Twitter: Die Geburt eines neuen Massenmediums

Heute gab es eine Diskussion in unserem beliebten Dienst Twitter über eine Meldung von SPIEGEL ONLINE. Inhalt: Politiker von CDU und SPD haben offensichtlich über die massenmedialen Möglichkeiten von Twitter neu nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine Manipulation der Bundestagswahlen droht. Die Gefahr gehe von den so genannten Exit Polls aus, also den Ergebnissen der Nachwahlbefragungen. Diese werden bereits vor Schließung der Wahllokale an die Parteizentralen weitergegeben. Meist gegen 15 Uhr erfolgt eine Vorabprojektion der erhobenen Ergebnisse. Die Besorgnis der Politiker: Diese Zahlen könnten vorab via Twitter bekannt werden. Damit würde die Wahlentscheidung derjenigen beeinflusst, die bis dato ihre Stimme noch nicht abgegeben hatten.

Diese Überlegung stößt wiederum in Twitterland auf erhebliches Unverständnis. Die Meinungen oszillieren zwischen Hohn, Empörung, bis hin zu den inzwischen üblich geworden und immer dümmlicheren Zensur-Empfehlungen, Twitter doch zu sperren für diesen Tag. (Getretener Quark wird breit, nicht stark!) Ich kann diese Reaktionen nicht ganz nachvollziehen. Denn eigentlich bedeuten die Befürchtungen der Politik doch etwas ganz anderes.

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Twitter: Die Geburt eines neuen Massenmediums

Twitkrittler

Medien brauchen Kritik, wie die Suppe Salz. Ein relativ neues Webmedium ist Twitter. Auch Twitter braucht Kritik. Das versucht seit April 2008 der Blog Twitkrit zu leisten. Bei den Kritikern handelt es sich um in der deutschen Twitterwelt recht bekannte Autoren, die mit wachsendem Lesererfolg veröffentlichte Twitternachrichten rezensieren. Sich vornehmen, durch die Mangel nehmen, spotten und tüchtig tabulos mosern. Ganz mein Metier also. Da die Macherinnen ja auch noch die beliebten Twitterlesungen machen und daher wohl etwas Verstärkung suchten, erst Gastautoren, inzwischen fürs feste Team, bin ich jetzt also auch dabei. Schreibe friedlich vor mich hin, übe mich als Twitkritter und krittele so mit. Die ersten beiden Kritiken gibt es hier und hier.

Twitkritlogo

Twitkrittler

Session auf Politcamp09

Am vergangenen Wochenende fand in Berlin das Politcamp09 stand. Gestaltet im Format eines Barcamps wurde über die Chancen und Grenzen der politischen Kommunikation im Web informiert und diskutiert. Etwa 600 Teilnehmer hatten sich eingefunden, um im Veranstaltungsort Radialsystem die digitale Zukunft der Politik auszuloten.

Angeregt durch die Veranstalter habe ich dort einen Vortrag gehalten bzw. eine Session, wie es dort heißt. Zusammen mit dem Berliner Blogger und Web-2.0-Berater Don Dahlmann ging es um das Thema „Web2.0 und Journalismus“. Keine ganz neue Debatte, die aber in den letzten Wochen immer mal wieder durch die Medien ging. Der Titel des etwa halbstündigen Vortrags lautet denn auch: „Von blöden Bloggern und dummen Journalisten“.

Die etwas einstündige Session wurde per Videostream live ins Internet gesendet und ist hier komplett als Aufzeichnung zu sehen.

Nach dem Ende der Veranstaltung habe ich den Videojournalisten ein Interview zum Thema gegeben, ebenfalls hier als Aufzeichnung (ca. 6 Minuten)

Hier außerdem noch die relativ schlichte Präsentation mit einigen Thesen, die wir erläutert haben

Session auf Politcamp09

Demokratie 2.0: Web mit Fallstricken

Die Politik drängt ins Internet, aber muss hierzulande noch viel lernen und eine neue politische Kultur entwickeln

Die neuen Internetmedien erfahren rasante Zuwächse. Angesichts der bevorstehenden Wahlkämpfe fragen sich die Parteien, wie sie diese Angebote für ihre Zwecke einsetzen können. Obama hat es vorgemacht, aber einfach wird es nicht, wie auf einer Veranstaltung vorgestern klar wurde.

Von Dirk Baranek

Welche Konsequenzen ziehen deutsche Politiker angesichts der in diesem Jahr anstehenden Wahlkämpfe aus den Erfolgen, die der US-Präsident Obama bei seiner Kampagne erzielen konnte? Das sollte eine Veranstaltung unter dem Titel Demokratie 2.0 klären, zu der zwei Stuttgart PR-Agenturen Mittwoch Abend eingeladen hatten. Denn, das machte der Hohenheimer Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneiderin in seinem Vortrag klar, ein wesentlicher Faktor des Wahlkampfs von Obama war der massive Einsatz der neuen Internettechnologien.

Vor allem die als Web 2.0 bezeichneten, auf starken Dialog mit dem einzelnen Wähler ausgerichteten Plattformen trugen wesentlich zu einer optimalen Orchestrierung aller Kommunikationskanäle bei. Es war der richtige Mix aus Themensetzung, der Schaffung suggestiver Bilder und dem Einsatz der richtigen Mittel, die Obama quasi aus dem Nichts in das Weiße Haus brachten. Das Internet sieht Brettschneider dabei eher als zwar wichtigen, aber noch nicht allein entscheidenden Faktor. Zu groß ist nach wie vor die Bedeutung der traditionellen Massenmedien.

Bezogen auf die deutsche Politikerzunft sah der Hohenheimer Professor bisher nur „gut gemeinte Versuche“, aber dies bezog er ausschließlich auf den Anspruch, mit bestimmten Bildern etwas Sympathie für die eigene Person zu erzeugen. Dabei seien viele Fehler gemacht worden, wie zum Beispiel der ewig lächelnde FDP-Chef, der das Image eines Luftikus einfach nicht mehr los werde. „Die Wähler sind eben nicht so dumm, wie manche glauben. Die Frisur alleine ist nicht das entscheidende,“ so Brettschneider.

Ob das Internet, in dem viele Politiker das Wahlkampfinstrument schlechthin sehen, in der Zukunft wirklich entscheidend dazu beiträgt, den Wählern die wichtigen Botschaften beizubringen, blieb an dem Abend unklar. Noch gibt es viele Fallstricke bei der Benutzung dieser neuen Techniken. Schwerer wiegt aber, dass viele Akteure in den Parteien noch nicht wirklich bereit sind, in den offenen Dialog mit den Wählern zu treten und die Einbahnstraßenkommunikation zu verlassen. Denn mit einer einfachen Homepage ist heute nicht getan.

Kommunikation in den sozialen Onlinenetzwerken aber will gelernt sein, wie Bernhard Jodeleit, Kommunikationsberater bei der Agentur Sympra, an Hand des neuen Dienstes Twitter ausführte. Bevor man hier glaubwürdig agieren könne, müsse man erstmal zuhören, wie die Nutzer dort ticken. Das falle noch manchem schwer und viele unterschätzten auch den zeitlichen Aufwand.

Bei der anschließenden Diskussion schilderte auch Daniel Mouratidis, Landesvorsitzender der Grünen, seine Erfahrungen. Bei seinem letzen Wahlkampf in Backnang habe er sich bewusst gegen „Veranstaltungen im Hinterzimmer“ entschieden und stattdessen Diskussionen im Internet angeregt. Mit dem Ergebnis zeigte er sich recht zufrieden und er habe mit Sicherheit mehr Menschen damit erreicht.

[Der Artikel ist in redigierter Fassung am 27. März 2009 im Lokalteil der Stuttgarter Zeitung erschienen.]

Demokratie 2.0: Web mit Fallstricken