Baden-Baden macht Miese. Der städtische Haushalt hängt schief.
Die Einnahmen der Stadt Baden-Baden i.H.v. etwa 300 Mio Euro speisen sich aus der Gewerbesteuer (50-60 Mio), einem Anteil an der Einkommenssteuer der Einwohner*innen (42 Mio) sowie an der Umsatzsteuer (9 Mio), den Grundsteuern auf Immobilien (14 Mio) und einigen kleineren Steuern (4 Mio). Sondersituation in Baden-Baden ist die Tourismusabgabe a.k.a. Kurtaxe (2,3 Mio). Dann hat die Stadt noch Einnahmen aus Eintrittsgeldern, Mieten usw. (40 Mio)
Außerdem gibt es von Bund und Land Zuwendungen von insgesamt 120 Mio, weil die Stadt deren Aufgaben erledigt.
Die Ausgaben belaufen sich geplant auf 306 Mio, was ein Minus von 2 % ergibt. Klingt nicht dramatisch, schränkt aber den Spielraum für Investitionen ein. Außerdem fällt die bisherige Cash-Cow Stadtwerke die nächsten Jahre aus: Es muss viel Geld in die Infrastruktur investiert werden, um die Energiewende umzusetzen.
Die genannten Zahlen sind außerdem Geschichte. Gemäß dem ersten Nachtragshaushalt, der gerade eingebracht wird, ist inzwischen noch einiges mehr im Argen.
Schwer wiegen insbesondere die gesunkenen Erwartungen an die Steuereinnahmen, wie sie im aktuellen Nachtragshaushalt protokolliert werden.
- Gewerbesteuer nur 46 Mio
- Einkomenssteuer nur 39 Mio
- Umsatzsteuer nur 8 Mio
Insgesamt geht der Kämmerer für 2024 jetzt von 14,5 Mio Minus aus.
Da sich Ausgaben von Kommunen auf Grund der vielfältigen und obendrein wachsenden Pflichtaufgaben kaum reduzieren lassen, ja, teilweise weiter steigen, muss auf der Einnahmeseite optimiert werden. Gehen wir einmal realistische Optionen durch.
Gewerbesteuer erhöhen
Die Höhe der Gewerbesteuer wird von den Kommunen selbst festgelegt. Dafür gibt es das Instrument des Hebesatzes. Der beträgt in Baden-Baden 390 %. Damit liegt die Stadt eher im Mittelfeld der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg. Ich frage mich, ob das angesichts der hochwertigen Infrastruktur, die die Stadt vorhält und von der Handel, Tourismus und mittelbar alle Gewerbe profitieren, nicht zu wenig ist. Wenn man die Gewerbesteuer um 5 % erhöht, bringt das 2,5 Mio und der Hebesatz beträgt 410 % – so viel wie in Calw, Konstanz oder Reutlingen. In Karlsruhe beträgt der Hebesatz übrigens 450 %.
Das Argument, eine Erhöhung der Gewerbesteuer würde zu Abwanderung von Unternehmen führen, halte ich nicht für valide.
Die Hebesätze in den Nachbargemeinden betragen
- Bühl 390
- Rastatt 400
- Sinzheim 350
- Gaggenau 380
- Gernsbach 390
So groß ist der Unterschied also nicht. Außerdem kann ein großer Teil der Gewerbe seinen Standort nicht ändern (Hotels, Gaststätten, stationärer Handel usw). Zum anderen sind die Kosten einer solchen Veränderung viel zu hoch.
Kurtaxe erhöhen oder besser: Bettensteuer einführen
1 Mio Übernachtungen pro Jahr erwarten die Touristiker in Baden-Baden, wenns gut läuft, werden es auch noch mehr. Daraus erwachsen der Stadt durchschnittlich Einnahmen von 2,30 € pro Nacht über die Kurtaxe. Die reguläre beträgt aktuell 3,80 €, die verminderte 1,70 €. Wiesbaden nimmt 5 €.
Ich sage: Baden-Baden sollte die ermäßigte Kurtaxe abschaffen und einheitlich auf 5 € erhöhen. Damit würden 5 Mio reinkommen, also fast doppelt so viel wie aktuell.
Wie würde sich eine Bettensteuer darstellen? Berlin verlangt 5 % vom Nettozimmerpreis, abzuführen direkt vom Hotel. Vermögende Reisende zahlen also mehr. Was kostet in BAD ein Hotelzimmer durchschnittlich pro Person pro Nacht? Schwierig. Ich schätze: 80 €. Über eine 5%ige Bettensteuer kämen dann 4 Mio rein. Kommt also irgendwie aufs Gleiche raus wie die neue Kurtaxe. Und ich sag mal so: Kurtaxe klingt irgendwie besser als Bettensteuer.
Allerdings könnte man ernsthaft überlegen, die Kurtaxe abzuschaffen und durch eine Bettensteuer zu ersetzen. Es ist sozial gerechter. Zwei Personen in der Juniorsuite für 200 € die Nacht zahlen dann jeweils 5 € pro Tag, während bei einem einfachen Doppelzimmer für 80 € die Angabe auf 2 Euro pro Tag pro Person rausläuft. Das finde ich charmant.
Zweitwohnungssteuer reformieren
Die Zweitwohnungssteuer bringt aktuell 1,5 Mio pro Jahr. Die ist, das ist ein Teil der Wahrheit, mit gestaffelten 20 – 30 % relativ hoch. Bei einer Jahresnettokaltmiete von 5.000 zahlt man 1.187 € und bei einer von 10.000 € sind 2.937 € fällig.
Vergnügungssteuer um 50 % erhöhen.
Die Vergnügungssteuer bringt aktuell 1,5 Mio. Auch diese könnte erhöht werden, unterliegen ihr doch im Wesentlichen nur Glückspielgeräte und „sexuelle Vergnügungen“ (Bordelle etc). Es handelt sich zumeist um fixe Euro-Beträge, z. B. 120 € pro angefangene 10 Quadratmeter Raum, in dem sexuelle Vergnügungen angebahnt oder ausgelebt werden. Diese Gebührensätze werden seit 2018 erhoben, müssten daher allein schon wegen eines Inflationsausgleichs angepasst werden. Zur Einordnung: Seit 2018 hat sich der Preisindex von 98 auf aktuell 120 erhöht.
Erhöht man die Vergnügungssteuer um 50 % bringt das 0,8 Mio.
Ich fasse zusammen:
- Erhöhung Gewerbesteuer: 2,5 Mio
- Erhöhung Kurtaxe: 2,5 Mio
- Erhöhung Vergnügungssteuer: 0,8 Mio
- Erhöhung Zweiwohnungssteuer: 1 Mio
Vielleicht kann man so 6 – 7 Mio zusammenkratzen; sicher kein Durchbruch, aber ein Anfang.
Baden-Baden steht mit diesen Schwierigkeiten nicht allein. In der Nachbarstadt Gaggenau fehlen 6 Mio in der Kasse. Dort hat man sich zu einer Haushaltsperre entschlossen und schaut sich vor allem die Einnahmen genauer an: Erhöhung städtischer Steuern wird explizit bei Gewerbe- und Grundsteuer nicht ausgeschlossen.
Was übrigens 1 – 2 Mio pro Jahr in die Kasse spülen könnte, wäre die Verpachtung von städtischen Flächen für die Errichtung von Windkraftanlagen.
Außerdem könnte eine Offensive, um mehr gewerbliche Akteure in die Stadt zu locken, längerfristig aus der Malaise helfen. Das betrifft insbesondere die Innenstadt. Baden-Baden sollte mit seinen Pfunden aktiver wuchern.