Mini-Mozartoper mit Petersilienwurzelcreme

 
Im Le Meridien kann man in diesen Tagen eine kulinarische Oper genießen

Von professionellen Sängern vorgetragene Opernmelodien, dazu ein köstliches Menü und gepflegte Weine: das ist das Konzept einer Veranstaltung, die gestern Premiere im Le Meredien hatte. Es ging auf, weil die Inszenierung von Mozarts Don Giovanni ganz nah am speisenden Publikum stattfand.

Ein kulinarisch-musikalisches Vergnügen der gehobenen Art wird in diesen Tagen im Le Meridien geboten. Im Ballsaal des Fünf-Sterne-Hotels führt ein kleines Ensemble eine verkürzte Version der Mozartoper Don Giovanni auf. Dazu gibt es ein Vier-Gänge-Menü mit Perlhuhnterrine, getrüffelter Petersilienwurzelcreme, Filet vom Weideochsen und Schokoladenvariationen.

Die Gaumengenüsse sind also gesichert, aber auch die musikalische Qualität der kammerspielartigen Inszenierung lässt kaum Wünsche offen. Dafür sorgen die professionellen Sänger, die zum Teil von der Staatlichen Oper vis-a-vis kommen. Das Ganze hat erheblichen Charme, denn wann hat man als Normalsterblicher schon einmal die Chance, einen Arien schmetternden Opernsänger quasi hautnah zu erleben. Die von dem Dirigenten und Musikwissenschaftler Wilhelm Keitel geleitete Inzsenierung der Geschichte des Frauenhelden Don Giovanni scheut den Kontakt mit dem Publikum nicht. Da wird zwischen den runden, festlichen eingedeckten Tischen in Rokokokostümen stolziert, ironisch mit den Gästen geflirtet, Gläser entführt und der Tod auf dem Kofferwagen in den Saal geschoben.

Der ganze Saal ist quasi eine Bühne für das verkürzt und mit deutschen Sprechtexten dargebotene, allerdings recht pralle Leben des Hagestolz und seiner liebestollen Gespielinnen. Die werden zwar allesamt betrogen, aber das Ganze bleibt heiter und höchstens mit einem Augenzwinkern tragisch. „Das ist alles sehr launisch und einfach nur schön,“ war denn auch die Meinung von Eckart Gühne, der zusammen mit seiner Ehefrau aus Gechingen bei Calw angereist war. Die beiden sind erfahrene Operngänger und hatten sich den Abend zu Weihnachten geschenkt -„wegen der Musik“.

Organisiert wird das anders als die manchmal etwas deftigen Dinnershows, die in zwei Spiegelzelten in Stuttgart stattfinden, sehr erlesene und subtil amüsante Vergnügen von Wilhelm Keitel. Mehrere Bücher hat der Stuttgarter Dirigent über Mozart und vor allem Rossini veröffentlicht, von dem er sich inspirieren lässt. „Rossini war dem Essen ganz und gar nicht abgeneigt,“ berichtet Keitel, der schon an anderer Stelle ähnliche Veranstaltungen produziert hat. Wichtig sind ihm vor allem Sänger, die sich diesem Konzept stellen und den Kontakt zum Publikum suchen. Insgesamt ein gelungener Abend, der trotz drei Stunden Länge wie im Fluge vergeht.

Allerdings hätte man sich in den kleinen Pausen und nach dem Ende des Stücks etwas konventionelle Musikbeschallung gewünscht. Nach den schmetternden Klängen der im übrigen völlig unverstärkten Stimmen wirkte die Tonkulisse aus purem Tellerklappern etwas ernüchternd. 

[Artikel für die Stuttgarter Zeitung]

Mini-Mozartoper mit Petersilienwurzelcreme

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