Die Erde bebt an der Solitude

Die traditionsreiche Hubertusjagd hat am Samstag ihren Abschluss auf der Wiese vor der alten Sommerresidenz gefunden.

Vierzig Reiter nahmen am Samstag an der Hubertusjagd teil, die in diesem Jahr vom Kräherwald zum Schloss Solitude führte. Die Veranstaltung setzt die Tradition der Jagdreiterei fort, bei der querfeldein geritten und kein Schuss abgegeben wird.

Am Samstag Nachmittag hat am Schloss Solitude die Erde gebebt. Grund für die von den zahlreich erschienen Zuschauern zu spürenden Bodenschwingungen waren allerdings keine tektonischen Verschiebungen im Untergrund sondern eine Schar von vierzig Reitern. Die kamen in vollem Tempo jedoch streng geordnet aus dem nahen Wald herangaloppiert, übersprangen mehrere Hindernisse, um sich nach zwei Runden vor dem Schloss zu einer Formation zusammenzufinden. Dazu ertönten diverse Jagdsignale und das Große Halali aus blitzblanken Hörnern.
„Die Erde bebt an der Solitude“ weiterlesen

Die Erde bebt an der Solitude

Der Trend zum sozial kompatiblen Familientier

Die Tiermesse Animal hat am Wochenende viele Möglichkeiten geboten, sich über die Haltung von Tieren zu informieren  

Viele tausend Tiere und noch mehr Menschen fanden sich am Wochenende auf der Tiermesse Animal ein. Der Trend zum Haustier ist ungebrochen und geht, dass wurde bei einem Rundgang deutlich, zum wohlerzogenen, möglichst artgerecht gehaltenen Familienmitglied. 

Zunächst die gute Nachricht für alle, die es nicht unbedingt schätzen, wenn sich ihre lieb gewonnenen Bilder über die Welt da draußen ständig verändern: Die ältere alleinstehende Dame mit dem Wellensittich gibt es noch! Das bestätigt jedenfalls Erich Ernst, der am Killesberg eine Tierarztpraxis betreibt, an Hand seiner alltäglichen Erfahrungen. Am Wochenende war Ernst auf der Tiermesse Animal als eine Art Wachhabender für die ambulante Betreuung der über 5.000 vierbeinigen Teilnehmer der IRAS zuständig, der Internationale Rassehundeausstellung. Bei so vielen Tieren auf engem Raum kann es schon mal zu bissigen Ausfällen kommen. „Heute ist alles total ruhig, bisher ist nichts passiert,“ sagte Ernst.
„Der Trend zum sozial kompatiblen Familientier“ weiterlesen

Der Trend zum sozial kompatiblen Familientier

Graugänse weiden am Eckensee

Die Populationen der Wasservögel an Stuttgarter Gewässern sind einigermaßen stabil. Mit einer regelmäßigen Zählung erfasst der Naturschutzbund die Bestände. Allerdings gibt es immer wieder Schwankungen und neue Arten zu verzeichnen.

Die Welt der Wasservögel an den Stuttgarter Gewässern ist mehr oder weniger in Ordnung. Das ist das Fazit, das Michael Schmolz aus dem Vorstand des Naturschutzbundes Nabu zieht, der gestern wieder auf seinem monatlichen Rundgang war, um am Eckensee und im Schlossgarten die Tiere zu zählen. Zwar gibt es immer wieder gewisse Schwankungen und Veränderungen in den verschiedenen Populationen, aber ganz genau weiß man nicht, worin diese begründet sind.

So hat sich die Zahl der Stockenten seit Mitte der 90er Jahre nahezu halbiert, allerdings eher auf Normalmaß angesichts der sich weiter verknappenden Lebensräume der Vögel. Früher hielten sich bis zu 300 Enten am Eckensee auf, aktuell sind es noch 70. Diese Zahl scheint dem Ort eher angemessen zu sein und die Verringerung erklärt der Diplom-Biologe denn auch mit dem Fütterungsverbot. „Die Tiere kommen in die Stadt aufgrund des Nahrungsangebots und der eisfreien Wasserflächen im Winter,“ sagt er. Insgesamt vierzig Arten kann man beobachten, wovon die Hälfte allerdings nur temporär die Stadt ansteuert, weil sie auf dem Durchflug sind oder je nach Wetterlage aus dem Norden in wärmere Gefilde ziehen. Darunter sind sogar seltene Arten. So lässt sich ein Eisvogel am Schlossgartensee beobachten.

Ein Vergnügen für Frühaufsteher, denn der beste Zeitpunkt ist die Morgendämmerung, wenn noch nicht so viel los ist in den Grünanlagen. Aktuelle Augenweide zu jeder Tageszeit ist eine stattliche Population von Graugänsen. 41 Exemplare zählte Schmolz, die es sich auf der Wiese vor dem Kunstgebäude gemütlich gemacht hatten und frisches Gras zupften. Manchmal sind es sogar noch mehr und dann hält sich etwa ein Drittel des Stuttgarter Bestandes dort auf.

Eigentlich gehören die laut Schmolz recht cleveren Tiere gar nicht in diesen Lebensraum. Aufgetaucht sind sie zum ersten Mal 1981 und wurden vermutlich von Jägern ausgesetzt. Ihre Brutplätze haben sie am Max-Eyth-See, wo aber nur sechs Paar Nachwuchs großzieht. Da die Lebenserwartung bei bis zu fünfzehn Jahren liegt, konnte sich die Population vergrößern. Inzwischen werden die Stuttgarter Graugänse auch schon in Heilbronn und Plochingen gesichtet, gut erkennbar an einem blauen Ring am Bein, den die meisten tragen. Probleme gab es in den letzten Jahren nur mit dem Blesshuhn, dessen Zahl stark abnahm. Die Ursache ist unbekannt. „Es kann auch eine Krankheit sein,“ sagte Schmolz. Oft erholen sich die Bestände wieder.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Graugänse weiden am Eckensee

Mit dem Bat-Detektor den Fledermäusen zuhören

Im Rahmen der 12. Europäischen Batnight lud der NABU zur Fledermaus-Exkursion am Max-Eyth-See

Während im Kino ein als Fledermaus verkleideter Superheld die Mächte des Bösen bekämpft, geht für seine tierischen Vorbilder der Alltag weiter. Der besteht aus Schlafen am Tag und Jagen in der Nacht. Um sich das in der freien Wildbahn anzusehen, hat der Naturschutzbund am Samstag Abend an den Max-Eyth-See geladen.

Einen Nachteil hat das Beobachten von Fledermäusen, der allerdings gleichzeitig einen wichtigen Teil der Faszination ausmacht, den sie auf Menschen ausüben. Man kann die nächtlichen Räuber nur schlecht sehen. Deswegen konnten die Ferngläser, die einige der etwa 100 Interessenten am Samstag Abend mitgebracht hatten, zumeist nicht zum Einsatz kommen. Eingeladen hatte der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der im Rahmen der 12. European Batnight am Ufer des Max-Eyth-Sees eine Exkursion veranstaltete. „Wir müssen das Image der Fledermaus verbessern,“ sagte Thomas Günther, der sich seit über 25 Jahren mit den Tieren beschäftigt. Denn das Ansehen des harmlosen Hautflüglers mit den großen Ohren ist in der Öffentlichkeit nach wie vor eher von gruseligen Schauergeschichten bestimmt. Dazu tragen sicherlich massentaugliche Kinoereignisse bei, wie der aktuelle Batman-Film, dessen Hauptfigur sich des Fledermaus-Sujets bedient, um des nachts und lautlos das Böse in der Welt zu bekämpfen.

Solche Anleihen der Populärkultur bei den Wundern der Natur sind für Naturschützer allerdings nicht wirklich ein Problem, denn auf der anderen Seite profitieren sie von dem gestiegenen Interesse an Abendsegler, Großer und Kleiner Zwergfledermaus oder der Rauhautfledermaus. Das sind die heimischen Arten, die am Ende der Dämmerung teilweise zu hunderten in ihren Jagdrevieren auftauchen, um sich Mücken und Nachtfalter einzuverleiben. Bis zu 1.000 Insekten fängt ein einziges Tier dabei in nur einer Nacht. Dabei verwenden sie ein raffiniertes Ortungssystem, indem sie Töne im Ultraschallbereich ausstoßen. Bei den meisten Arten ist das jenseits der Wahrnehmungsfähigkeit des menschlichen Ohres, aber bei einigen können Kinder und Jugendliche durchaus noch die Schreie hören.

Denn leise sind sie nicht die Tiere. Bis zu 120 Dezibel Schalldruck wird erzeugt, etwa soviel wie ein Presslufthammer. Insekten, die in diese Höllenkrach geraten, haben wenig Chancen, den flatternden Säugern zu entkommen, die mit 50 Km/h über die Wasseroberfläche dahinjagen und die geortete Beute mit den Flügeln einfangen. Um die Tiere überhaupt wahrnehmen zu können, kommt, typisch Mensch, eine Maschine zum Einsatz, um den die Bösen in den Batman-Filmen jeden Fledermaus-Experten beneiden, den Bat-Detektor. Das Gerät ist etwa so groß wie ein Schuhkarton und mit einem Mikrofon ausgestattet. Das wird in die Luft gehalten, um die eingehenden Schreie aufzuzeichnen. Dann werden die Frequenzen in den hörbaren Bereich umgewandelt und mittels eines eingebauten Lautsprechers ausgegeben. Die zuerst erscheinenden Abendsegler, Spannbreite immerhin 35 Zentimeter, erzeugen eher Knallgeräusche in kurzen Abständen, die Zwergfledermäuse hingegen langgestreckte Töne. Wenn die Beute eingefangen wird, verändert sich der Laut, es wird hektischer. Die am See jagenden Populationen leben tagsüber zumeist in Baumhöhlen, Felsspalten oder Kirchtürmen.

Jetzt im August fressen sie sich Speck an, um für den Winterschlaf gerüstet zu sein. Blut saugen sie natürlich nicht, bis auf einige südamerikanische Arten, die Blut lecken. Angst muss man vor den Tieren also nicht haben. „Fledermäuse sind handzahm und erkennen den Menschen nicht als natürlichen Feind,“ sagte Thomas Günther. Die Haltung als Haustier ist allerdings verboten, aber wenn sich mal ein Exemplar in die gute Stube verirrt, ist keine Panik angesagt. 

[Artikel für den Lokalteil Stuttgarter Zeitung]

Mit dem Bat-Detektor den Fledermäusen zuhören

Fledermäuse beißen nicht – Die Batnight in Stuttgart

Im Rahmen der 11. Europäischen Batnight informierten sich am Samstag Abend 50 Fledermausfans am Max-Eyth-See über das Leben der nachtaktiven Säuger. In Stuttgart leben neun Arten der geschützten Hautflügler.

Aus dem schuhkartongroßen Gerät knattert es auf einmal wie bei einem Geigerzähler. „Jetzt jagen hier mindestens drei Exemplare,“ sagt Herr Günther und 50 Augenpaare starren in den Abendhimmel. Da sind dann auch schon: schwarze Schatten, die lautlos mit hektischem Zickzack über die Köpfe dahinsausen. Wahrscheinlich handelt es sich um Große Abendsegler, die heute wie jeden Abend zum Max-Eyth-See gekommen sind, um die hier reichlich vorhandenen nachtaktiven Insekten zu erbeuten.

Bis zu neun verschiedene Arten von Fledermäusen kann man in lauen Sommernächten am Rand dieses kleinen Biotops beobachten. 200 bis 300 Exemplare, die auch von der Villa Berg vor allem aber aus den Wäldern des gegenüber liegenden Neckarufers kommen, finden sich ein, um den Tagesbedarf von sechs bis neun Gramm Insekten zu decken. „Da braucht man ganz schön lange, bis man die zusammen hat,“ sagt Dr. Thomas Günther, der die kleine Exkursion leitet.

Herr Günther ist aktiv bei der Stuttgarter Gruppe des Naturschutzbundes (NABU), der sich mit dieser Veranstaltung an der 11. Europäischen Batnight beteiligt, in deren Rahmen in ganz Europa über die immer noch unheimlich wirkenden Säuger informiert wird. „Es ist eine sehr erfolgreiche Spezies, die es seit 50 Millionen Jahren gibt und fast auf dem gesamten Globus vertreten ist. Die werden uns sicherlich überleben,“ sagt Herr Günther und hält wieder das Mikrofon des Batdetektors in die Luft. Mit dem Gerät werden die Ultraschallwellen, die die Hautflügler erzeugen, hörbar gemacht. Man kann froh sein, dass man die Frequenzen zwischen 20 und 40kHz, die die rasenden Nachtjäger ausstoßen, nornalerweise nicht hören kann, es wäre eine infernalische Geräuschkulisse. Vorbei wäre es mit den ruhigen Abenden, denn bis zu 120 Dezibel laut sind die Töne und obendrein noch unregelmäßig.

Jetzt knattert es richtig hektisch – das Jagdglück war dem schwarzen Schatten hold. „Gerade hat er Beute gemacht, dabei verändert sich die Frequenz,“ weiß Herr Günther. Er kann natürlich noch viel mehr erzählen, über diese „Bio-Indikatoren“, denn Fledermäuse leben gerne in menschlichen Zusammenhängen und wo sie abziehen, da wird es auch für den Homo Sapiens eng.

Die hiesigen Arten – Abendsegler, Große und Kleine Zwergfledermaus oder die Rauhautfledermaus – haben Spannweiten von bis zu 40 Zentimeter und hängen tagsüber je nach Art in hohlen Baumstämmen, Höhlen oder leerstehenden Gebäuden. Jetzt im August fressen sie sich Speck an, um für den Winterschlaf gerüstet zu sein. Blut saugen sie natürlich nicht, sondern haben es auf Insekten abgesehen, die wohl dachten, sie könnten mit einem Leben in der Nacht dem Schicksal als Beutetier der Vögel entgehen. Da haben sie die Rechnung ohne die fast blinden, wahrscheinlich nur schwarz-weiße Schemen sehenden Jäger gemacht.

Mit ihren individuellen Schallwellen können sie sogar Objekte von der Größe eines halben Millimeters unterscheiden. Angst muss man vor den Tieren wahrlich nicht haben. „Fledermäuse sind handzahm und erkennen den Menschen nicht als natürlichen Feind,“ sagt Herr Günther. Die Haltung als Haustier ist allerdings verboten, aber wenn sich mal ein Exemplar in die gute Stube verirrt, ist keine Panik angesagt. Fledermäuse beißen normalerweise nicht.

[Der Artikel erschien am 27. August 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG]

Fledermäuse beißen nicht – Die Batnight in Stuttgart