SSB-Fahrplan auf dem iPhone-Handy

Die SSB hat ein kostenloses Programm zu bequemen Fahrplanabfrage mit dem Applehandy veröffentlicht

Nutzungshemmnisse abbauen steht bei den Marketingleuten der SSB ganz oben auf der Agenda. Mit einer Gratisanwendung für das iPhone des Herstellers Apple sollen die Kunden besseren Zugang zu den Fahrplänen erhalten. Neben Berlin gibt es das bundesweit nur für Stuttgart.

Von Dirk Baranek

Es war ein Schlüsselerlebnis, das Martell Beck, dem Marketingchef der SSB, zu denken gab. Freunde hatte ihm erzählt, wie umständlich es sei, den abendlichen Kneipenbesuch mit den Angeboten seines Unternehmens abzuschließen. Schwer erreichbare Infos führten schließlich dazu, dass die sich ein Taxi nahmen. „Da wurde mal wieder das allgemeine Bauchgefühl bestätigt, dass wir zu umständlich sind,“ sagt Beck. Dieses zumeist ja unverdiente Vorurteil sei aber das am weitesten verbreitete. „Damit haben wir am meisten zu kämpfen.“ Deshalb sei man intern immer auf der Suche nach Möglichkeiten, Nutzungshemmnisse abzubauen.

Durch einen Medienbericht stieß Beck auf die kleine Firma Metaquark aus Berlin. Die hatten im Herbst 2008 Furore gemacht durch die Programmierung einer Anwendung für das modische Allzweckhandy iPhone der Firma Apple. Kernfunktion des kleinen kostenlosen Programms ist die Darstellung von Fahrplandaten des ÖPNV. Dabei nutzt das Programm geschickt die speziellen Möglichkeiten des iPhone. Zum einen verfügt das über eine GPS-Lokalisierung. Das heißt das Gerät weiß also immer, wo man sich grade befindet. Zum anderen kann man mit dem Smartphone, wie diese Geräte heißen, die wesentlich mehr können als nur zu telefonieren, seine Adressen verwalten. Das bedeutet: Man sitzt irgendwo und möchte von dort mit der SSB zu einem Bekannten, dessen Adresse man gespeichert hat. Mit zwei-drei Klicks hat man grafisch sehr durchdachte Vorschläge auf dem Handy. Die nächstgelegene Haltestelle, die Abfahrtzeiten und Umsteigestationen bis zum gewählten Ziel – alles sofort und übersichtlich präsentiert. Man kann auch zuletzt genutzte Haltestellen speichern und so zu seinem persönlichen Fahrplan kommen. jederzeit und überall.

Der Entwickler und angehende IT-Ingenieur Jonas Witt hatte das Programm zunächst für die Berliner Verkehrsbetriebe entwickelt, aber die fanden das nicht so gut und entzogen ihm die Rechte an den Fahrplandaten. Inzwischen hat er zwar das offizielle Placet der Berliner, aber die Stuttgarter sind die ersten, die auf ihn zugekommen sind, um das Programm für ihr Netz umzusetzen – innerhalb von nur zwei Monaten. „Die von der SSB sind überhaupt nicht so behördenmäßig,“ meint Witt und ist des Lobes voll über die unkonventionelle Zusammenarbeit. Letztlich hat die Sache einen niedrigen fünfstelligen Betrag gekostet, um den etwa 30.000 iPhone-Nutzern in der Region, so die Schätzung der SSB, diesen kostenlosen Service zu ermöglichen. „Das ist ein Test und wenn das erfolgreich ist, werden wir das auch für andere Handymodelle entwickeln,“ so Beck. Auf die Möglichkeit, mit dem Handy dann auch noch die Fahrkarte zu kaufen, wird man aber weiter warten müssen. Das sei ein „Riesending“ und nicht so einfach zu realisieren.

(Artikel für die Stuttgarter Zeitung / Lokalteil)

SSB-Fahrplan auf dem iPhone-Handy

Ball der Nationen 2009: Gelehrtenrepublik feiert farbenfrohen Multikultiball

Mini-Kulturfestival, kulinarische Weltreise, Alumnitreffen – der Ball der Nationen ist wieder Erfolg gewesen

Ein chinesischer Chor singt ein schwäbisches Volkslied und Menschen aus der ganzen Welt sind begeistert. Das kann man nur beim Ball der Nationen erleben, der am Samstag Abend in der Liederhalle zum 52. Mal stattfand und als der Höhepunkt des akademischen Jahres in der Region gilt.

Von Dirk Baranek

Etwa 2.000 Gäste vergnügten sich beim Ball der Nationen in der Liederhalle bis zum frühen Sonntag Morgen. Die 52. Ausgabe des „Höhepunkts des akademischen Jahres in der Landeshauptstadt“, wie die Leiterin des städtischen Kulturamtes Susanne Laugwitz-Aulbach sagte, kann damit als voller Erfolg verbucht werden. Nicht ganz unwichtig für die Zukunft der jährlichen Veranstaltung, deren Organisation seit zwei Jahren in privater Hand liegt. Zusammen mit dem international tätigen Impressario Jongkya Goei hatte sich Anette Holzwarth-Maier auf das Abenteuer eingelassen, die Tradition eines Balls weiterzuführen, der zumindest in Bezug auf den Akademikeranteil keinen Vergleich scheuen muss. Etwa die Hälfte der Besucher komme allein aus dem universitären Umfeld, sagte Holzwarth-Maier. Die nutzten die Gelegenheit, den feinen Zwirn und ausladende Couture anzulegen und bei Walzer und Cha-Cha-Cha das Tanzbein zu schwingen.

Zur Einstimmung gab es internationale Tanzeinlagen von diversen Kulturgruppen auf der großen Bühne. Denn das Fest ist bewusst multikulturell und fügt sich damit ein in das Bild der globalen Gelehrtenrepublik. Die Mischung erzeugt einen ganz besonderen Zauber, wenn nach dem französischen Chansonier eine Gruppe zierlicher Damen tamilischem Tempeltanz vorführen, die wiederum von einer Premiere abgelöst werden, bei der junge Tänzer klassisches Ballet modern interpretieren. Und wo sonst kann man einen chinesischen Chor mit 50 Sängern erleben, die das Lied „Auf dr schwäb’sche Eisenbahn“ schmettern? Natürlich unter donnerendem Applaus des amüsierten Publikums.

Nicht zu vergessen die kulinarischen Weltreise, denn an rund einem Dutzend Ständen gab es internationale Spezialitäten. Die präsentierten landestypische Hausmannskost mit hohen Originalfaktor zwar zumeist auf Papptellern, aber das störte niemandem. So trafen dort russische Blinys auf indische Curryrollen auf polnisches Bigos auf koreanischen Kim-Chi-Salat. Für letzteren eignet sich das Filderkraut recht gut, das eingelegt mit Salz, Pepperonipulver und Fischsauce eine Woche in einem extra Kühlschrank fermentiert, wie eine Dame des Verbands der Koreaner in Stuttgart berichtete.

Umlagert war der Stand des Vereins der chinesischen Studenten, die ihren Kommilitonen Ze Lin dabei hatten, der auf Wunsch Namen in chinesischer Kalligraphie aufs Papier pinselte. Mit hoher Kunst, denn immerhin macht der angehende Bauingenieur das seit seinem elften Lebensjahr und hat schon diverse Preise gewonnen. Aber der Ball, der durch die landestypische Festkleidung einiger Damen aus Korea oder Indien besonders farbenfroh ist, gilt auch als Treffpunkt von Ehemaligen der Universitäten, die teilweise von weit her anreisen, um hier alte Freunde treffen.

So der Koreaner Chulpyo Hong, der extra aus Herne im Ruhrgebiet gekommen war und sich begeistert zeigte. „Die Menschen sind hier alle sehr freundlich, ganz besonders locker und so offen,“ sagte er. Ähnliches erzählte ein Apotheker aus Wernau am Neckar. Vor bald 50 Jahren war Kamdy Dadour an die Universität gekommen und trifft jedes Jahr viele alte Freunde auf dem Ball. Für ihn gehört die Veranstaltung einfach zur Landeshauptstadt: „Ohne den Ball wäre Stuttgart nix.“

(Artikel für die Stuttgarter Zeitung / Lokalteil)

Ball der Nationen 2009: Gelehrtenrepublik feiert farbenfrohen Multikultiball

Karneval im Aufwind

Das Stadtprinzenpaar ist am Dienstag inthronisiert worden

Immer bessere Resonanz bei den Freiluftaktivitäten, Schwund bei Mitgliedern und Teilnehmern an den Prunksitzungen gestoppt – der Karneval scheint sich in Stuttgart wieder leicht im Aufwind zu befinden. Ein Vorteil könnte sein: In schlechten Zeiten wird mehr auf den Putz gehauen.

Von Dirk Baranek

Am Dienstag wurde traditionsgemäß von der Kanrnevalsgesellschaft Möbelwagen das Stadtprinzenpaar inthronisiert. Bei der Veranstaltung im Rathaus wurden Prinz Peter III. , Prinzessin Patricia I. und die Kinderprinzessin „Ihre Lieblichkeit“ Anna I. in ihre Ämter eingeführt, wobei der Prinz kein Unbekannter ist. „Der neue Prinz ist der alte,“ sagte Präsident Wolfgang Rollinger. Die letzte Saison sei so kurz gewesen und der Prinz selber so nett, dass man ihn „kraft des 112-jährigen Privilegs“ auch in diesem Jahr zum höchsten Repräsentanten des Stuttgarter Karnevals ernannt habe. Außerdem habe er ein großes Gesangstalent, was Prinz Peter III. gleich unter Beweis stellte und die Anwesenden mit einem live vorgetragenen Popsong begeisterte.

Insgesamt befindet sich der Stuttgarter Karneval wohl wieder etwas im Aufwind, wie der Vizepräsident Jürgen Wachter am Rande der Veranstaltung zumindest für die Möbelwagennarren andeutete. Die Zahl der Vereinsmitglieder sei stabil bei 500. Die diesjährige Prunksitzung, die im Gustav-Siegle-Haus am Faschingssamstag stattfindet, stoße auf gute Nachfrage. Es gibt aber noch Karten. Sehr gut entwickle sich allerdings das Interesse und die Beteiligung am Straßenkarneval. Für das Konzert mit Guggenmusik am Abend des Rosenmontags vor dem Rathaus hätten sich dreißig Gruppe interessiert. Ausgewählt habe man nun neun, die aus der Region aber auch aus der Schweiz und von der Alb kommen und insgesamt 300 Musiker aufbieten. „Das ist einfach ein tolle Atmosphäre,“ freute sich Wachter schon jetzt.

Auch für den Straßenumzug am Vormittag des Faschingsdienstags zeichnet ich bereits eine hohe Beteiligung ab. Mit dabei sein wird auf jeden Fall ein Festwagen der „Rheingeschmeckten“. Hierbei handelt es sich, wie das „h“ im Namen verrät, um aus dem Rheinland zugezogene Stuttgarter. Diese Herkunft lässt natürlich auf eine schon fast genetisch verankerte Karnevalskompetenz schließen, aber die achtzig Mitglieder sind kein Karnevalsverein im engeren Sinne, wie der Vorsitzende Stephan Wohlfahrt betonte. Trotzdem feiern sie natürlich, machen eine eigene Karnevalsparty und wundern sich etwas über die „Ureinwohner“. „Die Leute in den hiesigen Karnevalsvereinen geben sich so viel Mühe, aber die Resonanz in der Bevölkerung ist doch eher verhalten,“ sagte Wohlfahrt. Das ist natürlich im Rheinland ganz anders, wo der Straßenkarneval eine ganze Region lahmlegt. Dabei liege Stuttgart doch offenbar an einer ganz interessanten Schnittstelle, wo die alemannische Fastnacht und der rheinische Karneval aufeinandertreffe, denn hier seien ja beide Begriffe durchaus üblich. Dass die von vielen Experten prophezeite Wirtschaftskrise auf die Stimmung beim Karneval 2009 drücken könne, wurde auf der Inthronisation im übrigen ganz klar verneint. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte lasse vielmehr das Gegenteil vermuten. In schlechten Zeiten werde viel mehr auf den Putz gehauen, als in guten, so ein Vertreter des Landesverbandes Württembergischer Karnevalsvereine.

Karneval im Aufwind

Große Demonstration gegen Israel

Fast 4.000 Menschen protestierten gegen die Militäraktionen Israels im Gazastreifen

Die erschütternden Bilder aus dem Gazastreifen haben auch in Stuttgart viele Menschen entsetzt. Einige tausend, darunter viele Einwanderer aus der muslimischen Welt, geben offensichtlich allein Israel die Schuld an den Geschehnissen. Das wurde bei einer Demonstration in der Innenstadt gestern deutlich.

Von Dirk Baranek

Etwa 4.000 Demonstranten zogen gestern Nachmittag von der Lautenschlagerstraße durch die Innenstadt, um gegen die Militäraktionen zu protestieren, die Israel seit Tagen gegen Ziele im Gazastreifen durchführt. Aufgerufen hatten zu dem Umzug, der mit einer Kundgebung vor dem Rathaus endete, verschiedene arabische und palästinensische Kulturvereine. Auf der Demonstration waren aber auch kurdische und türkische Gruppen zu beobachten, zumeist aus dem linksradikalen Spektrum. Ebenso waren libanesische Fahnen zu sehen und mit schwarzem Tschador vollverschleierte Frauen. Auf mitgeführten Transparenten wurde die Bombardments als „Massaker an Kindern und Frauen“ und Israel als „Terrorstadt“ bezeichnet. Ein kleines Schild trug den Text „Die Opfer von gestern sind die Mörder von heute“.

Angefertigt hatte das der Ägypter Abdallah, der seit 32 Jahren in Deutschland und eine Gastronomie im Westen betreibt. Er äußerte sich gegenüber der StZ begeistert über die deutsche Demokratie und warf den Israelis vor, jetzt das Schicksal, dass sie unter den Nationalsozialisten erlitten hätten anderen Völkern anzutun. Mit der Hamas habe er auch nichts im Sinn. „Die Hamas ist dumm,“ sagte er, aber die gegen israelische Städte abgefeuerten Raketen, dürften keine Ausrede für die völkerrechtswidrigen Angriffe sein. Er hoffe auf den neuen US-Präsidenten Obama, denn ohne die USA könnten die seiner Meinung friedenswilligen Europäer ihre Ziele nicht erreichen.

Den Demonstranten hatte sich auch eine kleine Gruppe deutscher Friedensaktivisten angeschlossen, wie zum Beispiel Monika Imhoff. Dass sie neben Mitgliedern radikaler, augenscheinlich totalitäre Ideologien propagierenden Gruppen demonstrierte, focht sie nicht an. „Ich will hier eindringen, damit die wieder vernünftig miteinander reden,“ sagte sie. Im Verlauf des Umzuges über die Theodor-Heuss- und die Eberhardstraße schwoll die Teilnehmerzahl immer mehr an, sodass aus den anfangs etwa 1.000 Personen dann vor dem Rathaus fast 4.000 wurden, so die Polizei. Die berichtete außerdem dass es keinerlei besondere Vorkommnisse gegeben habe, außer einer Auseinandersetzung mit folgender Körperverletzung der Teilnehmer untereinander. Die Gruppen gelten teilweise als zerstritten.

Unterdessen wandte sich die Deutsch-Israelische Gesellschaft in einer Verlautbarung „gegen durchsichtige Versuche, Israel die Schuld an der gegenwärtigen Situation im Gazastreifen in die Schuhe zu schieben.“ Die Hamas sei eine terroristische Organisation und habe den Waffenstillstand einseitig aufgekündigt. Daher habe Israel ein Recht auf Selbstverteidigung. Das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung sei bedauerlich, aber diese werde von der Hamas bewusst missbraucht.

(Artikel für die Stuttgarter Zeitung / Lokalteil)

Große Demonstration gegen Israel

Gute Vorsätze kommen aus der Mode

Weniger Schlemmen, mehr Sport, mehr Gelassenheit – gute Vorsätze für das neue Jahr könnte es viele geben. Aber die meisten Stuttgarter sind Realisten und nehmen sich erst gar nichts mehr fest vor. Ihre Erfahrungen haben sie gelehrt: Es klappt ja sowieso nicht.

Von Dirk Baranek

Die traditionelle Sitte, am Jahresende einen festen Vorsatz zu fassen, um mit diesem in den folgenden Monaten ein besserer Mensch zu werden, scheint ziemlich aus der Mode zu kommen. So jedenfalls das vorläufige Ergebnis einer kleinen Passantenumfrage vor Silvester auf dem Wochenmarkt vorm Rathaus. „Die Menschheit sollte sich diesen Quatsch endgültig abgewöhnen,“ sagte zum Beispiel Ralf Schmid, ein 47-jähriger Internetdesigner aus Stuttgart. Schmid ist allerdings generell ein Silvesterskeptiker, dem die üblichen Bräuche zum Jahreswechsel überhaupt nicht behagen. Selbst hatte er sich noch nie Vorsätze gemacht.

Darin ist er sich mit Jolanta Ryczko und deren Tochter Rosa einig. Der Teenager zieht zwar durchaus in Betracht, „mehr für die Schule zu lernen“. Aber die Vorgabe, „mehr Respekt vor den Eltern“ aufzubringen, wurde schon mit einem ironischen Unterton ausgesprochen. „Man soll eben nichts versuchen, was man ohnehin nicht einhalten kann,“ ist denn auch der Kommentar der Mutter, die sich noch nie etwas größeres vorgenommen hat. Es komme viel eher darauf an, ungeliebte Verhaltensweisen Schritt für Schritt im Alltag abzulegen, als sich am Stichtag einen großen Brocken aufzubürden. Weil der so groß ist, sei das Scheitern schon vorprogrammiert, was dann allerdings wieder nur zu überflüssigen Gewissensbissen führe. Besser seien kleine Schritte.

Genau diese Strategie umzusetzen, hat wiederum Rose Roth ins Auge gefasst. „Ich habe mir vorgenommen, etwas gelassener zu werden und mich nicht über jede Kleinigkeit aufzuregen,“ sagte die 63-jährige Rentnerin aus Stuttgart. Diese Haltung wird ihrer Meinung nach durch die zunehmende Abgeklärtheit im Alter möglich. Einen lebendigen Beweis für diese These hat sie selbst gerade erst bei ihrer Tochter erhalten, die ihr erstes Weihnachtsfest in der eigenen Familie ausrichtete. Dabei habe es etwas Stress gegeben, letztlich um unwichtige Dinge.

„Vier Kilo abnehmen.“ Für Werner Conle sind die Ziele klar umrisssen, aber bezüglich der Umsetzung macht sich der 53-jährige Bauingenieur keine Illusionen. Denn wie die Gewichtsreduktion zustande kommen soll, das sei ihm total unklar. „Ich hoffe auf die Krise,“ sagte er mit einem Augenzwinkern. Und einen Vorsatz, von dem er jetzt schon weiß, dass der nicht Realität wird, hat er auch: „Mehr Sport treiben. Joggen oder sowas.“ Ein Hindernis könne sein, dass er in keinem Sportverein ist und sich auch bisher nicht regelmäßig körperlich betätige. Da hilft dann auch der beste Vorsatz nicht oder die frisch geschöpfte Motivation versickert wieder im Alltag.

Das ist jedenfalls die Erkenntnis von Ralf Kühn aus Heilbronn. „Ich bin da mehr Realist geworden, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass das eh nix wird, mit diesen guten Vorsätzen,“ sagte der 39-jährige Projektmanager. Jetzt macht er sich erst gar keine mehr, obwohl weniger Rauchen und die Vermeidung von Alkoholkonsum schon angebracht wären. Ein schlechtes Gewissen wird er sich nicht machen. Das hält ja sowieso lange nicht an, so die Erkenntnis von Tina Bähring. „Im Januar halten wir uns noch zurück, aber spätestens im Februar greifen wir dann wieder unbeschwert zu Schweinebraten und Kohlrouladen,“ sagte die 35-jährige Grafikdesignerin. Das zunehmende Alter zeige zwar schon die ersten Symptome, durchtanzte Nächte seien zum Beispiel gar nicht mehr drin. Da fange man schon an nachzudenken, dass es so nicht weitergehen könne und man etwas Gutes für den eigenen Körper tun müsse. Aber die permanente Verzichtshaltung mache auf Dauer keinen Spaß. Konsequenz: Trotz Einhaltung der guten Vorsätze sein man irgendwie unzufrieden. Ein echtes Dilemma also, in dem sich der von den Nebenwirkungen der Zivilisation geplagte Mensch befindet. „Silvester hat doch was zwanghaftes.“

Das ist denn auch prompt die Meinung von Lara Brändle, einer 19-jährigen Schülerin aus Bad Urach, die mit ihrem Freund  Patrick Fahl in der City weilte, um etwas Großstadtflair zu erleben. Gute Vorsätze haben die beiden sich noch nie gemacht. Das sei doch ein „blödes Ritual“. Wie sie den Jahreswechsel verbringen wollten, war noch unklar. „Wir sind keine Silvesterfans,“ bekannten sie und sind damit gar nicht so allein.

(Artikel für die Stuttgarter Zeitung / Lokalteil)

Gute Vorsätze kommen aus der Mode