Lebendige Dokumente einer kindlichen Parallelwelt

Die Vielfalt der Kinderspielstadt Stutengarten wird in einer Ausstellung im Theodor-Heuss-Haus deutlich

Über 1.000 Kinder waren in diesem Sommer wieder Teilnehmer der Kinderspielstadt Stutengarten. Ausgestattet mit allen Institutionen und Funktionen wurde das Abbild einer modernen Großstadt geschaffen, wie man jetzt in einer lebendigen Ausstellung erfahren kann.

Im Theodor-Heuss-Haus ist seit Sonntag eine Ausstellung zu sehen, mit der man sich einen lebendigen Eindruck von der diesjährigen Kinderspielstadt „Stutengarten“ machen kann. Gezeigt werden die Exponate des Stutengarten-Museums, kurz Stumu genannt. Zusammengetragen wurde die Sammlung von 75 Kindern, die angeleitet und beraten vom Museumsteam des Heuss-Hauses die Aktivitäten auf dem Gelände dokumentierten, die die über 1.000 Kinder in den Sommerferien entfaltet haben. Und das ist wirklich eine ganze Menge, eine veritable Parallel-Welt wird sichtbar. Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch, die die Ausstellung eröffnete, zeigte sich denn auch begeistert von dem Verlauf der Spielstadt. „Das ganze ist kerniger geworden und professioneller,“ sagte sie.

Allein der Blick auf das große Modell der Zeltstadt, dass die kleinen Museumsmacher aus bunt bemaltem Ton angefertigt haben, verdeutlicht die beeindruckenden Dimensionen und Vielfalt. Außerdem wird klar, dass die Kinder zwar gespielt haben, aber doch die mit allen Funktionen und Diensten einer normalen Stadt ausgestatteten Kinderwelt sehr ernsthaft betrieben haben. Die Produkte der Juweliere, Bürstenmacher, Filzer, Seifensieder und Papiermacher sind nur einige Beispiele. Die im Stumu aktiven Kinder haben die Exponate selbst ausgesucht und konnten entscheiden, wie und was der Nachwelt erhalten werden sollte, um einen möglichst komplettes Bild diesen Ferienspaßes zu ermöglichen. Dabei stieß man auch auf Probleme, die jeder Ausstellungsmacher kennt, wie man in der Stutengarten News sehen kann, den täglich erstellten Video-Nachrichten. „Achtung, das Stumu hat zu wenig Besucher. Eintritt nur ein Stuggi!“, sagt die junge Moderatorin, um dann zur Wettervorhersage zu kommen: „Genaues wissen wir nicht, aber morgen soll es grünen Wackelpudding regnen!“

Es ist diese Mischung aus hartnäckiger, möglichst originalgetreuer Imitation der Erwachsenenwelt verbunden mit einem gehörigen Schuss kindlicher Respektlosigkeit, die den Charme der Sache ausmachen. So verspricht der frisch gewählte Bürgermeister in einem Interview mit der täglich erschienen Zeitung die Lösung eines Problems, das seine Wähler offensichtlich umtreibt: „Keine Warteschlangen mehr!“ Ob der junge Volksvertreter das einlösen konnte, ist nicht überliefert. Aber einen Versuch war es sicherlich wert.

Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 28. September 2008, Di-So 10-18 Uhr

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgater Zeitung]

Lebendige Dokumente einer kindlichen Parallelwelt

Graugänse weiden am Eckensee

Die Populationen der Wasservögel an Stuttgarter Gewässern sind einigermaßen stabil. Mit einer regelmäßigen Zählung erfasst der Naturschutzbund die Bestände. Allerdings gibt es immer wieder Schwankungen und neue Arten zu verzeichnen.

Die Welt der Wasservögel an den Stuttgarter Gewässern ist mehr oder weniger in Ordnung. Das ist das Fazit, das Michael Schmolz aus dem Vorstand des Naturschutzbundes Nabu zieht, der gestern wieder auf seinem monatlichen Rundgang war, um am Eckensee und im Schlossgarten die Tiere zu zählen. Zwar gibt es immer wieder gewisse Schwankungen und Veränderungen in den verschiedenen Populationen, aber ganz genau weiß man nicht, worin diese begründet sind.

So hat sich die Zahl der Stockenten seit Mitte der 90er Jahre nahezu halbiert, allerdings eher auf Normalmaß angesichts der sich weiter verknappenden Lebensräume der Vögel. Früher hielten sich bis zu 300 Enten am Eckensee auf, aktuell sind es noch 70. Diese Zahl scheint dem Ort eher angemessen zu sein und die Verringerung erklärt der Diplom-Biologe denn auch mit dem Fütterungsverbot. „Die Tiere kommen in die Stadt aufgrund des Nahrungsangebots und der eisfreien Wasserflächen im Winter,“ sagt er. Insgesamt vierzig Arten kann man beobachten, wovon die Hälfte allerdings nur temporär die Stadt ansteuert, weil sie auf dem Durchflug sind oder je nach Wetterlage aus dem Norden in wärmere Gefilde ziehen. Darunter sind sogar seltene Arten. So lässt sich ein Eisvogel am Schlossgartensee beobachten.

Ein Vergnügen für Frühaufsteher, denn der beste Zeitpunkt ist die Morgendämmerung, wenn noch nicht so viel los ist in den Grünanlagen. Aktuelle Augenweide zu jeder Tageszeit ist eine stattliche Population von Graugänsen. 41 Exemplare zählte Schmolz, die es sich auf der Wiese vor dem Kunstgebäude gemütlich gemacht hatten und frisches Gras zupften. Manchmal sind es sogar noch mehr und dann hält sich etwa ein Drittel des Stuttgarter Bestandes dort auf.

Eigentlich gehören die laut Schmolz recht cleveren Tiere gar nicht in diesen Lebensraum. Aufgetaucht sind sie zum ersten Mal 1981 und wurden vermutlich von Jägern ausgesetzt. Ihre Brutplätze haben sie am Max-Eyth-See, wo aber nur sechs Paar Nachwuchs großzieht. Da die Lebenserwartung bei bis zu fünfzehn Jahren liegt, konnte sich die Population vergrößern. Inzwischen werden die Stuttgarter Graugänse auch schon in Heilbronn und Plochingen gesichtet, gut erkennbar an einem blauen Ring am Bein, den die meisten tragen. Probleme gab es in den letzten Jahren nur mit dem Blesshuhn, dessen Zahl stark abnahm. Die Ursache ist unbekannt. „Es kann auch eine Krankheit sein,“ sagte Schmolz. Oft erholen sich die Bestände wieder.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Graugänse weiden am Eckensee

Die Silberlocken kehren zurück

Auf der Messe Eigentum und Wohnen informierten sich am Wochenende tausende Besucher über aktuelle Bauprojekt und Finanzierungsmöglichkeiten. Fazit der Aussteller: Die Nachfrage nach Wohneigentum ist weiter hoch. Stark im Trend liegen hochwertige City-Wohnungen.

„Wir sind hier die Exoten“, sagte Thomas Brandl, der für die Gemeinde Lichtenwald Baugrundstücke vermarktet. Der Ort mit 2.500 Einwohnern liegt zwischen Schorndorf und Plochingen und bietet im frisch ausgewiesenen Siedlungsgebiet 40 Baugrundstücke für Einfamilienhäuser zu günstigen Konditionen. Trotz Preisen zwischen 220 und 330 Euro der Quadratmeter, einer idyllischen Lage, Grundschule und einer Ganztagesbetreuung für Kleinkinder gestaltet sich die Vermarktung schleppend. Denn seit der Abschaffung der Eigenheimzulage und dem inzwischen scharfen Wettbewerb der Städte um junge Familien kommt selbst eine zwar intakte, wenngleich etwas abseits gelegene Gemeinde ins Hintertreffen.

Das Häuschen im Grünen scheint für viele nicht mehr der Weisheit letzter Schluss zu sein. So auf jeden Fall die Aussagen vieler Aussteller auf der Messe Eigentum und Wohnen, die am Wochenende in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle stattfand. „Das Motto ‚Eine Immobilie im Leben“ gilt nicht mehr,“ sagte zum Beispiel Marcus Ziegler von dem Unternehmen modernbau. Am Messestand wurde für mehrere Objekte im Stuttgarter Stadtgebiet Abnehmer gesucht, unter anderem für ein Objekt mit fünfzehn Eigentumswohnungen in der Räpplinstraße. Über mangelnde Anfragen könne er sich nicht beklagen, denn die Kundschaft ziehe es verstärkt zurück in die City. Das konnte Roland Waidmann von der BW-Bank voll bestätigen. „Die Silberlocken zieht es zurück in die Stadt“, sagte er. Täglich erhalte er mehrere Anfragen von Kunden im gereiften Alter, die nach dem Auszug der Kinder ihre Häuser im Speckgürtel gegen eine attraktive Wohnung in der Innenstadt tauschen wollten. Diese Klientel wisse die kurzen Wege zu schätzen, um Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten und Kultur im nahen Umfeld zu haben. Die Wohnungen dürfen dann auch gerne zwischen 140 und 200 Quadratmeter groß sein und über eine luxuriöse Ausstattung verfügen.

Geld ist meistens kein Problem. Die meisten finanzieren die Anschaffung mit Eigenkapital. Gefragt sind vor allem die Wohnviertel im Westen und Süden. Die Nachfrage übersteigt denn auch schon das Angebot bei weitem. Tipp daher von Waidmann: „Kaufen Sie eine unrenovierte Altbauwohnung in guter Lage und mit Ausblick auf die Stadt.“ Denn für Investionen in die nachfolgende Renovierung gibt es zurzeit viel Geld vom Staat. Darüber informierte die landeseigene L-Bank, die sich als Ansprechpartner für Finanzierungskonzepte und Führer durch den Fördermitteldschungel präsentierte. Zinsgünstige Darlehen für junge Familien können hier ebenso beantragt werden, wie Mittel des Bundes für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Interessant auch ein Programm für noch kinderlose Paare. Wenn innerhalb von sechs Jahren doch noch Nachwuchs kommt, werden bis zu 9.750 Euro vom Darlehen getilgt, pro Kind!

Auch die Stadtverwaltung war mit einem Stand präsent und informierte über günstige Baugrundstücke, sowie über die Möglichkeiten im Rahmen des Familienbauprogramms. Davon profitieren Familien, bei denen es bei der Finanzierung von Wohneigentum hapert. Im besten Falle gibt die Stadt dann einen Zuschuss von 30.000 Euro – bar auf die Hand! Das Interesse der Häuslesbauer nach diesen Mittel ist groß. „Es gibt soviel Anträge wie noch nie,“ sagte Yvonne Bart-Schöning und betonte den sozialen Ansatz des Programms. „Wir wollen die Schichten in Eigentum bringen, die es alleine nicht schaffen.“

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Die Silberlocken kehren zurück

Wenn der Model ein Springerle formt

Im Landesmuseum haben sich am Sonntag die Freunde des Motivgebäcks getroffen

Kekse ausstechen kennt jeder, aber wie kommen die Blumenkränzen oder Lämmchen auf die Weihnachtskekse? Dafür verwendet man Model, eine Technik mit einer langen Tradition. Sammler und Experten kamen am Sonntag zum 7. Modelmarkt ins Landesmuseum.

Es gibt Worte, die verändern ihre Bedeutung, werden überlagert von anderen, verschwinden fast aus der Alltagssprache. „Der Model“ ist so ein Fall. In der Mehrzahl sprich man von „die Modeln“ und wird wie im Deutschen üblich mit langem „O“ betont. Zu tun hat das rein gar nichts mit dem aus dem Englischen entlehnten „model“, diesen jungen Menschen, die die neueste Bekleidung vorführen und die man früher gerne als Mannequin bezeichnete. Die alte Bedeutung erscheint noch in dem Verb „ummodeln“, im Sinne von „etwas umformen“, womit man der gemeinten Sache schon ganz nahe kommt. Denn ein Model ist eine Form aus einem flachen Holzstück, in das figürliche Motive und Ornamente hineingeschnitzt wurden. Verwendet wird der Model zur Verschönerung von Gebäck.

Am Sonntag trafen sich Sammler und Händler zu einer kleinen Messe im Alten Schloss, um unter der Ägide des Landesmuseums Model zu erstehen oder auch eigene begutachten und schätzen zu lassen. Letzteres war die Aufgabe von Leo von Stieglitz, der die volkskundliche Sammlung des Landesmuseums betreut. Vorgelegt wurde ihm zum Beispiel von Ursula Ueberall aus Neuhausen auf den Fildern ein Model mit einem Dutzend filigraner Motive, meist Figuren in bäuerlicher Tracht oder in Ausübung ihres Handwerks. Stieglitz schätzte das Stück auf die Zeit um 1860 und vermutete, dass man dafür einen Preis von 500 bis 1.000 Euro erzielen könne.

Die meisten der derzeit erhältlichen historischen Stücke stammen aus dem 19. Jahrhundert, obwohl die Tradition der „Gebildgebäcke“, wie der Fachmann die mit Formen belegten Backwaren nennt, bereits aus dem Mittelalter bekannt ist. Damals hätten die Klöster zu festlichen Anlässen, die sich aus dem christlichen Feiertagskalender ergaben, ihren weltlichen Herrschaften solcherart verzierten Brote und Lebkuchen überreicht. Deshalb haben auch die meisten Model christliche Motive, aber mit der Verbreitung in die bäuerlichen und bürgerlichen Haushalte in der Frühen Neuzeit, hat eine größere Formenvielfalt Einzug gehalten. Neben der Tier- und Pflanzenwelt gab es dann sogar Wilhelm II als Gebäckverzierung oder gar anzügliche Darstellungen. Deren Symbolwelt erschließt sich dem heutigen Betrachter allerdings nicht ohne weiteres, wie Christa Fischer aus Stuttgart zu berichten weiß, die eine der größten Modelsammlungen in Deutschland besitzt. „Da ist dann ein Mann mit einer Pistole abgebildet oder eine Frau mit einem Schuh,“ sagte sie. Das seien versteckte Hinweise auf Potenz bzw. Hingabe. An ihrem Stand kann man einige Model erstehen, zum Beispiel ein etwa tellergroßes, mit floralen Motiven reichlich verziertes Hochzeitsmotiv aus dem 19. Jahrhundert. Kostenpunkt: 400 Euro. Aber Frau Fischer bietet auch bunt bemalte Positivabzüge von Stücken ihrer Sammlung an, die man als Wandverzierung in die Wohnung hängen kann.

Für die Völkerkundler des Landesmuseum, wie die mit der Organisation des Modelmarktes betraute Dagmar Bayer, bietet dieses Hobby einen reicher Schatz an Informationen über bäuerliche und bürgerliche Lebenswelten vergangener Jahrhunderte. „Es handelt sich  bei den Modeln um eine verdinglichte Zeitgeschichte und es sind daher außerordentlich wichtige Zeugnisse,“ sagte sie. Für viele ist es aber auch einfach nur eine leckere Sache. Denn natürlich werden bis heute in vielen Haushalten vor allem im ländlichen Raum die beliebten „Springerle“ gebacken, eine Art Anis-Weihnachtsplätzchen aus einem Eier-Schaumteig. Woher der Name dafür kommt ist bis heute unklar. Man schwankt, ob es von dem häufigen Vorkommen eines Reiters mit Trompete abgeleitet wurde oder von dem Umstand, dass der Teig nach dem Ausrollen und der Motivverzierung erst einmal gären, „aufspringen“, musste. So manche Worte behalten eben doch ihre Bedeutung.

Viele Infos und Rezepte hier: www.springerle.com

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Wenn der Model ein Springerle formt

Unsinniges Elterntaxi kann nur Notlösung sein

Mit einem Aktionstag zur Verkehrssicherheit für Erstklässler starteten ADAC und Polizei ins neue Schuljahr. Nur zwölf Unfälle in 2008.

Der Schulweg in Stuttgart ist sicher. Mit dieser Erkenntnis möchten Polizei und ADAC die Eltern ermutigen, ihre Kinder von Anfang an allein den Gang in die Schule zuzumuten. Unterstützung erhalten sie durch verkehrserzieherische Maßnahmen, die das richtige Verhalten im Straßenverkehr vermitteln.

Ab kommender Woche sind sie wieder unterwegs, die gelben Kappen. Über 4.000 Kinder werden dann neu eingeschult sein und sich so bemützt auf den täglichen Weg zur ihrer Grundschule machen. Verteilt wurden die nicht zu übersehenden Kopfbedeckungen auch beim Aktionstag „Sicherer Schulweg“, den der ADAC in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Polizei gestern Vormittag auf dem Hof der Filderschule in Degerloch durchführte. Gekommen waren etwa 200 ABC-Schützen mit ihren Eltern, die pädagogisch einfühlsam an das Thema herangeführt wurden.

Dabei kamen allerdings auch kleine Schockeffekte zum Einsatz. So mussten die Kinder zusammen mit den Eltern den Bremsweg eines Autos abschätzen, das mit Tempo 30 eine Vollbremsung auf dem Schulhof hinlegte. Sichtbar gemacht werden sollte die erstaunliche Wirkung der Reaktionszeit, denn beim ersten Mal bremste der Fahrer selbst an der roten Linie, beim zweiten Versuch, bremste er erst, als eine Helferin die gelbe Fahne hob, als er die rote Linie erreichte. Trotz quietschender Reifen kam das Auto nun erst nach fast dreifachen Bremsweg zum Stehen, ein Unterschied, der alt und jung gleichermaßen beeindruckte. „Das hätte ich nicht gedacht“, sagte die Mutter von Carla, die ihrerseits mit großen Augen auf den Asphalt zeigte: „Da sind ja schwarze Streifen,“ sagte sie.

In den nächsten Wochen wird auch Carla sich noch näher mit dem Thema befassen können, denn an den Stuttgarter Schulen werden alle Erstklässler bis spätestens Januar eine Schulung zum korrekten Verhalten im Straßenverkehr bekommen. Zunächst theoretisch und dann praktisch werden die wichtigsten Regeln vermittelt und eingeübt. Dabei stehen die sichere Überquerung der Straße im Vordergrund, denn dabei passieren die meisten Unfälle. „Die Kinder müssen ständig zwischen parkenden Fahrzeugen auf die Straße und werden einfach nicht gesehen,“ sagte Peter Schwarz, Leiter der Verkehrserziehung bei der Stuttgarter Polizei. Deshalb werde den Kinder auch die Regel „Zeig dich!“ vermittelt, wovon die gelbe Kappe nur ein Teil ist. Sich mit dem Arm winkend bemerkbar machen sei eine weitere wirksame Methode. Am Ende der Schulung steht die Ausgabe des Kinderfußgängerscheins, ein in Deutschland einmaliges Papier, so die Polizeisprecher. Und wirksam obendrein.

Die Zahl der Unfälle auf dem Schulweg ist weiter rückläufig. Im ersten Halbjahr 2008 gab es ganze zwölf Vorfälle. Einen tödlichen Unfall hat es schon seit Jahren keinen mehr gegeben. Bei einer Gesamtzahl von etwa 80.000 Bewegungen pro Tag kann der Schulweg in Stuttgart daher wirklich als sicher bezeichnet werden. Ob diese positive Entwicklung allein auf die verkehrserzieherischen Anstrengungen zurückzuführen ist, kann natürlich niemand mit letzter Sicherheit sagen, aber einen postiven Beitrag werden sie leisten. „Die Investition lohnt sich,“ sagte Norbert Walz, ständiger Vertreter des Polizeipräsidenten, nahm aber gleichzeitig die Eltern in die Verantwortung. Diese müssten mit den Kindern den Schulweg einüben und natürlich selbst ein Vorbild im Straßenverkehr sein.

Wichtig sei außerdem, dass die Kinder den Schulweg allein bewältigten. Das erhöhe nicht nur deren Selbstständigkeit, sondern fördere soziale Kompetenzen und die Fähigkeit, sich im öffentlichen Raum zurechtzufinden. Mehrere Studien hätten dies eindeutig belegt. Daher raten die professionellen Verkehrserzieher dringend davon ab, die Kinder ständig mit dem eigenen Auto zur Schule zu transportieren. „Das unsinnige Elterntaxi kann höchstens mal bei schlechtem Wetter eine Notlösung sein,“ sagte Peter Schwarz. Wie Schulleiterin Sabine Nafe berichtete, komme es vor ihrer Schule sogar regelmäßig zu brisanten Szenen, wenn Eltern aus übersteigertem Sicherheitsbedürfnis heraus halb auf dem Bürgersteig kurzparkten, um ihre Sprößlinge aussteigen zu lassen.

Der Polizeisprecher kündigte denn auch für die nächsten Wochen verstärkte Verkehrsüberwachungen vor den Schulen an. Geschwindigkeitsmessungen, Einhalten der Anschnallpflicht und Falschparken werden dann im Fokus der Kontrollen stehen. Die Schulwege selbst werden von einer Schulwegbeauftragten bei der Stadtverwaltung ständig überprüft und eventuelle Veränderungen auf Grund von Baustellen eingearbeitet. Trotzdem sollten die Autofahrer in den nächsten Wochen wieder bremsbereit sein, wenn die gelben Mützen ins Blickfeld geraten. Zu verspielt und zu ahnungslos ob der drohenden Gefahr sind diese Verkehrsteilnehmer und neigen obendrein zu spontanen Reaktionen, was Günter Knopf, Vorsitzender des ADAC Württemberg, so formulierte: „Kinder und alte Leute, Hühner und Gockel sind unberechenbar!“

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Unsinniges Elterntaxi kann nur Notlösung sein