Berliner gewinnt 3. Stuttgarter Chanson- und Liedwettbewerb

Beim Gala-Finale im Le Meridien überreichte Katja Ebstein den bronzenen Troubadour an einen überraschten Sieger

Der Berliner Musiker kw. Timm ist Sieger des diesjährigen Stuttgarter Chanson- und Liedwettbewerbs. Die zum dritten Mal ausgetragene Konkurrenz hatte am Samstag Abend im Ballsaal des Hotel Le Meridien mit der Überreichung des bronzenen Troubadour ihr festliches Finale.

Hinterher war kw. Timm völlig baff. Das sei etwas ganz Besonders, meinte der Berliner Musiker und Kabarettist, der mit seinem Sieg beim zum dritten Mal ausgetragenen Chansons- und Liedwettbewerb offensichtlich nicht gerechnet hatte. Sein humorig-poetischer Auftritt hatte die hochkarätige, mit sechs Profis aus dem Stuttgarter Kulturleben besetzte Jury am meisten überzeugt. Wenn auch nur knapp, wie die Vorsitzende Katja Ebstein bei der Übergabe der Troubadour getauften Bronzestele sagte.

Der Gewinner setzte sich am Samstag Abend beim Gala-Finale im Ballsaal des Hotels Le Meridien gegen vier Konkurrenten durch, die an zwei Vorabenden aus den diesjährigen 16 Teilnehmern gefiltert worden waren. Allesamt professionelle Musiker, die den Durchbruch in die vorderen Plätze der Hitparaden allerdings noch vor sich haben. Verdient haben den alle, so die Meinung von Stephan Sulke, der als Pate des Wettbewerbs beratend auftritt, seiner Rolle aber nur geringen Wert beimisst. Er sei nur eine Randfigur, meinte der in Frankreich lebende Liedermacher. Die Veranstaltung, die vom Direktor des Le Meridien Bernd Schäfer-Surén ins Leben gerufen wurde, hält er für einen wertvollen Beitrag, um die aus 100 Bewerbern im Vorfeld ausgewählten Teilnehmer einem größeren Publikum bekannt zu machen. „Verdient haben das alle. Die Qualität steigt jedes Jahr exponentiell,“ sagte er. Das sah Katja Ebstein ähnlich, konstatierte die Sängerin doch „gute Stimmen und viel Substanz“. Das Besondere des Stuttgarter Wettbewerbs, einer von zweien, die es bundesweit in diesem Genre gibt, ist für die Berlinerin der Umstand, dass nur Künstler mit „handgemachten“ deutschen Texten und Musik teilnehmen dürfen.

Das Publikum bekam daher in den etwa 15-minütigen Auftritten durchweg bis dato Unbekanntes geboten. Aber man zeigte sich als „offenes Chansonpublikum“, wie der Sieger feststellte, auch wenn der eine oder andere Wortwitz an der niedrigen Peinlichkeitsschwelle der Gäste scheiterte. Damit hatte vor allem Michael Gaedt zu kämpfen, der als Moderator durch den „traumhaften Abend“ führte, wie er sagte. Mit seinem neongrün-rotbraun karierten Anzug und der bekannt schnoddrig-direkten Art sorgte er für so manch pikiert-verdrehte Augen. Bei Kürbis-Ingwer-Süppchen, Rinderfilet mit Trüffeljus, Thymiansorbet mit Orangenragout und einem Schluck kräftigen Bordeaux ließ sich darüber aber leicht hinwegsehen.

Dabei war es gerade dieses „Amalgam von Highsociety-Ambiente und einer frechen Generation junger Musiker“ die den Reiz des Abends ausmache, wie Stephan Sulke feststellte. Für ihn ist die Idee und die Tatkraft des Meridien-Direktors sogar eine „Heldentat“, denn anders als in Frankreich tue der Staat hierzulande fast nichts, um die Entwicklung deutschsprachiger Musik zu fördern. Schäfer-Surén seinerseits wünschte sich denn auch, dass der Wettbewerb, den er als Forum für Musik sieht, die bisher ein Mauerblümchendasein fristet, noch besser in die Kultur der Stadt verzahnt wird. Neben Berlin möchte er Stuttgart, das seiner Meinung nach „nicht arm und trotzdem sexy“ ist, zur Chansonstadt machen. Erste Ansätze sind sichtbar. Der Sieger wird im Renitenz-Theater auftreten und einige der Finalisten beim nächsten Sommerfest. Auch Stephan Sulke, der mit einem gewohnt emotionalem Soloauftritt einen glanzvollen Schlussakkord zu dem gelungenen Abend beisteuerte, und Katja Ebstein werden demnächst in eigener Sache wieder in der Stadt weilen. Während Ebstein mit einem satirisch-musikalischem Weihnachtsprogramm wiederum im Ballsaal des „Luxusschuppens“ auftritt, wie Sulke die 5-Sterne-Herberge an der Willy-Brandt-Straße nannte, wird der Meister des deutschsprachigen Chansons im Renitenz-Theater auftreten. Es scheint sich ein Netzwerk zu entwickeln, zu dem der Stuttgarter Chanson- und Liedwettbewerb den Anstoß gegeben hat.

[Der Artikel ist am 22. Oktober 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

Berliner gewinnt 3. Stuttgarter Chanson- und Liedwettbewerb