Die ewige Krawatte kommt nicht gut an

Geschenke sollen Ausdruck der Gefühle sein und müssen nicht unbedingt einen Nutzen haben

Weihnachtszeit, Geschenkezeit. Den Handel freut es, aber was denken die Beschenkten? Welche Dinge bereiten Freude und welche sind eher überflüssig, wenn nicht gar peinlich? Textile Produkte sind zum Beispiel eher nicht so gerne gesehen.

„Eine Barbiepuppe.“ Der 11-jährige Nico Herrmann, der mit seiner Mutter aus Neuhausen auf den Weihnachtsmarkt gekommen war, weiß ganz genau, was er nicht als Geschenk auf dem Gabentisch vorfinden möchte. Passiert ist ihm das allerdings noch nicht, denn er hat „noch nie was blödes bekommen.“ Verschenken wird er selbst etwas an seine Mutter, was natürlich noch geheim bleiben muss. Tatsächlich nutzen alle gestern vor dem Rathaus befragten Passanten das Weihnachtsfest, um Verwandten, Freunden und geliebten Nächsten mit einer Aufmerksamkeit eine kleine Freude zu machen. 

Selbst Studenten wie Andreas Gawelczyk, der an der Fachhochschule Informatik studiert, greifen ihr knappes Salär an, um dafür Geschenke zu kaufen, auch wenn es sich wie in diesem Fall nur um ein Budget in Höhe von 60 Euro handelt. Unmöglich findet Gawelczyk das Geschenk in Form eines Gutscheins. „Das ist mir viel zu unpersönlich,“ sagte er. Etwas eigenhändig Angefertigtes oder auch etwas gekauftes, um das dann etwas drumrumgebastelt wurde, sei ihm da schon wesentlich lieber. Da merke man wenigstens, dass sich derjenige einige Gedanken gemacht habe. Ziemlich peinliche Geschenke sind seiner Ansicht nach auch Socken oder gar Unterwäsche.

Dass Dinge aus dem textilen Bereich eher dazu angetan sind, für verlegenen Momente nach dem Auspacken zu sorgen, ist auch die Meinung von Pietro Lo-Bue. Der Gastronom, der nach Verkauf seines Restaurants Da Capo im Moment nach neuen Aufgaben Ausschau hält, meinte damit konkret „diese ewige Krawatte“. Der Kragenbinder sei doch einfach nur einfallslos. Ganz so schlimm ist aber nach seiner Meinung die unpassende Auswahl im Allgemeinen nicht: „Über ein Geschenk freut man sich immer.“ 

Diese emotionale Komponente des weihnachtlichen Vorgangs ist auch für Birgit Klein aus Kirchheim das Wesentliche. „Was nettes, was von Herzen kommt,“ wünscht sich die Hausfrau, die drei kleine Kinder hat und begeistert vom Stuttgarter Weihnachtsmarkt war. Problematisch findet sie allerdings „Bücher, die ich nicht lese oder irgendwelche Sachen zum Aufstellen.“ Dinge, die geschaffen wurden, um angeblich die Wohnung hübsch zu dekorieren, finden auch bei Lisa Maurer wenig Anklang. „So Dekozeug wie zum Beispiel alte Porzellanpuppen, das steht doch dann einfach nur als Staubfänger herum,“ sagte die Auszubildende, die beim „Energylädle“, einem Charity-Stand der EnBW aushalf. Ein Problem ist bei diesem Thema natürlich die Höflichkeit der Beschenkten. „Die Leute sagen einem das ja nicht, wenn es ihnen nicht gefällt.“ Positive Ausnahmen allerdings gibt es, scheinbar in Abhängigkeit vom Lebensalter des Beschenkten: „Meine Omas freuen sich über alles.“ 

Diese Erkenntnis wäre nun ein guter Tipp gewesen für Richard Iskalla, der einige Schwierigkeiten hatte, überhaupt für jeden das passende Geschenk zu finden. Etwa 300 Euro hat der 47-Jährige, der aus Kattowitz stammt, in Luzern als Maschinenbautechniker arbeitet und dieser Tage Freunde in Stuttgart besucht, für Geschenke ausgegeben. Mit den dafür angeschafften „Kleinigkeiten“ wird er hauptsächlich seine Freundin beglücken. Auch er hat ein Problem damit, Dinge geschenkt zu bekommen, die man im Wohnzimmer dauerhaft präsentieren soll. „Man stelle sich vor, man tut es nicht, weil man es hässlich findet und dann kommt es später noch zu peinlichen Situationen.“ 

Einer solchen Misslichkeit sieht sich Patricia Hofmann eher nicht ausgeliefert, die bei einem hiesigen Verlag die Abteilung Rechte und Lizenzen leitet und in Erdmannhausen wohnt. Eigentlich komme es nicht vor, dass etwas ganz und gar unpassendes verschenkt werde. „Es erfeut doch alles.“ Aber wenn doch einmal ihr Geschmack nicht getroffenen werden sollte, dann hat sie eine pragmatische Lösung: „Das kann man dann eigentlich guten Gewissens weiterverschenken,“ sagte sie. 

 

[Ein Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung.]

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