Branchentreff der aufstrebenden Kreativwirtschaft

Die Medien- und Werbewirtschaft der Region ist lebendig wie nie. Einen Eindruck konnte man sich davon gestern im Haus der Wirtschaft verschaffen. Beim 6. Medientag präsentierten sich Werbeagenturen, Verlage und Internetdienstleister.

Fast 50 Unternehmen aus der regionalen Medienwirtschaft präsentierten sich gestern beim 6. Stuttgarter Medientag im Haus der Wirtschaft mit kleinen Messeständen und Vorträgen. Bis zum frühen Nachmittag hatten sich bei freiem Eintritt schon etwa 1.000 Besucher von der Aussicht anlocken lassen, einen Überblick über hier ansässige Verlage, Werbeagenturen, Multimedia-Dienstleister und einschlägige Bildungseinrichtungen zu erhalten. Genutzt haben das vor allem junge Leute, die in der attraktiven Branche Fuß fassen wollen, wie zum Beispiel eine Gruppe junger Frauen, die an einer privaten Schule Medienmanagement lernen. Sie wollten „potenzielle Arbeitgeber“ kennen lernen oder einfach nur „Vitamin B tanken“.

Beiden Ansätzen konnte man gestern mit etwas Geschick erfolgreich nachgehen. Denn wie schon in den Vorjahren setzten die Aussteller mehrheitlich darauf, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren. Die Auftragslage ist vor allem bei den Agenturen sehr gut, die IT-Dienstleistungen anbieten. Fachkräfte werden daher gesucht, wie Frank Meier berichtete, Geschäftsführer der Web-Agentur FUF, die für die LBBW oder das Design Center tätig ist. Vor allem an Programmierern mangelt es, denn seit Ende 2006 investieren die Unternehmen wieder verstärkt in das Internet, unter anderem für interne Kommunikationsprozesse. Neue Kunden erwartete Meier allerdings nicht von dem Stand mit weißen Styroporquadern und orangem Teppichboden in dem übersichtlich gestalteten Saal. Höchstens ein paar Praktikanten werde man finden. Spezialisierte Dienstleister wie das auf individuellen Service ausgerichtete Unternehmen Apfelwerk rechneten sich aber größere Chancen aus. Vor allem die Kreativen nutzten die schicken Computer des US-Herstellers Apple, meinte Mitinhaber Thomas Kemmer und war daher zuversichtlich, wie im Vorjahr ein paar wertvolle Kontakte knüpfen zu können.

Diese realistische Einschätzung zwischen Personalmarketing und Kontaktpflege teilte auch Christian List von der Kommunikationsagentur Sitibi, der den Medientag in diesem Jahr in neuer Rolle organisiert hat. Dass es überhaupt noch geklappt hat, nachdem die Veranstaltung mit der Auflösung des städtischen Medienteams im Frühjahr unter die Räder zu kommen drohte, ist wohl im Wesentlichen seiner persönlichen Initiative zu verdanken. Erst im Juli hatte der Kulturausschuss 30.000 Euro zur Durchführung freigegeben, sehr wenig Zeit um Lists Vision eines regionalen Branchentreffs umzusetzen. Das nun erreichte sei daher höchstens ein wenn auch hoffnungsvoller Beginn. „Wir sind auf einem guten Weg,“ sagte List. Allerdings habe man auf politischer Ebene die Bedeutung noch nicht ganz erkannt. Er verwies auf die 70.000 Arbeitsplätze, die die Branche in der Region zähle. In München sei man da weiter. Die dortige Medienmesse werde mit Millionenbeträgen vom Land gefördert und habe sich zu einem hochkarätigen Event entwickelt.

Dass die Region einen solchen Branchentreff braucht, ist die feste Überzeugung von Joachim Fischer von der Agentur brand affairs. Fischer hat den Medientag vor Jahren mit aus der Taufe gehoben und war für den gestern parallel stattfinden Kongress verantwortlich, der sich in Vorträgen mit den Chancen und Risiken der neu entstandenen und sehr erfolgreichen Internet-Communities befasste. „Die hiesige Branche hat einen ganz anderen öffentlichen Stellenwert verdient,“ sagte Fischer. Die schnell aber ordentlich zusammengestellte Veranstaltung sah er als gelungenen Auftakt für ein größeres Format im nächsten Jahr. Auch Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann, die am Mittag die Messe eröffnete, sprach von einem „bedeutenden Branchentreff“ und erklärte die Bereitschaft der Stadt, die Kreativwirtschaft in der Zukunft weiter zu unterstützen. Der Medientag scheint sich endgültig im Kalender zu etablieren.

[Der Artikel ist am 1. November 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

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