Die Staufer sind jetzt online

Das Württembergische Urkundenbuch steht nun in digitaler Form im Internet zur Verfügung.

Die Inhalte und Beschreibungen von 6.500 mittelalterlichen Urkunden haben ihren Weg in das Informationszeitalter gefunden. Statt in vielbändigen und voluminösen Büchern können die wertvollen Quellen nun weltweit auf dem Bildschirm gelesen werden.

Mit einer kleiner Bewegung der rechten Hand wurde am Freitag Abend im Landesarchiv Baden-Württemberg ein Projekt abgeschlossen, dass in der Fachwelt Maßstäbe setzt. Der Präsident des Archivs, Robert Kretzschmar, schaltete mit einem Mausklick die Online-Ausgabe des Württembergischen Urkundenbuchs frei und machte damit eine Arbeit öffentlich zugänglich, mit der fast ein Dutzend Mitarbeiter fünf Jahre lang beschäftigt waren. Aufgabe war die Digitalisierung eines elfbändigen Werkes, dessen erste Ausgabe wesentlich länger gedauert hatte, wurde es doch zwischen 1832 und 1911 erstellt. Wie der Name schon sagt wurden darin alle Urkunden vollständig verzeichnet, beschrieben und kommentiert, die zwischen 650 und 1300 entstanden und die sich auf irgendeine Art und Weise auf Württemberg beziehen. Die Edition sei damals eine staatspolitische Aufgabe gewesen – weg von dem dynastischen Bezug und hin zu einem regionalen, erläuterte Kretzschmar die Beweggründe. Über 6.000 Urkunden wurden verzeichnet, eine Neuauflage hat es nie gegeben. Vielmehr wurden Änderungen, zum Beispiel das Aufdecken einer der vielen Fälschungen, die im Mittelalter im großen Stil in Umlauf gebracht wurden, in einer Kartei im Landesarchiv protokolliert. Diese Aktualisierungen sowie die Transskription in Volltext wurden in die aktuelle Datenbank eingearbeitet und sogar 400 zwischenzeitlich neu entdeckte Dokumente hinzugefügt. Damit ist jetzt der gesamte Bestand im Volltext durchsuchbar und steht der weltweiten Forschung auf der Website des Landesarchivs selbstverständlich kostenlos zur Verfügung. (www.landesarchiv-bw.de)  

Diese Verfügbarkeit ist umso wichtiger, als die Originale der Urkunden auf 100 Archive in Deutschland, Österreich und der Schweiz verstreut sind. Zum Kernbestand gehören allein fast einhundert Kaiserurkunden der Staufer aus dem 12. und 13. Jahrhundert, sowie die Urkunde mit der ersten Erwähnung Stuttgarts. Die datiert von 1229 und darin bestätigt der Papst Gregor IX dem Kloster Bebenhausen, dass der Ort „Stutgarten“ zu dessen Besitz gehört. Dass die Besiedlung der Neckarschleife schon viel früher ihren Ausdruck in schriftlich niedergelegten Rechtsgeschäften fand, zeigt auch die zweitälteste Urkunde des Bestandes aus dem Jahr 708. Damals hielt sich der alemannische Herzog Gotfried in „Canstat ad Neccarum“ auf und verschenkte die Biberburg am Neckar (jetzt Mühlhausen) an das Kloster St. Gallen in der Schweiz.

Die meisten Urkunden können im Moment noch nicht als Bilder im Originalzustand gemustert werden, was aber nach und nach ergänzt wird. Die Lesbarkeit der Originale ist allerdings wegen der Verwendung von Kunstschriften für den Nichtfachmann sowieso stark eingeschränkt. Die digitale Ausgabe hat daher einige Vorteile, vor allem die komplexen Suchabfragen bieten ungeahnte Möglichkeiten. Für das inhaltliche Verständnis des Materials sind allerdings Lateinkenntnisse unabdingbar. Gleichwohl helfen dabei die umfangreichen Kommentare der Wissenschaftler.

Bei dem „großen Moment“ für die Stuttgarter Archivare, die sich in einer „Vorbildfunktion“ sehen, war man besonders glücklich, mit Rudolf Schiefer den amtierenden Präsidenten der Monumenta Germaniae Historica begrüßen zu dürfen. Der betonte in einem Festvortrag die ungeheuren Chancen der Digitalisierung für die Forschung. „Die gedruckten Riesenwerke wird es nicht mehr geben. Jetzt können Forscher weltweit und in Kooperationen daran arbeiten,“ sagte Schiefer. Die Daten des Landesarchivs sind dafür ein weiterer, wichtiger Schritt.

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