Verbunden über das Internet standen sich in einem virtuellen Fußballspiel Profis aus Stuttgart und Karlsruhe live gegenüber
Wenn es am Samstag so läuft wie gestern Abend in der Carl Benz Arena, dann entscheidet der VfB das mit Spannung erwartete Südwestderby gegen den Karlsruher SC klar für sich. Bei der virtuellen Partie hatten die badischen Blauen jedenfalls nicht die Spur einer Chance.
Mehr als 600 VfB-Fans waren am gestrigen Abend begeistert von der Leistung ihrer Mannschaft, auch wenn die in der Mehrzahl aus programmierten Computerschöpfungen bestand. 6:2 stand es am Schluss in der Carl Benz Arena beim Abpfiff des so genannten CyberDerbys, wie der VfB-Hauptsponsor EnBW die von ihm durchgeführte Veranstaltung getauft hatte. Drei Tage vor dem echten Südwestderby gegen den badischen Erzrivalen Karlsruher SC standen sich je vier Profis beider Mannschaften in einem virtuellen Fußballspiel gegenüber. Das Publikum konnte die Auseinandersetzung live auf Großbildleinwänden in beiden Städten verfolgen.
Auf Seiten des VfB hatten Roberto Hilbert, Alexander Farnerud, Andi Beck und Manuel Fischer Platz genommen und die Finger an den Konsolen, beim KSC waren es unter anderem Kapitän Timo Staffelt, Maik Franz und Florian Dick. Ergänzt wurden die Teams mit jeweils einem durch Verlosung ermittelten Fan. Im VfB-Team trat Carsten Leifer aus Gärtringen an, der vor dem Spiel recht nervös war und sich nicht viel Chancen ausrechnete. „Wird bestimmt schwer, gegen die zu spielen, das sind doch alles Profis,“ sagte der 19-Jährige, der sich die Bundesligaspiele ansonsten in seiner Stammkneipe anschaut und nur ab und zu ins Stadion geht.
Angeheizt durch einen Auftritt des Schlagersänger Schwabenkönig, der live seine Fan-Hymne „Ein Stern (der über Stuttgart steht)“ intonierte, feuerten die Fans dann frenetisch ihre auf der Bühne sitzenden Fußballidole an und ließen die Halle erbeben, als die virtuelle Mannschaft in den weißen Trikots und dem roten Brustring gleich zu Beginn in Führung ging. Das Besondere an der recht flüssig und fast lebensnah anzuschauenden Software: Die Programme enthalten tausende detaillierte Profile von den tatsächlichen Mannschaften der laufenden Saison. Daher konnten die Profis selbst ihre elektrischen Doubles mit Daumen und Zeigefinger steuern. Privileg der Profis, während der Amateur eher das Rollenspiel genießt. Der Rest der Mannschaften und der Schiedsrichter werden per Zufallsgenerator hinzugerechnet. Auch der Torwart, worin der schlagfertige Roberto Hilbert kein Problem sah. Es sei bekannt, dass der VfB gute Torhüter habe, da werde schon nichts anbrennen. Alle Spieler sind im übrigen erfahrene „Zocker“, wie sich die Konsolenspieler selbst nennen.
So wie Jungtalent Manuel Fischer, der sich die Langeweile im VfB-Sportinternat eher mit „Daddeln“ als mit einem Buch vertreibt. Wie es sich für einen ehrgeizigen Jungprofi gehört, kommen natürlich keine gewalttätigen Ballerspiele auf den Schirm, sondern es wird mit Programmen wie FIFA 2008 oder Pro Evolution Soccer der Fußballleidenschaft gefrönt. Dabei entstehen Kompetenzen, die Manager Horst Heldt gehörig Respekt abnötigen. Früher hat er sich auch an Videospielen versucht, aber jetzt sei er aus dem Alter raus und könne auch nicht nur annähernd mit seinen Schützlingen mithalten. Was die drauf haben, zeigte der Spielverlauf: Der KSC wurde an die Wand gespielt. Die erste Halbzeit endete mit 1:5 für den VfB und selbst ein technisches Problem zu Beginn der zweiten Halbzeit, das drei VfB-Spielern die Kontrolle über ihren Doppelgänger entzog, konnte am Spielverlauf nichts wesentliches mehr ändern. Besonders Manuel Fischer tat sich positiv als dreimaliger Torschütze hervor, gemäß seiner natürlich nicht ernst gemeinten Aussage „Superargumente“ ihn am Samstag von Beginn an spielen zu lassen. Ob Armin Veh das ähnlich sieht, bleibt abzuwarten, denn das Derby ist „sehr wichtig für uns und für viele das wichtigste Spiel des Jahres“, so Horst Heldt. Durch den gelungenen virtuellen Auftakt dürften die Spieler zumindest psychologisch gestärkt in die Partie gehen.
[Der Artikel ist am 20.Februar 2008 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]