Wenn der Model ein Springerle formt

Im Landesmuseum haben sich am Sonntag die Freunde des Motivgebäcks getroffen

Kekse ausstechen kennt jeder, aber wie kommen die Blumenkränzen oder Lämmchen auf die Weihnachtskekse? Dafür verwendet man Model, eine Technik mit einer langen Tradition. Sammler und Experten kamen am Sonntag zum 7. Modelmarkt ins Landesmuseum.

Es gibt Worte, die verändern ihre Bedeutung, werden überlagert von anderen, verschwinden fast aus der Alltagssprache. „Der Model“ ist so ein Fall. In der Mehrzahl sprich man von „die Modeln“ und wird wie im Deutschen üblich mit langem „O“ betont. Zu tun hat das rein gar nichts mit dem aus dem Englischen entlehnten „model“, diesen jungen Menschen, die die neueste Bekleidung vorführen und die man früher gerne als Mannequin bezeichnete. Die alte Bedeutung erscheint noch in dem Verb „ummodeln“, im Sinne von „etwas umformen“, womit man der gemeinten Sache schon ganz nahe kommt. Denn ein Model ist eine Form aus einem flachen Holzstück, in das figürliche Motive und Ornamente hineingeschnitzt wurden. Verwendet wird der Model zur Verschönerung von Gebäck.

Am Sonntag trafen sich Sammler und Händler zu einer kleinen Messe im Alten Schloss, um unter der Ägide des Landesmuseums Model zu erstehen oder auch eigene begutachten und schätzen zu lassen. Letzteres war die Aufgabe von Leo von Stieglitz, der die volkskundliche Sammlung des Landesmuseums betreut. Vorgelegt wurde ihm zum Beispiel von Ursula Ueberall aus Neuhausen auf den Fildern ein Model mit einem Dutzend filigraner Motive, meist Figuren in bäuerlicher Tracht oder in Ausübung ihres Handwerks. Stieglitz schätzte das Stück auf die Zeit um 1860 und vermutete, dass man dafür einen Preis von 500 bis 1.000 Euro erzielen könne.

Die meisten der derzeit erhältlichen historischen Stücke stammen aus dem 19. Jahrhundert, obwohl die Tradition der „Gebildgebäcke“, wie der Fachmann die mit Formen belegten Backwaren nennt, bereits aus dem Mittelalter bekannt ist. Damals hätten die Klöster zu festlichen Anlässen, die sich aus dem christlichen Feiertagskalender ergaben, ihren weltlichen Herrschaften solcherart verzierten Brote und Lebkuchen überreicht. Deshalb haben auch die meisten Model christliche Motive, aber mit der Verbreitung in die bäuerlichen und bürgerlichen Haushalte in der Frühen Neuzeit, hat eine größere Formenvielfalt Einzug gehalten. Neben der Tier- und Pflanzenwelt gab es dann sogar Wilhelm II als Gebäckverzierung oder gar anzügliche Darstellungen. Deren Symbolwelt erschließt sich dem heutigen Betrachter allerdings nicht ohne weiteres, wie Christa Fischer aus Stuttgart zu berichten weiß, die eine der größten Modelsammlungen in Deutschland besitzt. „Da ist dann ein Mann mit einer Pistole abgebildet oder eine Frau mit einem Schuh,“ sagte sie. Das seien versteckte Hinweise auf Potenz bzw. Hingabe. An ihrem Stand kann man einige Model erstehen, zum Beispiel ein etwa tellergroßes, mit floralen Motiven reichlich verziertes Hochzeitsmotiv aus dem 19. Jahrhundert. Kostenpunkt: 400 Euro. Aber Frau Fischer bietet auch bunt bemalte Positivabzüge von Stücken ihrer Sammlung an, die man als Wandverzierung in die Wohnung hängen kann.

Für die Völkerkundler des Landesmuseum, wie die mit der Organisation des Modelmarktes betraute Dagmar Bayer, bietet dieses Hobby einen reicher Schatz an Informationen über bäuerliche und bürgerliche Lebenswelten vergangener Jahrhunderte. „Es handelt sich  bei den Modeln um eine verdinglichte Zeitgeschichte und es sind daher außerordentlich wichtige Zeugnisse,“ sagte sie. Für viele ist es aber auch einfach nur eine leckere Sache. Denn natürlich werden bis heute in vielen Haushalten vor allem im ländlichen Raum die beliebten „Springerle“ gebacken, eine Art Anis-Weihnachtsplätzchen aus einem Eier-Schaumteig. Woher der Name dafür kommt ist bis heute unklar. Man schwankt, ob es von dem häufigen Vorkommen eines Reiters mit Trompete abgeleitet wurde oder von dem Umstand, dass der Teig nach dem Ausrollen und der Motivverzierung erst einmal gären, „aufspringen“, musste. So manche Worte behalten eben doch ihre Bedeutung.

Viele Infos und Rezepte hier: www.springerle.com

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Wenn der Model ein Springerle formt

2 Gedanken zu „Wenn der Model ein Springerle formt

  1. Helmut Ebert schreibt:

    Ich bin Kanadier. Mein Freund Ken Hamilton aus den USA suchtein Model „Stuttgart Nativity“. Kann er das oder eine Kopie von dem Museum kaufen?
    Danke

    Er ist ein Sammler und verkauft auch Replikate.

    1. Dirk Baranek schreibt:

      Sorry, you got this wrong. The exhibition of the model were using the rooms of this museum. The museum itself has nothing to do with this. I really do not know, where you can afford this model.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert