfen höhlt allerdings den Stein nachhaltig. „Wenn man das Vertrauen aufgebaut hat, dann akzeptieren die Gäste die höheren Preise,“ meinte Pferdt.

Von dem gestiegenen Interesse an regionaler Küche profitieren auch Hersteller von etwas ausgefalleneren Spezialitäten. So erlebt zurzeit die Weinbergschnecke eine wahre Renaissance. Gleich zwei Hersteller präsentierten auf der Messe ihre fettfreien und eiweißreichen Produkte. Seit zwei Jahren im Markt ist das Unternehmen Escargots aus dem brandenburgischen Kleinmachnow. Auf einigen Hektar Freilandfläche wächst die heimische Helix Pomantia heran, wird im Sommer geerntet und dann als Tiefkühlware zu 70 Prozent in der Gastronomie vermarktet. „Vor allem im gehobenen Segment gab es einen regelrechten Boom,“ meint Jan Kickinger, der die Idee vor ein paar Jahren aus Frankreich mitbrachte. 

Von den Folgen des Booms kann das Unternehmen Bionade, das ebenfalls mit einem Stand auf der Messe präsent war, ein Lied singen, denn in der Vergangenheit wurde man zeitweise vom eigenen Erfolg überrollt. Etwa ein Drittel der Softdrinks geht inzwischen in die Gastronomie und nicht nur in Szene- und Studentenlokale. „Die traditionelle Gastronomie zieht jetzt nach,“ sagte Sibylle König, Vertriebsleiterin im Südwesten. Immer mehr wollen offensichtlich vom Wachstum profitieren.

 

[Artikel für die AHGZ]

Profitieren vom Bioboom