Telefonhotline für Mobbingopfer

Mobbing ist keine Lappalie, sondern kann schwer wiegende Folgen  haben. Problem bei aktiven Gegenmaßnahmen ist die Verunsicherung der Betroffenen. Dem will eine neu eingerichtete, kostenlose Telefonberatung abhelfen.

Von Dirk Baranek

Etwa 25 Milliarden Euro Schaden verursacht Mobbing aktuell jedes Jahr in Deutschland, so die Schätzung des Anwalts Harry Möller-Stein. Das ist aber noch lange nicht alles, denn der Vorsitzende des Vereins „Mobbing keine Chance“ bezieht sich mit dieser Zahl nur auf den Bereich der Unternehmen. Was mit dem antisozialen Verhalten in Schulen, Vereinen oder Familien angerichtet wird, ist in diese Summe noch gar nicht einbezogen. Das Leid der Betroffenen lässt sich allerdings nur schwer beziffern, so die Initiatoren einer seit Anfang des Monats freigeschalteten Gratis-Hotline (0800.6622445).

Psychische Probleme, körperliche Beeinträchtigungen, zerrüttete Karrieren – das sind nur ein paar der Folgen, die Mobbingopfer erleiden müssen. Dass es mit einem Wechsel des Arbeitsplatzes, an dem man gemobbt wurde, allein nicht getan ist, berichtete bei der Vorstellung der Hotline Bernd Krauter. Beschäftigt in der mittleren Führungsebene bei einem Dienstleistungsunternehmen tat er die Schikanen zunächst als „normale Machtspielchen“ ab. Es gebe eben im Arbeitsleben einen notwendigen Wettbewerb. Dann aber sei die Situation gekippt. Über ein Jahr lang wurde er nach seiner Ansicht systematisch gemobbt, mit niederen Aufgaben betraut oder mit unmöglich einzuhaltenen Terminen unter Druck gesetzt. Schlafstörungen, depressive Schübe bis hin zu Selbstmordgedanken waren die Folge. Irgendwann entschloss sich Krauter zur Kündigung, aber er sei bis heute traumatisiert. Letztlich hatte er ärztlichen Rat gesucht.

Diesen Weg beschreiten bis heute etwa 80 Prozent der Betroffenen. Die neue Telefonberatung will Mobbingopfern aber auch Tätern Wege aufzeigen, wie sie sich besser wehren können. Ganz wichtig dabei, so Petra Leutbecher, die als Coach Betroffene begleitet, sei die frühzeitige Erkenntnis, dass man gemobbt werde. Um die Folgen zu bewältigen, sei das Führen eines Tagebuchs mit detaillierten Beschreibungen der erlittenen Aktivitäten sehr wichtig. Nur dann können man gerichtsfest Beweise sichern, die bei Schadenersatzklagen die Vorwürfe untermauern.

(Artikel für die Stuttgarter Zeitung / Lokalteil)

Telefonhotline für Mobbingopfer

Kinderfreundliches Stuttgart ausgezeichnet

Prognosen können irren. So steigt entgegen aller Vorhersagen die Zahl der Geburten wieder an. Ein Teil zu dieser Trendwende beigetragen haben vielleicht die vielfältigen Projekte, die Städte wieder attraktiver für Familien zu machen. Einige davon wurden jetzt ausgezeichnet und in einer Ausstellung vorgestellt.

Von Dirk Baranek

„Kinder halten die Städte und Gemeinden lebendig,“ sagte Monika Stolz, Landesministerin für Arbeit und Soziales bei der Eröffnung der Ausstellung „Wohnen im Kinderland Baden-Württemberg“ im Rathaus. Vorgestellt werden darin die zwölf prämierten Projekte, die aus über 100 eingereichten Beiträgen ausgesucht wurden und die beispielhaft zeigen sollen, wie die Lebensbedingungen von Familien und Kindern in den Kommunen mit konkreten Maßnahmen verbessert werden können. Denn die Konsequenzen des demographischen Wandels drohen die Grundlagen des städtischen Zusammenlebens in Frage zu stellen. Deshalb sei die Verbesserung der Infrastrukturen eine Daueraufgabe, der sich die Politik mit anspruchsvollen Angeboten stellen müsse. „Kinder sollen sich wohl fühlen und brauchen Platz zum Spielen und Toben.“ Begeistert zeigte sich die Ministerin insgesamt von der Qualität der Beiträge des von ihrem Ministerium und der Arbeitsgemeinschaft der baden-württembergischen Bausparkassen ausgeschriebenen Wettbewerbs. Darin zeige sich der hohe Stellenwert, den dieses Thema inzwischen habe. Allerdings bleibe noch viel zu tun, doch der Bund und das Land seien dabei ein verlässlicher Partner der Kommunen, versicherte sie. So würden fast eine halbe Milliarde Euro zusätzlich zu den bereits vorhandenen Mitteln in den beiden kommenden Jahren allein vom Land im Rahmen des Investitionsprogramms bereitgestellt.

Freuen können sich über die Ergebnisse des Wettbewerbs insbesondere die Stuttgarter Lokalpolitiker. Immerhin stammt ein Drittel der ausgezeichneten Projekte aus der Landeshauptstadt. So wurde die Stadt in der Kategorie „Kommunale Strategien und Förderkonzepte“ mit einem zweiten Platz für die von Oberbürgermeister Schuster angestoßenen Gesamtstrategie „Kinderfreundliches Stuttgart“ gewürdigt. Besonders der Aufbau des Netzwerkes aus Verwaltung und privaten Initiativen sowie die Entscheidung, die Anstrengungen für mehr Kinderfreundlichkeit als Querschnittsaufgabe in allen Bereichen der Öffentlichen Hand zu verankern, habe eine Dynamik in Gang gesetzt, die die Stadt weit voran gebracht habe. Dass sich vielleicht schon erste Anzeichen einer positiven Entwicklung zeigen, machte Baubürgermeister Hahn deutlich. Die Stadt habe erhebliche Anstrengungen unternommen und gebe inzwischen doppelt so viel Geld für Kinder aus wie noch vor zehn Jahren. Ein Ergebnis sei die Tatsache, dass die Innenstadt für Familien wieder attraktiver geworden sei. So ist der Westen entgegen aller Vorhersagen inzwischen der geburtenstärkste Stadtbezirk. „Prognosen können irren,“ sagte Hahn in Bezug auf die deutliche Trendwende in der Geburtsstatistik.

Insgesamt 35 Projekte aus der Landeshauptstadt haben sich an dem Wettbewerb beteiligt. Mit einem ersten Preis wurde das Degerlocher Jugendhaus Helen P. bedacht. Die Jury lobt die gelungene Verbindung von alter und neuer Architektur sowie die dadurch möglichen vielfältigen Angebote für Kinder und Jugendliche. Einen Sonderpreis erhält der Erlebnisgarten der Nikolauspflege, die sich vor allem um blinde und sehbehinderte Menschen kümmert. In dem barrierefreien Garten werden mit speziell auf diese Zielgruppe abgestimmten Angeboten die visuellen, motorischen und kognitiven Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen gefördert. Vor allem der Umstand, dass die Gestaltung und Errichtung des Gartens des Hauses am Dornbuschweg unter Einbeziehung von schulischen und sozialen Einrichtungen vollzogen wurde, hat die Jury offensichtlich überzeugt. Eine Anerkennung erhielt außerdem ein privates Projekt in der Cannstatter Glockenstraße. Ein ehemaliges Produktionsgebäude des Unternehmens Mahle wurde von vier Familien ohne öffentliche Förderung unter dem Aspekt einer besseren Verbindung von Arbeit und Wohnen umgebaut. Entstanden sei ein Lebensraum, der in die gesamte Nachbarschaft ausstrahlt, und entwickelt wurde mit der „innovativen Kraft bürgerschaftlichen Engagements“, so die Jury. Dies sei für die Zukunft der Städte und Gemeinden unabdingbar.

(Artikel für die Stuttgarter Zeitung / Lokalteil)

Kinderfreundliches Stuttgart ausgezeichnet