„Jetzt habe ich keine Angst mehr vor dem Tod!“

Ein neuer Dienst im Klinikum Stuttgart kümmert sich ganzheitlich um schwerstkranke Patienten

Mit einem Palliativmedizinischen Konsiliardienst will das Klinikum Stuttgart die Situation von Menschen verbessern, die keine Aussicht mehr auf Heilung haben. Bei dem ganzheitlichen Konzept geht es neben der Linderung körperlicher Probleme auch um die Betreuung der Angehörigen.

Menschen, die an unheilbaren Krankheiten leiden, die verbleibende Lebenszeit möglichst angenehm zu gestalten, ist das Ziel, das sich ein neuer Querschnittsdienst im Klinikum Stuttgart gesetzt hat. Er trägt den etwas sperrigen Namen Palliativmedizinischer Konsiliardienst und ist in der Form ein echte Innovation. Beheimatet im Katharinenhospital, kommt er in allen Häusern des Klinikums zum Einsatz, denn der Bedarf an einer ganzheitlichen Versorgung schwerstkranker Menschen, die keine Aussicht mehr auf Heilung haben, steigt ständig. Das Besondere daran, so die onkologische Oberärztin Marion Daun bei einem Pressegespräch, sei das Zusammenwirken von ganz verschiedenen Professionen.

So besteht das Kernteam, das sich auf Grund einer Anforderung aus den Stationen um den jeweiligen Patienten kümmert, nicht nur aus medizinischem Fachpersonal, sondern auch aus Pflegeprofis und Sozialbetreuern. Darüber hinaus werden Physiotherapeuten, Psychologen und Seelsorger zu Rate gezogen, um für die konkreten Fälle einen Therapieplan zu entwickeln, der dann nicht mehr die Heilung zum Ziel hat, sondern eine möglichst hohe Lebensqualität bis zum leider unvermeidlichen, absehbaren Tod. Pro Woche werden inzwischen zwei bis vier Patienten betreut, inklusive deren Angehörige, denn das sei ein wichtiger Aspekt der Arbeit des Dienstes. Immerhin handele es sich um einschneidende Erlebnisse mit vielfältigen psychologischen und sozialen Folgen, bei deren Bewältigung durch Gesprächen und Beratung sehr sinnvoll sei.

„Jetzt habe ich keine Angst mehr vor dem Tod!“ hätten Betroffene nach dem Miterleben der Maßnahmen schon geäußert, berichtete Daun. Denn bei Schmerzen, Erstickungspaniken oder ständigem Erbrechen, die häufigsten Symptome an denen Schwerstkranke leiden, könnte durch die Neudefinition des Therapieziels und dem nachfolgenden Zusammenwirken aller Beteiligten Linderung geschaffen werden, ganz abgesehen von den psychologischen Problemen wie Depressionen und Angstzuständen. „Wir gehen ehrlich auf die Patienten zu und diese Gespräche tun enorm gut,“ sagte Daun. Für die Klinikleitung ist der Konsiliardienst ein weiterer Baustein in Richtung einer menschliche Medizin, die sich an den Bedürfnissen der Patienten und nicht allein an dem ökonomischen Erfolg eines klinischen Großbetriebs ausrichte. „Mit dem Dienst kann man kein Geld verdienen,“ sagte der Klinische Direktor Claude Kier. Der Respekt vor der Würde des Menschen sei aber für das Klinikum handlungsleitend. Insgesamt wurden fünf Stellen geschaffen, die dem Dienst zugeordnet sind. 

Bei den Patienten, die einer palliativmedizinischen Therapie bedürfen, handelt es sich in 80 Prozent der Fälle um Menschen, die an den Folgen einer Krebserkrankung leiden. Deshalb sind die entsprechenden Fachkräfte im Olgakrankenhaus und in Bad Cannstatt diesen Abteilungen zugeordnet. Denn schön seit langem wird Todkranker eine besondere Betreuung zuteil, allerdings nicht in der Organisation als interdisziplinäres Team. Für die Klinik ist das auch nur ein erster Schritt. Ein zweiter könnte die Einrichtung von Stützpunkten in den am häufigsten betroffenen Abteilungnen sein. Die Einrichtung einer eigenen palliativmedizinischer Abteilung, wie es sie an anderen Kliniken durchaus gibt, hält Marion Daun nicht für sinnvoll. „Die meisten Krebspatienten sind lange in Behandlung und kennen ihre Stationen bereits,“ sagte sie. Es herrsche daher meist der Wunsch vor, in der gewohnten Umgebung zu bleiben,  eventuell bis zum letzten Atemzug, denn immerhin noch 40 Prozent aller Menschen stirbt bundesweit nicht zu Hause sondern im Krankenhaus. Tendenz steigend.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

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