Demokratie 2.0: Web mit Fallstricken

Die Politik drängt ins Internet, aber muss hierzulande noch viel lernen und eine neue politische Kultur entwickeln

Die neuen Internetmedien erfahren rasante Zuwächse. Angesichts der bevorstehenden Wahlkämpfe fragen sich die Parteien, wie sie diese Angebote für ihre Zwecke einsetzen können. Obama hat es vorgemacht, aber einfach wird es nicht, wie auf einer Veranstaltung vorgestern klar wurde.

Von Dirk Baranek

Welche Konsequenzen ziehen deutsche Politiker angesichts der in diesem Jahr anstehenden Wahlkämpfe aus den Erfolgen, die der US-Präsident Obama bei seiner Kampagne erzielen konnte? Das sollte eine Veranstaltung unter dem Titel Demokratie 2.0 klären, zu der zwei Stuttgart PR-Agenturen Mittwoch Abend eingeladen hatten. Denn, das machte der Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneiderin in seinem Vortrag klar, ein wesentlicher Faktor des Wahlkampfs von Obama war der massive Einsatz der neuen Internettechnologien.

Vor allem die als Web 2.0 bezeichneten, auf starken Dialog mit dem einzelnen Wähler ausgerichteten Plattformen trugen wesentlich zu einer optimalen Orchestrierung aller Kommunikationskanäle bei. Es war der richtige Mix aus Themensetzung, der Schaffung suggestiver Bilder und dem Einsatz der richtigen Mittel, die Obama quasi aus dem Nichts in das Weiße Haus brachten. Das Internet sieht Brettschneider dabei eher als zwar wichtigen, aber noch nicht allein entscheidenden Faktor. Zu groß ist nach wie vor die Bedeutung der traditionellen Massenmedien.

Bezogen auf die deutsche Politikerzunft sah der Hohenheimer Professor bisher nur „gut gemeinte Versuche“, aber dies bezog er ausschließlich auf den Anspruch, mit bestimmten Bildern etwas Sympathie für die eigene Person zu erzeugen. Dabei seien viele Fehler gemacht worden, wie zum Beispiel der ewig lächelnde FDP-Chef, der das Image eines Luftikus einfach nicht mehr los werde. „Die Wähler sind eben nicht so dumm, wie manche glauben. Die Frisur alleine ist nicht das entscheidende,“ so Brettschneider.

Ob das Internet, in dem viele Politiker das Wahlkampfinstrument schlechthin sehen, in der Zukunft wirklich entscheidend dazu beiträgt, den Wählern die wichtigen Botschaften beizubringen, blieb an dem Abend unklar. Noch gibt es viele Fallstricke bei der Benutzung dieser neuen Techniken. Schwerer wiegt aber, dass viele Akteure in den Parteien noch nicht wirklich bereit sind, in den offenen Dialog mit den Wählern zu treten und die Einbahnstraßenkommunikation zu verlassen. Denn mit einer einfachen Homepage ist heute nicht getan.

Kommunikation in den sozialen Onlinenetzwerken aber will gelernt sein, wie Bernhard Jodeleit, Kommunikationsberater bei der Agentur Sympra, an Hand des neuen Dienstes Twitter ausführte. Bevor man hier glaubwürdig agieren könne, müsse man erstmal zuhören, wie die Nutzer dort ticken. Das falle noch manchem schwer und viele unterschätzten auch den zeitlichen Aufwand.

Bei der anschließenden Diskussion schilderte auch Daniel Mouratidis, Landesvorsitzender der Grünen, seine Erfahrungen. Bei seinem letzen Wahlkampf in Backnang habe er sich bewusst gegen „Veranstaltungen im Hinterzimmer“ entschieden und stattdessen Diskussionen im Internet angeregt. Mit dem Ergebnis zeigte er sich recht zufrieden und er habe mit Sicherheit mehr Menschen damit erreicht.

[Der Artikel ist in redigierter Fassung am 27. März 2009 im Lokalteil der Stuttgarter Zeitung erschienen.]

Demokratie 2.0: Web mit Fallstricken

Videostatement zu Winnenden bei BBC

Heute ist ein Videostatement auf der News-Website der BBC veröffentlicht worden, das ich am Donnerstag gedreht habe. Die Redaktion in London hatte mich auf Grund meiner Nachrichten auf Twitter über den Amoklauf in Winnenden kontaktiert und um ein kurzen Kommentar über die aktuelle Stimmungslage gebeten.

Das Video kann ich hier nicht einbetten, deshalb muss man direkt hier zur Seite der BBC klicken, um sich die Sache anzuschauen.

BBC

Videostatement zu Winnenden bei BBC

Sind Twitter-Mashups illegal?

Mit dem weiter wachsenden Zahl von Twitternutzern, in Deutschland übrigens vermutlich irgendwas zwischen 30 und 50.000 aktiven Accounts, kommen immer mehr Leute auf die Idee, thematisch gefilterte Mashups zu entwickeln. Bedeutet: Nachrichten oder ganze Accounts werden nach bestimmten gemeinsamen Kriterien gesucht und dann auf einer entsprechenden Website zusammen dargestellt. Das ist nicht ganz uninteressant, weil man dann die Möglichkeit hat, auf einen Blick den entsprechenden Nachrichtenstrom zu sehen, ohne dass man all diesen Leuten folgen muss. So gibt es zum Beispiel bereits Unternehmen, die allen Nachrichten zu ihrem Produkt auf ihrer eigenen Website darstellen. Oder es werden Nachrichten von Politik-Twitterern zusammengefasst.

Die Frage, die sich allerdings mir dabei stellt: Ist das eigentlich rechtlich okay? Stellt das nicht eine Verletzung des Copyrights dar?

Wichtig zur Beantwortung dieser Frage, ist natürlich: Wem gehören eigentlich die Inhalte, also Texte, die man auf Twitter veröffentlicht? Dazu hilft ein Blick in die AGB von Twitter selbst. Dort  steht u.a. eindeutig: Your […] materials uploaded remain yours.

Bedeudet: Die Verwertungsrecht an den Inhalten, die man bei Twitter veröffentlicht, bleiben beim jeweiligen Nutzer.

Twitter schreibt auch, dass man sich bei der Formulierung der AGB bei Flickr bedient hat. Auch bei diesem Fotodienst kann man sich ja entscheiden, unter welchen, im übrigen sehr fein abgestuften Copyright-Bedingungen man seine Fotos zur Verfügung steht. Zwar gehört es dort inzwischen zum guten Ton, seine Bilder unter einer sehr freizügigen Creative-Commons-Lizenz zu veröffentlichen, die unter Nennung des Namens einen Gebrauch kostenfrei ermöglicht. Viele machen dies, andere nicht.

Auch Twitter schreibt in den ABGs: We encourage users to contribute their creations to the public domain or consider progressive licensing terms. Auf Deutsch: Twitter ermutigt die Nutzer, ihre Inhalte ohne Copyright-Beschränkungen zu veröffentlichen. Kenntlich kann man dies allerdings, anders als bei Flickr, im Moment nicht machen.

Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Ich habe im Moment gar nichts dagegen, wenn meine Inhalte auf anderen Seiten dargestellt wird. Ich habe ja ein Interesse daran, dass das Zeug von möglichst vielen gelesen wird. Was mir aber unter Umständen sauer aufstoßen könnte, ist eine Verwendung zu extrem kommerziellen Zwecken oder eine Darstellung auf zum Beispiel rechtsextremen Seiten. Kurzum: Hier sollten sich die Betreiber von Mashups zu einer anderen Vorgehensweise durchringen. Nämlich, dass man vorher gefragt wird, ob man dort erscheinen möchte und dem dann ausdrücklich zustimmt

Sind Twitter-Mashups illegal?

Der Fake – ein Protokoll

Nachdem nun klar zu sein scheint, dass das angebliche Forenposting, in dem der Amokläufer von Winnenden seine Tat angekündigt haben soll, ein Fälschung war, also ein Fake, will ich hier eine Art Protokoll veröffentlichen über den gestrigen Nachmittag. Vielleicht wird daraus ein Lehrstück über die inzwischen einer harschen Kritik unterzogenen Medien und wie der Nachrichtenbusiness eigentlich funktioniert.

14.30 Uhr

Ich werde von einer Tageszeitung angerufen, ob ich ein Stück schreiben könne über diesen „Internetchat“, in diese Ankündigung veröffentlicht worden sei. Der heiße „Krautchan“. Meine erste Reaktion war: Hmm, kenne ich nicht und ein Chat könne das ja schon mal gar nicht sein. Wahrscheinlich werde es sich eher um ein Forum handeln. Ja, könne sein, man wisse es nicht genau. Okay, sagte ich, werde mir das mal anschauen. Als Info erhielt ich noch: Auf einer Schweizer Zeitungswebsite sei ein Bild veröffentlicht worden, in dem das zu lesen sei.

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