250 Grundschüler haben im Rahmen des Stiftsmusikfestes Orgeln aus Alltagsgegenständen gebastelt und dafür Musik komponiert.
Musik ist eine ernste Sache und schwierig zu lernen. Dieses gängige Vorurteil in den Köpfen von Grundschülern aufzulösen, ist das Ziel eines Projektes für das Stiftsmusikfest im Juli. Etwa 250 Kinder haben dabei aus Alltagsgegenständen Instrumente gebastelt und dafür komponiert.
Im Rahmen des Stiftmusikfestes im Juli wird man nicht nur Bachmotetten und Kirchenchöre hören können, sondern auch so exotische Instrumente wie ein Küchengerätregister oder eine Trinkglasorgel. Letztere wurde von den Kindern der Johannes-Brenz-Schule im Rahmen eines Projektes gebaut, mit dem Grundschüler an die Welt der Musik herangeführt werden sollen. Konkret besteht die Orgel aus 18 kleinen Holzkonstruktionen, bei denen je ein Trinkglas den Klangkörper und Löffel das Schlagwerk bildet.
An drei Vormittagen haben die Kinder unter Anleitung des Musikpädagogen Gereon Müller die Instrumente gebastelt und, was eigentlich noch wichtiger ist, gleich ein Stück dafür komponiert. Die Kindern seien mit Feuereifer bei der Sache gewesen und hätten einmal einen ganz anderen Zugang zur Musik bekommen, ist Müller überzeugt. „Statt Musik respektvoll zu konsumieren, haben die Kinder jetzt erlebt, dass man das mit einfachsten Mitteln auch selbst machen kann,“ sagte er. Die befragten Kinder äußerten sich ähnlich: vor allem das Komponieren hat es ihnen angetan. Zwar seien dabei ein paar Gläser zu Bruch gegangen, aber das hat dem Spaß keinen Abbruch getan, wie auch Anna Droese berichtet. Ihr Sohn hat bei dem Projekt mitgemacht und obwohl er bereits Geige spielt, habe ihm das auf jeden Fall den Horizont auf die große Welt der Töne und Geräusche erweitert.
„Wir haben 250 Kinder mit Musik infiziert,“ sagt denn auch Christian Zech, der das Projekt im Rahmen des Stiftsmusikfestes initiert und geleitet hat. Mit zehn Gruppen in acht Stuttgart Grundschulen wurden in den letzten drei Monaten unter dem Thema „Organum“ an den abenteuerlichsten Tonerzeugungsgeräten gebastelt. Zuvor konnten sich die Kinder bei Exkursionen in eine Orgelwerkstatt und in das Instrument der Stiftskirche eine lebendigen Eindruck dieser Klangungetüme verschaffen. Dann ging es unter der Anleitung von Musikprofis an die Umsetzung eigener Orgeln oder Schlagwerke. Zum Einsatz kommen normale Alltagsgegenstände wie Blasebälge, die mittels Gartenschläuchen diverse Holzflöten zum klingen bringen, oder auch Eisenstangen, Topfdeckel und Kugelbahnen.
Ein besonderes Prachtstück ist ein wassergetriebenes Instrument, dass Plastikflaschen zum Klingen bringt, sich allerdings etwas schwierig steuern lässt. Selbst aus den beliebten Lego-Steinen wurden Instrumente entwickelt. Diese in ein musikalisches Gesamtwerk zusammen mit der Orgel der Stiftskirche zu bringen, ist die Aufgabe des Kölner Komponisten und Interaktionskünstlers Bernhard König. Erste Höreindrücke bei der Generalprobe lassen ein spannendes, ungewöhnliches Stück Neue Musik erwarten. Zur Aufführung kommen die sehens- und hörenswerten Instrumente und die für sie von den Kindern entwickelten Kompositionen am 5. Juli um 10 Uhr in der Stiftskirche.
[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]