Auf dem Gesundheitstag des Sozialverbandes VdK haben am Samstag 750 Teilnehmer über die Zukunft der Pflege von chronisch Kranken und älterer Menschen diskutiert. In Vorträgen und Diskussionen wurde klar: Die Versorgung wird in Zukunft individueller auf den Einzelfall ausgerichtet.
Die Situation der Pflege und der Versorgung von chronisch Kranken und älteren Menschen stand im Mittelpunkt eines Gesundheitstags, den der Sozialverband VdK am Samstag in der Liederhalle veranstaltete. In den Vorträgen und Diskussionen wurde klar, dass dieses Thema vor allem angesichts der demographischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts verstärkt in den Mittelpunkt sozialpolitischer Planungen rückt. Schon jetzt, so Markus Saur, der Landesgeschäftsführer der DAK in Baden-Württemberg, machen die Kosten für Pflegedienstleistungen rund ein Zehntel des Etats der Krankenkasse aus, mit stark steigender Tendenz. Durch die Anwendung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes sei es aber möglich, vorhandene Einsparpotenziale zu nutzen. Vor allem bei der Effizienz hapere es, sagte Saur. Die DAK wolle durch technische Innovationen, verstärkte Kundenorientierung und Verbesserung der Qualitität gegensteuern. Probleme ergäben sich vor allem aus der Trennung der verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens. „Wir brauchen eine Öffnung der strukturellen Verkrustung bei ambulanter Hilfe, stationärer Pflege und Rehabilitation,“ sagte er. Die Möglichkeiten des Vertragsrechts sowie moderner Informationstechnologien müssten ausgeschöpft werden.
Viel Potenzial scheint also im Management der konkreten Fälle zu liegen, was auch ein Ansatz bei der aktuellen Reform der Pflegeversicherung ist. Darüber berichtete Christian Berringer, Referatsleiter im Bundesministerium für Gesundheit in Berlin. Das wahrscheinlich ab Mitte 2008 wirksame Gesetz sieht unter anderem die flächendeckende Einführung von Pflegestützpunkten vor. In den von den Versicherungsträgern zu schaffenden Einrichtungen haben die Betroffenen dann Anspruch auf individuelle Beratung, um eine optimal auf den Einzelfall zugeschnittene Pflege zu ermöglichen. Zwar gäbe es hier und da bereits solche Angebote, allerdings wolle der Gesetzgeber bundesweit einheitliche Bedingungen schaffen. Beim Aufbau dieser Beratungsstellen würden die lokalen Gegebenheiten einbezogen. Berringer kündigte auch eine Anhebung der Leistungen für schwer Demenzkranke an. Bis zu 2.400 Euro zusätzlich im Jahr sei für die besonders aufwändige Pflege dieser Menschen vorgesehen.
Diskussionsbedarf sah das meist ältere Publikum vor allem in der Definition des Begriffs „erheblich“ bei der Einstufung der Pflegebedürftigkeit. Berringer versprach eine „klare Regelung“, die wenig Spielraum für Interpretationen lassen werde. Auch zu dem umstrittenen „Minutenregelung“, der Fixierung des zeitlichen Aufwandes bei der Durchführung der Pflege, kamen Fragen. Skandalös sei die bisherige Praxis, sagte eine Teilnehmerin. Hier spielte Berringer den Ball ins Feld der Pflegekassen. Die hätten das eingeführt, im Gesetz sei davon an keiner Stelle die Rede.
[Der Artikel ist am 5. November 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]