Sind Twitter-Mashups illegal?

Mit dem weiter wachsenden Zahl von Twitternutzern, in Deutschland übrigens vermutlich irgendwas zwischen 30 und 50.000 aktiven Accounts, kommen immer mehr Leute auf die Idee, thematisch gefilterte Mashups zu entwickeln. Bedeutet: Nachrichten oder ganze Accounts werden nach bestimmten gemeinsamen Kriterien gesucht und dann auf einer entsprechenden Website zusammen dargestellt. Das ist nicht ganz uninteressant, weil man dann die Möglichkeit hat, auf einen Blick den entsprechenden Nachrichtenstrom zu sehen, ohne dass man all diesen Leuten folgen muss. So gibt es zum Beispiel bereits Unternehmen, die allen Nachrichten zu ihrem Produkt auf ihrer eigenen Website darstellen. Oder es werden Nachrichten von Politik-Twitterern zusammengefasst.

Die Frage, die sich allerdings mir dabei stellt: Ist das eigentlich rechtlich okay? Stellt das nicht eine Verletzung des Copyrights dar?

Wichtig zur Beantwortung dieser Frage, ist natürlich: Wem gehören eigentlich die Inhalte, also Texte, die man auf Twitter veröffentlicht? Dazu hilft ein Blick in die AGB von Twitter selbst. Dort  steht u.a. eindeutig: Your […] materials uploaded remain yours.

Bedeudet: Die Verwertungsrecht an den Inhalten, die man bei Twitter veröffentlicht, bleiben beim jeweiligen Nutzer.

Twitter schreibt auch, dass man sich bei der Formulierung der AGB bei Flickr bedient hat. Auch bei diesem Fotodienst kann man sich ja entscheiden, unter welchen, im übrigen sehr fein abgestuften Copyright-Bedingungen man seine Fotos zur Verfügung steht. Zwar gehört es dort inzwischen zum guten Ton, seine Bilder unter einer sehr freizügigen Creative-Commons-Lizenz zu veröffentlichen, die unter Nennung des Namens einen Gebrauch kostenfrei ermöglicht. Viele machen dies, andere nicht.

Auch Twitter schreibt in den ABGs: We encourage users to contribute their creations to the public domain or consider progressive licensing terms. Auf Deutsch: Twitter ermutigt die Nutzer, ihre Inhalte ohne Copyright-Beschränkungen zu veröffentlichen. Kenntlich kann man dies allerdings, anders als bei Flickr, im Moment nicht machen.

Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Ich habe im Moment gar nichts dagegen, wenn meine Inhalte auf anderen Seiten dargestellt wird. Ich habe ja ein Interesse daran, dass das Zeug von möglichst vielen gelesen wird. Was mir aber unter Umständen sauer aufstoßen könnte, ist eine Verwendung zu extrem kommerziellen Zwecken oder eine Darstellung auf zum Beispiel rechtsextremen Seiten. Kurzum: Hier sollten sich die Betreiber von Mashups zu einer anderen Vorgehensweise durchringen. Nämlich, dass man vorher gefragt wird, ob man dort erscheinen möchte und dem dann ausdrücklich zustimmt

Sind Twitter-Mashups illegal?

19 Gedanken zu „Sind Twitter-Mashups illegal?

  1. Auf anderen Seiten DARGESTELLT oder von den Seiten KOPIERT? Das scheint mir hier die zentrale und wichtigste Frage zu sein. Ein Youtube-Video kann man auch überall einbetten, Google indiziert jedermanns Texte. Letzteres (also Einbettung, Indizierung) sollte kein Problem sein, die richtige Übernahme der Texte auf fremde Webseiten ist hingegen aus meiner Sicht ganz klar ein Urheberrechtsverstoß.

  2. Dirk Baranek schreibt:

    YouTube ist natürlich eh anders, weil man da ja seine Inhalte hochlädt und der Einbettungsmöglichkeit zustimmt, es sein denn man schaltet es ab. Kann man bei Twitter nicht entscheiden.

    Es gibt allerdings eine weit ernsteres Argument, das ich noch gar nicht bedacht habe. Damit nämlich der Urheberrechtschutz greift, muss es sich ja grundsätzlich überhaupt erst mal um ein „Werk“ handeln. Das wird entschieden nach der so genannten Schöpfungshöhe. Da ist schon die Frage, ob Tweets dieses Kriterium erfüllen. Die meisten sicher nicht. Bin da dran …

  3. Dirk Baranek schreibt:

    Hier eine Einschätzung meines juristischen Beistands. Interessant…
    ———
    Ein einzelner Tweet ist sicher nicht urheberrechtlich geschützt, weil ein solches Sprachwerk – wie Du richtig schreibst – nur dann gemäß § 2 UrhG geschützt wird, wenn es die notwendige Schöpfungshöhe erreicht. Davon wird man bei solch kurzen Tweets nicht ausgehen können.

    Bei einer Vielzahl von Tweets muss man aber unter bestimmten Voraussetzungen wohl dennoch von einer grundsätzlichen Schutzfähigkeit ausgehen, weil eine Zusammenstellung von Tweets bei Vorliegen der nachfolgenden Voraussetzungen als eine Art Datenbank im Sinne des § 87 a UrhG angesehen werden muss.
    Nach §87a UrhG ist Datenbank im Sinne dieses Gesetzes eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erforde

    Wenn also die Beschaffung der Inhalte eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordert hat, wir z.B. bei einer umfangreichen Linkliste ist für die zusammengestellten Inhalte wohl von einem entsprechendem datenbankrechtlichen Schutz auszugehen. Gegebenenfalls dürfen diese Inhalte (auch Teile daraus) nicht ohne die Zustimmung Zustimmung des Datenbankinhabers (grundsätzlich wohl der Account Inhaber) veröffentlicht werden.

    Auch wenn es gerichtliche Entscheidungen hierzu naturgemäß noch nicht gibt, denke ich schon, dass die Gerichte einer entsprechenden Argumentation folgen würden.

  4. Da gabs doch mal irgendwo einen Twitterservice, mit dem man seinen Tweets eine Lizenz anheften kann. Den muss ich mal wiedersuchen, ich hätte nämlich eigentlich gern explizit eine CC-BY-SA-Lizenz für meine Tweets…

  5. Twitter und Recht – Sind Tweets urheberrechtlich geschützt ?…

    Veranlasst durch den Artikel „Sind Twitter-Mashups illegal?“ und eine entsprechende Nachfrage habe ich mir ein paar Gedanken zu der Frage gemacht, ob Tweets urheberrechtlich geschützt sind und damit eine Veröffentlichung der Zustimmung des Autors…

  6. Die Frage nach dem Urheberrecht von Tweets habe ich mir auch schon vor langem mal gestellt und dann mit dem Gedanken „wohl zu 90 % unterhalb der Schöpfungshöhe“ ad acta gelegt. Der Gedanke, alle Tweets zusammen als Werk zu betrachten, kam mir da irgendwie nicht. Interessanter Ansatz.

  7. Als Laie würde sehe ich aber „eine nach Art und Umfang wesentliche Investition“ zur Beschaffung der Inhalte bei normalen Twitter-Accounts nicht. Dies würde meiner Meinung nach nur bei einigen Extremfällen zutreffen, z.B. wenn der Kicker einen Liveticker via Twitter anbieten würde (Lizenzen, evtl. Reporter im Stadion, etc.) Oder sehe ich das falsch?

  8. Der Artikel enthält mehrere inhaltliche Fehler:

    1. Copyright gibt es im deutschen Recht nicht!

    2. Die Frage, wem Tweets „gehören“, ist in diesem Kontext komplett irrelevant. Relevant ist nur, ob Tweets die nötige Schöpfungshöhe erreichen, um unter das deutsche Urheberrecht zu fallen. Und das ist in der Regel ja wohl zu verneinen!

    Sprich: Hier wird ein Problem diskutiert, das gar keines ist!

  9. @Alex
    Wenn wir Copyright durch Urheberrecht ersetzen, bleibt die – meiner Ansicht nach durchaus relevante – Fragestellung ja aber ansonsten gleich.

    Die Frage, wem Tweets gehören, ist für die einzelnen Twitterer durchaus relevant. Ist doch wichtig zu wissen, ob das Zeugs, das ich da tagtäglich schreibe, mir gehört oder nicht.
    Juristisch steht dann erstmal die Frage an, ob die Tweets überhaupt jemandem gehören. Da dies bei den meisten wohl mit nein beantwortet werden kann, ist auch die Ausgangsfrage dann geklärt. Allerdings gilt das für manche Tweets womöglich auch nicht, weil sie eine hinreichende Schöpfungshöhe haben.

    Dazu kommt, dass die Frage für die gesammelten Tweets eines Autors offenbar nochmal anders betrachtet werden muss.

    Die Fragestellung und die Diskussion machen doch also durchaus Sinn, auch wenn der Begriff Copyright in Deutschland nicht der juristisch richtige ist.

  10. @Henning
    Ja, wenn man Twitterstreams einer einzelnen Person oder zu einem Schlüsselwort aggregiert und separat veröffentlicht, kann sich die Frage stellen. Aber hier muß man m. E. auch differenzieren, nämlich zwischen dynamischer Generierung und statischer Darstellung solcher Mashups: Ist eine Mashup, den jeder für sich *dynamisch* erstellen kann, eine Veröffentlichung? Wenn ich Tweets nach einem Schlüsselwort oder Usernamen filtere und mir persönlich den generierten Stream anzeigen lasse, ist das m. E. keine Veröffentlichung. Das ist ein privater Gebrauch der Twitter-Datenbank durch die Twitter-API, den Twitter explizit zuläßt. Und wenn ich so ein Tool schreibe und zur Verfügung stelle, stelle ich meinen Usern nur die Mittel der API zur Verfügung, keinen konkreten, urheberrechtlich geschützen Stream.

    Etwas anderes wäre die statische Veröffentlichung eines speziellen Streams auf einer Webseite. Das geht evtl. wirklich nur mit Zustimmung der Beteiligten. Aber sowas habe ich bisher nur selten gesehen, z. B. bei Twitterinterviews.

  11. Dirk Baranek schreibt:

    OK, danke für die engagierte Diskussion. Mein Fazit:

    – Ich streiche das Wort Copyright aus meinem aktiven Wortschatz. Auch auf die Gefahr hin, dass die Hälfte der deutschen Blogwelt nix mit Urheberrecht oder Verwertungsrecht anfangen kann.

    – Twitter-Mashups bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Bin gespannt auf die ersten Abmahnungen und die darauf folgenden Prozesse. Vorsicht ist also geboten…

  12. Tim schreibt:

    Twitter-Mashup sind keine Grauzone – ausser man will dies absichtlich so interpretieren. Tweets erreichen in der Regel nicht die notwendige Schöpfungshöhe. Kein Urheber kann da sein „copyright“ drauf einklagen. Das ist der Hauptunterschied z.B. zu Flickr. Fotos sind grundsätzlich urheberrechtlich geschützt.

    Exkurs: Daneben hat der Fotograf vor einer Veröffentlichung noch andere Rechte zu berücksichtigen. Persönlichkeitsrechte, Rechte von Künstlern/Architekten an den fotografierten Werken, Hausrecht, usw.

    Also: Wem gehört der Tweet? Urheberrechtlich keinem, jedoch verantwortlich dem Twitterer. Dagegen können Mashups eigene Urheberrechte haben, da sie die kreative Schöpfungshöhe erreichen.

    Ich bezweifele, dass ausser seltenen Ausnahmen Tweets oder ganze Twitter-Accounts die Schöpfungshöhe erreichen. Wer hat ein paar Beispiele, wo die Kreative Leistung aussergewöhnlich ist?

  13. @Tim: Du schreibst:

    „Twitter-Mashup sind keine Grauzone – ausser man will dies absichtlich so interpretieren. Tweets erreichen in der Regel nicht die notwendige Schöpfungshöhe.“

    Wir hier schon geschrieben wurde: Es geht nicht darum, den einzelnen Tweet zu betrachten, sondern den gesamten Stream einer Person. Und da kann das schon was werden mit der Schöpfungshöhe; wenn ich z. B. ein Gedicht oder einen Roman häppchenweise twittere, ist das auf jeden Fall gegeben. ;-) Und selbst ein einzelner Tweet kann ein Gedicht sein.

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