228 Auszubildende wurden Dienstag Abend in einer Feierstunde der Kreishandwerkerschaft in das Gesellenleben entlassen. Bei der modernen Feier im Atrium des SpOrt wurden auch die 30 Besten des Jahrgangs ausgezeichnet.
Wummernde Technobeats hallen durch das Atrium des SpOrt und liefern den Ton zu einem Imagefilm, der über den Köpfen der etwa 400 Zuschauer auf großen Leinwänden läuft. In dem flott geschnittenen Videoclip werden Szenen aus dem Arbeitsalltag der frisch geprüften Auszubildenden in Stuttgarter Handwerksbetrieben gezeigt und ein Mann zum Megafon, schreit „Los!“ und ein Schuss knallt aus einer Startpistole. Schreckhafte Zuschauer mögen zusammengezuckt sein angesichts dieses akustischen Feuerwerks, aber den meisten der 228 Junggesellinnen und -gesellen, wie Kreishandwerksmeister Alexander Kotz sie in seiner Ansprache nennt, wird es gefallen haben, diese zeitgemäße Ausschmückung der Lossprechung 2007.
Mit dieser traditionellen Feier werden die ehemaligen Lehrlinge symbolisch von ihren Pflichten gegenüber den Lehrherren entbunden. Heute nutzt die versammelte Handwerkerschaft den Rahmen, um ein bisschen sich selbst und ganz viel die neuen Fachkräfte zu feiern. Vor allem aber um 30 junge Leute zu ehren, die in den verschiedenen Gewerken mit Bestleistungen aufwarten konnten. Goldglänzende Medaillen am schwarz-gelben Bändel werden ihnen umgehängt und Urkunden überreicht von den Obermeistern der Bäcker, Maurer, Glaser, Steinmetze und KFZ-Handwerker, um nur einige der 19 vertretenen Innungen zu nennen. Eine der beiden ausgezeichneten weiblichen Gesellen ist Nuriye Genc. Vor allem wegen ihrer praktischen Fertigkeiten ist die Muslima aus Renningen, die bei der Bäckerei Schrempf in Vaihingen gelernt hat, die beste Jungbäckerin 2007 geworden. „Die Auszeichnung wird mir bestimmt bei der Suche nach einer neuen Stelle nützen,“, sagt die recht zierlich wirkende 19 Jährige, die nach der mit Bravour abgelegten Prüfung nicht vom Ausbildungsbetrieb übernommen wurde.
„Das Berufsleben ist ein Wettkampf,“ sagt auch Andreas Kotz, der in seiner Begrüßungsrede gemäß dem Veranstaltungsort weitere Analogien zum Sport bemüht. Nach dem kräftigen Start in das Berufsleben wünscht er Durchhaltevermögen und erlaubt auf der „Liste der Doping-Präparate“ nur Eigenschaften wie Fleiß, Engagement oder Neugier. Kotz sieht positive Perspektiven und er macht Mut, denn die Wirtschaft ziehe an und der Standort biete besonders wegen Stuttgart 21 auch für das Handwerk Dynamik und sehr gute Chancen. So eingestimmt herrscht unter den jungen Leuten eine aufgeräumte Stimmung, als sie mit einem Glas Wein versammelt auf der Bühne von Kotz losgesprochen werden. „Gott segne ein ehrbar Handwerk,“ sagt er zum Schluss.
Dann können die Urkunden abgeholt werden und es schallen wieder elektronische Rhythmen durch das Gebäude, denn jetzt beginnt die Party mit DJ und Showact. Am Buffet gibt es Hot-Dogs und Lachs-Wraps für die teilweise mit Angehörigen erschienenen Ex-Lehrlinge. Den Startschuss ins neue Berufsleben KFZ-Mechatroniker ihres Sohnes Nils wollte sich auch das Ehepaar Dittkuhn aus Degerloch nicht entgehen lassen. Für Vater Olaf Dittkuhn ist es eine gelungene Feier. „Ein Segen gab es nur wenige Reden. Und es ist schon ein toller Moment, wenn der eigene Sohn die Berufsausbildung abschließt,“ sagt er. Sohn Nils will jetzt „erstmal richtig Geld verdienen“ und vielleicht später mal auf die Technikerschule. Es ist heute ein großer Schritt gewesen, aber eben nur ein erster in eine sich ständig wandelnde Berufswelt.
[Der Artikel ist am 27. September 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]