Sieben Gasballone starteten am Mittwoch vom Sattelplatz am Wasen. Stuttgarter Ballonsortler hatten internationale Kollegen eingeladen.
Eine abgesagte Wettfahrt in Belgien führte am Mittwoch zu einem seltenen Bild am Stuttgarter Wasen. Sieben mit Wasserstoff gefüllte Ballone erhoben sich am Sattelplatz in die Luft. Mit dabei war die Weltspitze der Ballonsportler mit aus der Schweiz und Großbritannien.
Wie ein Luftballon auf der Kirmes, der einer unaufmerksamen Kinderhand entwischt, so flott strebt auch der gelbe Gasballon in die Höhe, nachdem die letzten Kilos Sand niederrieseln. In dem geflochtenen Korb unter der mit 1.000 Kubikmeter Wasserstoff gefüllten, kugelrunden Ballonhülle stehen gut gelaunt und recht gedrängt fünf Mitglieder des Ballonsportgruppe Stuttgart. Der Start ist der Auftakt einer Art Trostfahrt, die am Mittwoch Nachmittag am vereinseigenen Startplatz am Wasen begann und an der insgesamt sechs Gasballone teilnahmen.
Die Teams aus Deutschland, der Schweiz und Großbritannien wollten eigentlich am Wochenende zuvor den bedeutendsten internationalen Wettbewerb der Ballonfahrer austragen, das Gordon-Bennet-Rennen. Das findet seit 1902 jährlich statt und wird von dem gewonnen, der mit seiner Gasfüllung die längste Strecke zurücklegt. Aber dieses Jahr führten im Austragungsland Belgien widrige Winde und Organisationsprobleme zur Absage. Die mit kompletter Ausrüstung angereiste Weltspitze der Ballonfahrer war frustiert und so lud der amtierende Deutsche Meister Tomas Hora zum Ersatztermin, technisch kein Problem für den lebendigen Stuttgarter Verein. „Wir haben eine hervorragende Infrastruktur, das ist ganz selten,“ sagt Evelyn Möller, von Beruf Mikrobiologin und Ballonenthusiastin, die sogar in der Luft geheiratet hat. Jetzt stapft Sie in Springerstiefeln und orangem Overall über die von Bäumen umstandene Wiese.
Der Sattelplatz gegenüber des Gaisburger Gaskessels ist eine kleine Idylle, nur in den Boden eingelassene Verankerungen verraten den wahren Zweck. Ein dicker schwarze Schlauch windet sich von dem großen weißen Gastank am Eingang über das Grün zu einem der überdimensionalen Ballonventile. „Reiner Wasserstoff, das Beste vom Besten,“ sagt Tomas Hora. Der Diplomkaufmann wurde dieses Jahr zum zweiten Mal hintereinander Deutscher Meister im Gasballonfahren. Jetzt trifft er mit seinem Co-Piloten Volker Löschhorn letzte Startvorbereitungen. Ein bisschen erinnert das an die frühen Tage der Luftschifffahrt, in der das Fluggerät mit Holz, Stoff, Tauen und Schnüren zusammengehalten wurde.
Modernste Digitaltechnik im Korb verrät allerdings, dass sich auch die Ballöner, wie sie sich selber nennen, an die komplexen Regeln des Luftverkehrs im 21. Jahrhundert halten. Während der Fahrt in 500 bis 1000 Meter Höhe wird ständig mit der Flugsicherheit Kontakt gehalten. Bei den Wettfahrten kommt es vor allem darauf an, durch das Abwerfen des Sandes die richtige Höhe mit den flottesten Winden zu erwischen. „Man muss ein Näschen für Wind und Wetter haben,“ sagt Tomas Hora. Offensichtlich hat er eines, denn am nächsten Vormittag wird er die inoffizielle Weltmeisterschaft der Gasballonfahrer als Gewinner kurz vor Wien beenden.
[Der Artikel ist am 21. September 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]