Die Gebührenmillionen helfen nicht wirklich

13,5 Millionen Euro pro Jahr nimmt die Universität Stuttgart durch die Studiengebühren ein

Vor zwei Jahren wurden die Studiengebühren eingeführt. Auf einer Podiumsdiskussion wurde am Montag die Frage gestellt, ob die Millionen richtig eingesetzt wurden. Fazit: Es gibt Verbesserungen, aber die eigentliche Unterfinanzierung der Hochschulen können die Gebührenmillionen nicht beseitigen.

Wo ist das Geld geblieben, das die Studierenden in Baden-Württemberg seit nunmehr vier Semestern als Gebühren bezahlen müssen? Diese Frage wollte am Dienstag Abend bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Runde aus Wissenschaft und Politik klären, darunter Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart. Der legte zunächst Zahlen vor.
  

Da etwa 85% der eingeschriebenen Studenten pro Semester 500 Euro Studiengebühr abführen müssen, der Rest ist wegen Behinderung oder Kindeserziehung befreit, bedeutet das für die Universität eine jährliche Einahme von etwa 13,5 Millionen Euro. Das ist keine kleine Summe, wenn man bedenkt, dass die Universitäten pro Studierendem etwa 7.000 Euro aus dem Landeshaushalt erhalten und eben jetzt 1.000 Euro mehr. Da im Gesetz zur Einführung der Studiengebühren festgelegt wurde, dass diese Mittel ausschließlich zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden dürfen, entbrannte an diesem Abend der Streit darüber, ob dies auch tatsächlich geschieht. „Selbstverständlich tragen diese Mittel zur Verbesserung der Lehre bei,“ sagte Wolfram Ressel. So seien neue Tutoren und wissenschaftliche Mitarbeiter im Einsatz, die Bibliothek habe neue Bücher und verlängerte Öffnungszeiten erhalten, das Rechenzentrum sei verbessert worden und zusätzliche Deutschkurse für ausländische Studenten im Angebot.

Allerdings, so musste er zugeben, seien bis zu 40 Prozent der Mittel noch nicht ausgegeben. Grund dafür seien die etwas schwerfälligen Entscheidungsstrukturen der Universität. Denn die Uni-Verwaltungen müssen sich mit den Studierenden über die Verwendung der Gelder ins Benehmen setzen.

Dass es Verbesserungen in der Lehre gibt und mit den Gebühren keines der allfälligen Löcher in den Etats der chronisch unterfinanzierten Einrichtungen gestopft wird, bezweifelte der studentische Vertreter Fritz Weißer vehement. Zunächst bemängelte er die fehlende Transparenz der Hochschule, der es nicht gelungen sei, über den Verbleib der Mittel vollständig zu informieren. Zum anderen konnte er keine Verbesserungen zum Beispiel bei den Tutorien entdecken. Das alles habe nur Kompensationscharakter, da es keine generellen Bildungsstandards gebe und die Universitäten von der Maßgabe der globalen Minderausgabe betroffen seien, die das Land sich verordnet habe.

Hier widersprach Volker Haug, Ministerialrat im Wissenschaftsministerium. Die Hochschulen seien davon nur zum kleinen Teil betroffen und im Gegenteil sei der staatliche Zuschuss seit 2000 sogar gestiegen. „Das Land stiehlt sich nicht aus seiner Verantwortung für die Hochschulen,“ sagte er. Defizite bei der Umsetzung der Mittelverwendung sah allerdings auch Markus Voeth, Marketingprofessor in Hohenheim, wo im übrigen die Mittel schon komplett verplant sind. Es müsse ein Mentalitätswandel an den Hochschulen eingeleitet werden. Die Studiengebühren bieten seiner Ansicht nach die Chance, neue Wege in der Lehre zu gehen. „Wir müssen den Studenten als Kunden begreifen,“ forderte er. Statt einer Holschuld des Studenten einzufordern, müsse sich die Universität als Dienstleister mit einer Bringschuld begreifen.

Große Schwierigkeiten bei der Verwendung konstatierte auch der SPD-Landtagsabgeorndete Johannes Stober. Eine Anfrage seiner Fraktion habe Anfang 2008 ergeben, dass im Vorjahr von den 170 Millionen Euro Gebühren landesweit, nur etwa die Hälfte verwendet worden war. „Es ist zu langsam angelaufen und wir werden die weitere Entwicklung genau kontrollieren,“ sagte er. Dass die Gebühren die grundsätzlichen finanziellen Probleme der Universitäten nicht lösen, machte Rektor Ressel deutlich. Es gebe einen riesigen Sanierungsstau und demnächst habe er ein Gespräch im Finanzministerium. „Ich werde denen klipp und klar sagen, dass ich das nicht mehr mitmache,“ sagte Ressel sichtlich genervt.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

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