Klettpassage wieder fit für die nächsten Jahrzehnte

Neues Beleuchtungskonzept betont die Hauptlaufrichtungen und ermöglicht bessere Orientierung. Außerdem kann man jetzt die Arbeiten junger Künstler begutachten.

Die Sanierung der Klettpassage ist abgeschlossen. Mit der Enthüllung von vier neuen Kunstwürfeln wurde gestern die zehnmonatige Bauzeit beendet. Sprinkleranlage, Deckenverkleidung und Beleuchtung wurden erneuert. Eigentümer SSB sieht sich damit für die Zukunft gerüstet. 

200.000 Passanten durchqueren in der Weihnachtszeit jeden Tag die Klettpassage und haben seit gestern einen weiteren guten Grund, den größten Verkehrsknotenpunkt der Stadt zu benutzen. Nach einer Bauphase von zehn Monaten wurde mit einer kleinen Feier die Sanierung offiziell für abgeschlossen erklärt. Außerdem wurden vier Plexiglaswürfel enthüllt, in denen Studenten der Kunstakademie zukünftig ihre Arbeiten der vorbeihastenden Öffentlichkeit präsentieren.

Begonnen hatte alles 2006 mit der Notwendigkeit, die Sprinkleranlage in der 1976 errichteten Verkehrsanlage zu erneuern, weil die Feuerversicherung wegen gefährlicher Mängel protestierte. Da die Sprinkler auch in die Geschäfte reichen, mussten alle 28 Ladenmieter zeitweise ausziehen. In einzelnen Bauabschnitten wurden dann die 9.000 Quadratmeter Deckenverkleidung abgenommen und das Brandschutzsystem ersetzt. Es wurde eine neue Deckenverkleidung angebracht und das Beleuchtungskonzept überarbeitet. Die wichtigsten Laufrichtungen werden nun besser betont. Unmittelbar vor den Geschäften ist die Beleuchtung etwas zurückgenommen, damit deren Schaufenster besser zur Geltung kommen. An den Ausgängen dienen markant grün leuchtende Lichtkästen der besseren Orientierung. „Da wo es grün leuchtet, geht es raus,“ sagt Ulrich Deinhardt, der bei der SSB, dem Eigentümer der Passage, für die Infrastruktur zuständig ist. Zuletzt wurde das Leitsystem mit den Hinweiszeichen auf die vielen Verkehrsmittel, die hier zusammenlaufen, komplett erneuert und grafisch überarbeitet. Insgesamt haben die Maßnahmen 3,2 Millionen Euro gekostet. „Die Passage ist nun fit für die nächsten Jahrzehnte,“ sagte Deinhardt.

Dazu sollen auch vier große Plexiglaswürfel beitragen, die im vorderen Teil in den Treppenaufgängen zu den Stadtbahnsteigen hängen. Darin werden Studenten der Kunstakademie im halbjährlichen Wechsel ihre Arbeiten, zumeist Skulpturen, den Passanten präsentieren. Die Initiative zu diesem „vollkommen ungewöhnlichen Projekt“ wie Lothar Hünnekens, Rektor der Kunstakademie, sagte, ging von den Mietern der Passage aus. Bisher bestimmen Hektik und Eile diesen Ort und das soll nun zumindest ansatzweise aufgehoben werden. Die Geschäftsleute versprechen sich dadurch mehr Aufenthaltsqualität, wollen das aber nicht nur als den Konsum anheizende Maßnahme verstanden wissen, so Manfred Wieser von der Mietervereinigung. Die von einem Kuratorium ausgewählte Kunst wird sich nicht auf Dekoration beschränken, sondern will durchaus provozieren. Ein gewünschter Effekt, um die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen. Das Risiko scheut man nicht. „Es wird nicht nur positive Stimmen geben, aber das werden wir aushalten,“ sagte Wiese.

Apropos Risiko: Die Klett-Passage ist kein Kriminalitätschwerpunkt, wie Andreas Feß, zuständiger Revierleiter der Polizei, am Rande der gestrigen Eröffnung klarstellte. In Anbetracht des hohen Publikumsverkehrs sei die Anzahl und die Art der Delikte absolut im Rahmen für solche Bauwerke. Zwar hielten sich vor allem in der kalten Jahreszeit soziale Randgruppen dort auf, aber deren zuweilen aggressives Auftreten spiele sich fast immer innerhalb der Gruppen selbst ab. „Als Bürger kann man sich auch Nachts in der Klett-Passage absolut sicher fühlen,“ sagte Feß, der dies der permanenten Präsenz der Ordnungshüter durch die Tag und Nacht geöffnete Wache zuschrieb, der einzigen in Stuttgart.

[Der Artikel ist am 1. Dezember 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

Klettpassage wieder fit für die nächsten Jahrzehnte

„Wir sind nicht die Prozesshanseln!“

Mit einem Fest im Landespavillon feierte das Bündnis gegen Stuttgart 21 gestern Abend den Erfolg ihrer Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren.

 Einen Etappensieg haben die Gegner von Stuttgart 21 erreicht, aber das eigentliche Ziel ist nach wie vor in weiter Ferne. Auf einem Fest im Landespavillon rechnete gestern Abend niemand mit der Zustimmung des Gemeinderats zum Bürgerentscheid. Die Aktivisten sind entschlossen, sich juristisch zu wehren. 

Die Gegner von Stuttgart 21 geben kämpferisch und motiviert für neue Aktionen. Zuversichtlich stimmt vor allem die Zahl der gesammelten Unterschriften für das Bürgerbegehren. Mit Nachläufern ist man nun bei 71.000 Stuttgartern angekommen, die sich in die Listen eingetragen haben. „Wir werden durchsetzen, dass das Statistische Amt der Stadt jede einzelne prüft,“ kündigte Werner Wölfle an, Fraktionsvorsitzender der Grünen Gemeinderat. Selbst gibt er gerne zu, dass er an einen solchen Erfolg zu Beginn der Aktion nicht geglaubt hat. „Sie haben bewiesen, dass diese Stadt nicht schläft, sondern lebt,“ rief er den 400 Unterstützern und Sympathisanten zu, die sich gestern Abend im Landespavillon zu einem kleine Fest versammelt hatten. Mit einem Begrüßungssekt, einem kleinen Buffet und musikalischen Einlagen des Frauen-Jazzchores VokalLadies wollte sich das Aktionsbündnis für die Unterstützung bedanken.

Neben der zufriedenen Rückschau auf den „wichtigen Etappensieg“ stand allerdings in den Gesprächen die verzwickte Gegenwart weit eher im Mittelpunkt des Interesses. Inzwischen gehen die Gegner von Stuttgart 21 davon aus, dass es im Gemeinderat am 20. Dezember zu einer Abstimmung über die Durchführung des Bürgerbegehrens kommen wird. Viel Hoffnung macht sich Gangolf Stocker, einer der drei Vertretungsberechtigten des Bürgerentscheids, über das Resultat der Abstimmung nicht. Die werde wohl negativ ausfallen. Um im Vorfeld die öffentliche Meinung zu mobilisieren, hat Stocker inzwischen eine Demonstration mit 5.000 Teilnehmern für den 15. Dezember auf dem Schlossplatz angemeldet. „Es werden aber bestimmt deutlich mehr werden,“ sagte Stocker, der im Falle des Scheiterns im Gemeinderat sogar vor einer „vorrevolutionären Stimmung“ warnte. Was das konkret bedeutet, blieb unklar.

Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Aktivisten als auch der Unterstützer sich zumeist im gereiften Alter befinden, scheinen Aktionen außerhalb der demokratischen Spielregeln allerdings eher unwahrscheinlich. Ganz im Gegenteil beschuldigte Werner Wölfle den Oberbürgermeister und die Ratsmehrheit, Angst vor einer Volksabstimmung über das Bahnhofsprojekt zu haben. „Wir sind lupenreine Demokraten und werden uns dem Ergebnis einer Abstimmung unterwerfen,“ sagte er. Bis dahin scheint es aber noch ein steiniger Weg zu werden, dass war allen Anwesenden klar. Notfalls werde man den juristischen Weg beschreiten müssen, falls der Gemeinderat wegen der rechtlichen Problematik die Abstimmung nicht zulasse, kündigte Stocker an. Man sieht sich bereits als „Prozesshanseln“ in die Querulanten-Ecke gestellt, aber es seien doch die Unterstützer des Großprojektes, die jetzt die juristischen Fallstricke auswerfen, um die den Bürgerentscheid zu verhindern.

Damit werde man sich aber auf gar keinen Fall abfinden und mit Sicherheit den Klageweg beschreiten. Dann würde eben die ganze Zeit das „Damoklesschwert des gerichtlichen Scheiterns“ über dem Bauprojekt schweben. Einstweilige Verfügungen gegen einzelne Maßnahmen würden demnach an der Tagesordnung sein. „Die sollen das angesichts ihres zeitlich eng bemessenen Projektmanagements gut bedenken, auf was sie sich ohne endgültige Klärung durch einen Bürgerentscheid einlassen,“ warnte Gerhard Pfeifer vom Aktionsbündnis.

[Der Artikel ist am 30. November 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

„Wir sind nicht die Prozesshanseln!“

Vaihingen will den Busbahnhof nicht

Bezirksbeirat lehnt die Verlegung des ZOB ab. Dezentrales Konzept gefordert.

Die am Bahnhof Vaihingen geplanten Haltestellen für Fernbusse stoßen im Bezirk auf erhebliche Bedenken. Bei einer Sitzung des Bezirksbeirat am Dienstag wurde die Verlegung des ZOB mit großer Mehrheit abgelehnt.

Der städtische Wirtschaftsförderer Martin Armbruster zeigte sich verärgert. „Die Indiskretion der Presse hat alles schwieriger gemacht. Das hätten wir uns anders gewünscht,“ sagte er bei der Sitzung des Bezirksbeirats Vaihingen am Dienstag Abend. Er spielte damit an auf den StZ-Bericht über die geplante Verlegung des Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) auf ein Grundstück am Bahnhof Vaihingen.

Dass der alte Standort am Hauptbahnhof wegen der Bauarbeiten für Stuttgart 21 bis November 2010 geräumt werden muss, machte Arne Seyboth vom Stadtplanungsamt der Stadt klar. In seinem Vortrag versuchte er dem mit etwa 200 Zuhörern überfüllten Saal in der Alten Kelter die Planung mit harmlos scheinenden Zahlen schmackhaft zu machen. Nur um ein bis zwei Prozent werde die Verkehrsbelastung durch die in Fern-Omnibusbahnhof (FOB) umgetaufte Anlage steigen. Das wurde teilweise mit Hohngelächter quittiert, ist doch die Grenze des Zumutbaren für die Mehrheit der Anwesenden schon jetzt deutlich überschritten. Auch wurde in Zweifel gezogen, dass wirklich nur etwa 40 Fernbusse täglich den Weg von der Autobahn zu dem geplanten Neubau suchen. Seyboth beharrte aber auf seinen durch Befragungen ermittelten Zahlen. Außerdem sei der Standort auf dem langgestreckten Oval zwischen Gleisanlage, Industrie- und Schockenriedstraße ideal.

Seit 1998 habe man insgesamt 17 andere Standorte im Stadtgebiet in Betracht gezogen, aber kein einziger sei nach genauer Prüfung von Verkehrsanbindung oder Flächenverfügbarkeit übriggeblieben. Auf dem Grundstück, dass der Verwerter Aurelis der Deutschen Bahn abgekauft hatte, sollen 16 Bussteige, Serviceeinrichtungen, PKW-Kurzparkplätze sowie ein Gewerbegebäude entstehen. Die Verhandlungen seien bereits weit gediehen und standen kurz davor, zur Entscheidung in die politischen Gremien überwiesen zu werden.

Im Bezirksbeirat war man sich vorgestern über alle parteipolitischen Grenzen hinweg einig, dass man den FOB dort nicht haben möchte. In einem fast einstimmig beschlossenen Antrag der CDU wurde der Gemeinderat aufgefordert, ein dezentrales Konzept für die Abfertigung der Fernbusse zu prüfen.

[Der Artikel ist am 15. November 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

Vaihingen will den Busbahnhof nicht

Der Widerstand formiert sich

Plieninger Bürger befürchten weitere Belastungen durch den angedachten Bau einer zweiten Start- und Landebahn am Flughafen

Bei einer Veranstaltung der Lokalen Agenda Plieningen haben sich gestern Abend 50 Bürger über die Pläne zum Bau einer zweiten Start- und Landebahn informiert. Der erneute drastische Eingriff in die Filderlandschaft stieß auf einhellige Ablehnung.

Wie sehr die Konflikte um die großen Bauprojekte rund um den Flughafen die Menschen auf den Fildern geprägt hat, konnte man gestern Abend bei einer Veranstaltung der Lokalen Agenda Plieningen erleben. Etwa 50 interessierte Bürger waren gekommen, um sich von Steffen Siegel, dem Vorsitzenden der streitbaren Schutzgemeinschaft Filder, über den aktuellen Stand der Pläne für eine zweite Start- und Landebahn des Flughafen informieren zu lassen.

Konkrete Details konnte Siegel zu diesem Thema naturgemäß nicht liefern, ist doch das ganze Projekt eigentlich nicht mehr als eine Idee der Flughafengesellschaft. Im Moment warten alle Beteiligten auf die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie, die zwar schon vorliegen soll, sich aber noch in der Endredaktion befindet. Dieser Umstand löste bei den Anwesenden teilweise höhnisches Gelächter aus. Durch die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte ist das Vertrauen in die Unabhängigkeit von Fachleuten auf dem Nullpunkt. Zu oft entstand der Eindruck, dass deren Ergebnisse gemäß den Zielen der Auftraggeber zurechtgeschnitzt werden. Das könnte auch jetzt wieder geschehen, so die Befürchtung von Siegel.

Zwar habe Ministerpräsident Oettinger eine Art „Obergutachten“ in Aussicht gestellt, das werde aber angesichts der Tatsache, dass die Flughafengesellschaft zu gleichen Teilen der Stadt und dem Land gehöre, bestimmt nicht unabhängig ausfallen. Die für den Bau notwendigen Eingriffe in die Landschaft illustrierte Siegel mit selbst gezeichneten Karten und die offenbarten drastische Perspektiven. Vor allem die nördlich der Autobahn gelegene Variante schiebt sich bedrohlich nahe an die äußeren Viertel von Plieningen heran. Angesichts der auch von Umweltministerin Gönner konstatierten, außerordentlichen hohen Lärmbelastung, wie von der StZ berichtet, hält Siegel diese Lösung für unvorstellbar.

Aber auch am südlichen Rand gebe es erhebliche Probleme. Es müssten gigantische Erdmassen aufgeschüttet werden, um die neue Startbahn an das Niveau des Flughafens anzupassen. „Die wollen dort bestimmt das Material vom Tunnelbau für Stuttgart 21 verwenden,“ rief ein Zuhörer zur allgemeinen Erheiterung. Zudem löse die Süd-Variante die Kapazitätsprobleme im Flugverkehr nur unvollständig, denn gleichzeitige Starts auf den zu nah nebeneinander liegenden Betonpisten seien zumindest für große Flugzeuge unmöglich. Siegel vermutet, die gesamte Diskussion könnte ein taktisches Manöver der Flughafengesellschaft sein, um das eingeschränkte Nachtflugverbot aufzuweichen. Insgesamt zeigte sich der Vorsitzende der laut Selbstauskunft ältesten Bürgerinitiative Deutschlands optimistisch, dass dieses Projekt wegen des Widerstandes der Anwohner nicht umgesetzt wird. „Wir haben Rückhalt wie noch nie,“ sagte er.

Vor allem in den südlich des Flughafens gelegenen Gemeinden gebe es in den politischen Gremien eine parteiübergreifende Ablehnung. Auch die Kreiskonferenz der SPD-Stuttgart hat ihre Fraktion im Gemeinderat aufgefordert, sich gegen das Projekt auszusprechen. Dort wartet man noch auf die Studie. Die Lokale Agenda Plieningen wird ihre Aktivitäten dessen ungeachtet ausweiten. Im November soll in einem größeren Rahmen das Projekt diskutiert werden. Eines wurde bei der Veranstaltung deutlich: Die Bewohner der Filder haben es gründlich satt, erneut die Zeche der wirtschaftlichen Expansion zu zahlen. Die Neue Messe konnte zuletzt zwar nicht verhindert werden, aber resignieren wird man nicht.

[Der Artikel ist am 13. Oktober 2007 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

Der Widerstand formiert sich