Am 26. März wird in Baden-Württemberg gewählt. Kaum ein Kandidat kommt heutzutage noch ohne Homepage im Internet aus. Neue Technik hilft dabei, mit wenigen Handgriffen die Auftritte der Kandidaten den jeweils passenden Kampagnen der Parteien anzupassen.
Schwarz-grüne Technik-Koalition: TYPO 3
Was die Technik betrifft, gibt es im Internet bereits eine schwarz-grüne Koalition: CDU und Grüne setzen auf das gleiche System, um die Inhalte auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und zu aktualisieren. Es handelt sich dabei pikanterweise um TYPO3, eine lizenzfreie und damit sehr preisgünstige Anwendung, die es erlaubt, ohne Programmierkenntnisse komplexe Webseiten zu steuern. Normalerweise kosten solche Systeme, die von einer Reihe mittelständischer Unternehmen angeboten werden, eine Menge Geld. TYPO3 hingegen ist gratis, weil es von einer internationalen Heerschar Freiwilliger programmiert wird, die die Ergebnisse ihrer Arbeit im Rahmen einer Open-Source-Lizenz jedem zur Verfügung stellen.
Die CDU garantiert E-Mail-Feedback
Damit verwirklichen sie nicht gerade ein konservatives Wirtschaftsprogramm, was aber Florian C. Weller, Internetbeauftragter beim Landesvorstand der CDU Baden-Württemberg, nicht anficht. Er freut sich über die professionellen Möglichkeiten des komfortablem Systems und die niedrigen Kosten. Die drücken in Wahlkampfzeiten an allen Ecken und Enden. Zum Opfer fielen dem notorisch knappen Budget schon interaktive Möglichkeiten wie Online-Foren oder Weblogs, in denen die Nutzer öffentlich lesbare Diskussionen führen oder Kommentare hinterlassen können. „Wir haben einfach nicht genug Leute, um die vielen Einträge zu kontrollieren und bei Bedarf moderierend einzugreifen,“ bedauert Weller. Immerhin garantiert er, dass jede Anfrage, die Interessierte per E-Mail an die CDU-Zentrale schicken, innerhalb von 48 Stunden beantwortet wird. Selbst das erfordert bereits die Unterstützung externer Dienstleister, denn es kommen pro Tag dutzende Mails.
Kampagne verknüpft Großplakat und Internet
Zum Wahlkampf hat die CDU-Landeszentrale neue Webseiten für die Partei (www.cdu-bw.de) und den Spitzenkandidaten installiert. Die einzelnen Kandidaten erhalten zwar ein zentrales Angebot auf Unterstützung, aber die meisten organisieren die eigene Homepage, ohne die heute kein Kandidat mehr auskommt, mit ihren jeweiligen Unterstützer-Teams. Die so entstandenen Webseiten sehen denn auch recht unterschiedlich aus – und sind alle ein bisschen Orange, der neuen Parteifarbe. Weller hat damit kein Problem, wenn die von der Bundespartei vorgegebenen Gestaltungsrichtlinien nur bruchstückhaft umgesetzt werden. „Die CDU ist eine lebendige Volkspartei mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten. Wir sind kein Unternehmen, das komplett stromlinienförmig gestaltet ist. Die Internetseiten sollen die Persönlichkeit des Kandidaten wiederspiegeln, das ist das Wichtigste.“ Zentral gesteuert wird die CDU in der heißen Phase der Kampagne mit einer Verbindung von Großplakat und Internet aufwarten. Unter www.darumcdu.de werden Plakatmotive aufgenommen und Themen vertieft. Ob die CDU mit bezahlter Online-Werbung die Kampagne unterstützen wird, will Weller nicht verraten, betont aber zugleich die wichtige Rolle von nur intern zugänglichen Info-Portalen für die Komunikation mit den vielen Wahlkampfhelfern.
SPD setzt auf zentrale Plattform
Das ist auch für Andreas Reißig, Pressesprecher der SPD Baden Württemberg, ein wesentlicher Punkt bei der Nutzung der neuen Medien im Wahlkampf. Allerdings geht die SPD bei den zentralen Dienstleistungen noch wesentlich weiter. „Unsere Internetstrategie beinhaltet die Bereitstellung einer zentralen Plattform für alle Kandidaten und Partei-Gliederungen. Das gesamte System ist darauf angelegt, Kampagnen zu unterstützen.“ Jeder Kandidat kann mit einer relativ unkomplizierten Computeranwendung eigene Inhalte veröffentlichen und seine persönliche Homepage im SPD-Look aktuell halten. Es können wie bei einem Textverarbeitungsprogramm Bilder integriert, Nachrichten-Feeds von SPD-Redaktionen eingespeist, Terminlisten angefertigt und Downloads bereit gestellt werden.
Kampagne auf Knopfdruck
Reißig, der mit dem System seine eigene Website unter www.andreas-reissig.de betreibt, zeigt sich begeistert: „Jemand aus meinem Team hat eine zweistündige Schulung gemacht und innerhalb von drei Tagen hatten wir ein attraktives Angebot. Und das beste ist: Mit einem Knopfdruck kann das Erscheinungsbild komplett geändert und an die jeweilige Kampagne angepasst werden.“ Durch die Trennung der Inhalte von der Gestaltung bei Schriften und grafischen Elementen ist es möglich, im System neue, Templates genannte Vorlagen bereit zu stellen, aus denen der Anwender auswählen kann. Ein Klick und die gesamte Website sieht völlig anders aus. Der Kostenvorteil ist immens, vor allem für die Kandidaten, die mit 50 € im Jahr dabei sind. Gewisse Einschränkungen können da in Kauf genommen werden, denn eine bestimmte Fläche jeder individuellen Kandidatenseite ist für den Landesverband reserviert, der dort eine bunte Linksammlung auf die zentralen Angebote der Landes-SPD präsentiert. Der Wahlkampf auf Knopfdruck hat seine eigenen Gesetze.
[Der Artikel wurde am 1. März 2006 in der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht.]