Twitter in Stuttgart (II): Rozana

Für einen Artikel im Stuttgarter Stadtmagazin LIFT habe ich ein paar der bekanntesten Twitternutzer aus der schwäbischen Metropole kurzinterviewt – per E-Mail. Da die Antworten so ausführlich waren und natürlich in dem Artikel zu wenig Platz, gibts die Interviews nach und nach eben online. Der Artikel wird Ende Januar erscheinen, die etwa ein Dutzend Twinterviews gibts nun täglich.

Heute gibt es Antworten von Rozana Vrandecic, die unter ihren Vornamen twittert – rozana – und als Grafikerdesignerin in irgendeinem Stuttgarter Unternehmen die Welt schön macht.

Seit wann twitterst du und wie bist du darauf gekommen?

Hab ich mehr als 140 Zeichen? ;) 
Ich twittere seit grob eineinhalb Jahren. Drauf gekommen bin ich – glaube ich – über die Blogger, die ich regelmäßig über meinen RSS-Feed lese. Ich bin mir da aber nicht ganz sicher, zumal ich Twittern am Anfang irgendwie dämlich fand, meine Neugierde aber  schlussendlich doch noch gewann – tja, seitdem bin ich dabei.

Wer braucht generell Twitter und wer nicht?

In meinen Augen ist Twitter für alle gedacht. Es ist für die sogenannten Web 2.0-Gurus genauso nützlich wie für das „normale Volk“, welches eben nur seine besten Freunde damit erreichen will. Es ist unkompliziert und problemlos – vorausgesetzt, man nutzt das Web. Ich glaube nicht, dass es auf einen „harten Kern“ beschränkt sein sollte.

Was twitterst du? Was auf keinen Fall?

Ich versuche immer, etwas zu twittern, was auch ohne Kontext verständlich ist – nicht jeder Leser weiss schließlich, was im Großen und Ganzen um mich geschieht. Meistens eher einfach Dinge/Aussagen/Kommentare, die ich gedanklich kurz mal rauslassen möchte, sei es von privater oder beruflicher Natur, wie z-B. ein Wutausbruch, etwas Peinliches oder auch Lustiges. Manchmal stelle ich auch Fragen, bekomme dadurch sehr schnell Antworten zurück und auch Links machen so schnell die Runde. Anstößiges oder zu Privates bleibt aber bei mir, dass hat dort nichts zu suchen – und dass ich pinkeln gehe, muss auch keiner wissen.

Was liest du am liebsten? Und was eher nicht?

Am liebsten lese ich lustige, kurze, knackige Wortspiele. Texte, die ich ohne „Vorgschichte“ und auf die Schnelle erfassen kann, darüber schmunzeln und anschließend einfach weiterarbeiten kann. Ich will nichts, was ich über mehrere Tweets verfolgen muss und was ich überhaupt nicht mag, sind Dialoge – da fühle ich mich wie ein heimlicher Zuhörer. Es muss kurz und präzise sein. Und ich will auch nicht lesen, dass jemand anderes pinkeln geht.

 
Hast du schon andere Stuttgarter über Twitter kennengelernt? Manche behaupten ja, es sei ein „Networkingtool“…

Ich bevorzuge es eher zu sagen, dass es den Erhalt des Netzwerkes erleichtert. ich followe lieber Leute, die ich schon kenne und auch vorher schon kannte. Dann hat man den besten Bezug zu den Beiträgen und kann sich mehr darunter vorstellen. Es sei denn, ich finde zufällig jemanden, der (für mich) wirklich interessante Tweets schreibt. Die meisten „erwische“ ich aber zuerst woanders (Blog, Barcamp, pl0gbar, Freundeskreis), dann stellt man schnell fest, dass beide twittern und schon hat man einen neuen Follower. Was dann wiederum zu meinem ersten Satz der Antwort führt ;)

 

Twitter in Stuttgart (II): Rozana

Twitter in Stuttgart (I): frogpond

Für einen Artikel im Stuttgarter Stadtmagazin LIFT habe ich ein paar der bekanntesten Twitternutzer aus der schwäbischen Metropole kurzinterviewt – per E-Mail. Da die Antworten so ausführlich waren und natürlich in dem Artikel zu wenig Platz, gibts die Interviews nach und nach eben online. Der Artikel wird Ende Januar erscheinen, die Twinterviews gibts ab heute täglich.

Beginnen wollen wir mit Martin Koser, einem IT- und Web-Consultant, der unter dem Namen frogpond twittert.

Seit wann twitterst du und wie bist du darauf gekommen?

Seit Oktober 2007 – Markus Angermaier und Oliver Überholz haben am BarCamp München 2007 eine Session zu Twitter gemacht und waren sehr überzeugend.

Das ist in meinen Augen ein wichtiger Punkt: man muss Twitter/Microblogging/-sharing gezeigt bekommen, nur darüber reden reicht meist nicht aus um Leuten den Reiz zu vermitteln. Und auch das reine Zeigen der Funktionalitäten ist nur ein schwaches Argument um „ambient initimacy“ erklären zu können – viel besser funktioniert es bspw. wenn man bei der Demonstration die eigenen Follower bittet, auf eine Frage zu antworten und ein paar das dann auch tun :)

 

Wer braucht generell Twitter und wer nicht?

Schwere Frage – privat braucht man das nicht unbedingt, für die meisten sind ihre üblichen 1:1 Kanäle ausreichend (Handy) bzw. 1:“1 bis ganz wenige Leute in der Peergroup“ (Email, Facebook und co). ich
bin mir also nicht so ganz sicher ob wir jemals eine Massennutzung wie bspw. von Handys haben werden.

Im Unternehmen liegt der Fall etwas anders: unternehmensinternes Microblogging/-sharing kann u.a. für Projektteams (gerade wenn sie räumlich verteilt arbeiten) eine sehr sinnvolle Sache sein. Da erwarte ich breite Akzeptanz, als eines von mehreren Werkzeugen des Wissens-und Informationsmanagements. Ist aber klar, dass ich das so sage – Enterprise2.0 ist ja mein (Beratungs-)Geschäft.

 

Was twitterst du? Was auf keinen Fall?

Sachen die ich auch gerne lesen würde – siehe unten.

Was gar nicht geht ist „belangloses Zeug“ – aber da sind die Grenzen fließend (Freunde fänden es vielleicht auch spannend und informativ dass ich gerade von einem Schnee-Spaziergang zurückkomme etc.) andere aber weniger

Entsprechend tweete ich meist auf Englisch, ich habe viele Follower, die nur Englisch sprechen, die verzeihen vereinzelte deutsche Tweets,umgekehrt können meine deutschen Freunde sehr gut Englisch. Geht IMHO vielen so, auch Deutsche unterhalten sich auf Englisch, weil ja Nicht-Deutsche zuhören könnten …

 

Was liest du am liebsten? Und was eher nicht?

  • persönliche Statusmeldungen von Freunden (aber nicht alle denen ich folge sind wirklich Freunde in dem klassischen Sinne)
  • lakonische und kurze Gedanken
  • Linktipps (weniger die Meldung dass man wieder einen neuen Eintrag geschrieben hat, dafür gäbe es ja RSS, sondern mehr die Entdeckungen in anderen Blogs, sprich Sachen die ich noch nicht abonniert habe)
  • Twitter ist für mich auch ein Entdeckungswerkzeug.

Mittlerweile bin ich ziemlich gut im überlesen von Sachen, die mich nicht interessieren, insofern will ich da niemandem Vorschriften machen was und wieviel er twittert.

Ich selbst habe mir aber einen Zweit-Account (@frogpond_conf) zugelegt den ich bei Konferenzen verwende – ich will normale Follower nicht mit einer Masse an Tweets zuschütten, wen das Thema der Konferenz interessiert kann dann dort zuhören,

 

Hast du schon andere Stuttgarter über Twitter kennengelernt? Manche behaupten ja, es sei ein „Networkingtool“…

So weit würde ich nicht gehen, aber ich höre natürlich auch vielen Leute aus der Region zu, ob ich aber bspw. Matthias Zellmer eher übers Blog folge oder über Twitter – ich weiß nicht. War vielleicht am Anfang so als es noch nicht so viele Twitterer gab, da hatte man schon manchmal das Gefühl Teil eines kleinen sozialenGeek-Netzwerks zu sein …

Twitter in Stuttgart (I): frogpond

Der Schlossplatz wird zum Aktionsraum für Flash-Mob

Am Samstag Abend versetzen Geocaching-Fans mit einer ungewöhnlichen Aktion die Passanten in Erstaunen

Bei Sommerwetter und keiner Wolke weit und breit mit einem aufgespannten Regenschirm fünf Minuten vor dem Königsbau zu verharren – das war die absurde Aufgabe, die sich hiesige Fans des Freizeitsports Geocaching gestellt hatten. Etwa 100 machten mit und lösten bei den Passanten durchweg Heiterkeit aus.

Punkt 19 Uhr gingen die Schirme auf. Etwa 100 in allen Farben und Größen machten am Samstag den Schlossplatz rund um den Pavillon fast zum Ort einer Kunstaktion. Erinnert wurde man ein wenig an das Ehepaar Christo, die bereits einmal eindrucksvoll ganze Landschaften mit tausenden Sonnenschirmen in ein liebliches Ensemble verwandelten. Die Regenschirme in der Stuttgart City wurden allerdings nicht von Künstlern aufgespannt, um ästhetische oder gar politische Botschaften zu kommunizieren, sondern von Mitbürgern, die damit ihrem gemeinsamen Hobby frönten, dem so genannten Geocaching. 

Das basiert auf den Möglichkeiten tragbarer Ortungssysteme. Mit deren Hilfe werden in einer Art Schnitzeljagd tote Briefkästen gesucht, deren geografische Koordinaten im Internet verbreitet werden. Wer eine dieser Boxen findet, trägt sich in ein dort gebunkertes Logbuch ein und hinterlässt einen Gegenstand. Der Reiz dieser Suche resultiert aus dem Umstand, dass diese auf Grund der unscharfen GPS-Systeme manchmal schwierig ist, zu in der Regel außergewöhnlichen Plätzen führt und im Internet protokolliert wird, in diesem Fall bei www.geocaching.com. In dem Angebot sind allein in Baden-Württemberg fast 6.000 Orte verzeichnet, an denen ein Logbuch hinterlegt wurde. Der normale Geocacher wandert also sich ortend durch die Landschaft wie es auch die beiden Wendlinger fast jedes Wochenende tun, die sich in der virtuellen F´Gemeinschaft „border“ und „smallgrisu“ nennen.

Beide sind Anfang 40 und begeisterte Anhänger dieses modernen Freizeitsports. Allein border hat in den letzten fünf Jahren bereits über 3.000 Geocaches aufgesucht. Die als Flashmob-Event im Internet angekündigte Aktion ist allerdings für beide eine absolute Premiere. 

Diese aus den USA stammende Aktionsform – wörtlich „Blitzmenge“ – besteht in einer kurzzeitigen, nur eingeweihten Kreisen bekannten, meist absurden Intervention im öffentlichen Raum. Wie aus dem Nichts versammeln sich Menschen, veranstalten höchstens zehn Minuten lang in der Öffentlichkeit seltsame Dinge und zerstreuen sich dann wieder. Am Samstag Abend bestand die Aufgabe darin, sich unauffällig vor dem Königsbau einzufinden, um 19 Uhr auf Kommando einen Regenschirm aufzuspannen und dann fünf Minuten regungslos zu verharren. „Das hat keine soziale oder künstlerische Botschaft, sondern dient einfach nur dem Spaß in der Gemeinschaft,“ meinte border zu dem Sinn der Aktion. Dem Aufruf waren über 100 Teilnehmer gefolgt, deren Verhalten angesichts des sommerlichen Wetter bei den zahlreichen Passanten auf amüsiertes Unverständnis stieß. Für die feierfreudigen Damen von Andreas Junggesellinnenabschied war es ein willkommener Jux, für das New Yorker Ehepaar Parker, seit kurzem in Stuttgart bei der Army beschäftigt, ein Anlass zum Staunen. So etwa hätten sie noch nie gesehen, meinten sie lächelnd. 

Nach fünf Minuten war alles vorbei, die Schirme schlossen sich wieder. „Das waren die peinlichsten fünf Minuten meines Lebens,“ sagte border danach. Vier Mal sei er von Passanten angesprochen worden und habe sich sogar getraut, deren Fragen mit dem Satz „Es regnet gleich!“ zu beantworten. Seine Mitstreiter versammelten sich anschließend um Organisator Jürgen Räuchle, dem sie ihre Logzettel in einen Einkaufskorb warfen. Diese werden in den nächsten Tagen als Teilnahmebeleg online veröffentlicht. Nach einem letzten Gruppenfoto zogen sich die Geocacher in ein schwäbisches Traditionslokal zurück, um sich bei Bier und Erfrischungsgetränken in aufgeräumter Stimmung über das Erlebte auszutauschen. Denn das war vielleicht der einzige Sinn dieser Aktion: sich durch ein ungewöhnliches Zeichen als Teil einer Gruppe zu definieren, deren Gemeinschaft ansonsten nur im Internet stattfindet.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Der Schlossplatz wird zum Aktionsraum für Flash-Mob

Xing Stuttgart: Das Netzwerk der Reingeschmeckten

Jeder zehnte Stuttgarter ist bereits bei der Internetplattform Xing registriert, um private und berufliche Kontakte zu pflegen.

 Die Möglichkeit, ein eigenes Netzwerk aus persönlichen Kontakten zu erstellen und nutzbar zu machen, ist das Erfolgskonzept des Webservice Xing. Bei den dort anzutreffenden Stuttgarter Gruppen stehen geschäftliche Interessen nicht unbedingt im Vordergrund.

„Die Stuttgarter waren schon immer besonders aktiv,“ sagt Daniela Hinrichs, Pressesprecherin von Xing. Jeder zehnte Einwohner der Landeshauptstadt sei bereits registriertes Mitglied bei der Netzwerkplattform und jeden Tag kommen 50 bis 100 neue hinzu. Sehr beliebt bei Xing sind die Gruppenfunktionen. Registrierte Nutzer können fast zu jedem Thema eine gründen oder den bestehenden 8.000 Gruppen beitreten. Wer sich in die Gruppenliste einträgt, kann an Diskussionen zum jeweiligen Thema teilnehmen. Außerdem werden Rundschreiben per E-Mail an die Mitglieder versendet und Termine organisiert werden. Allein mit Stuttgarter Bezug gibt es über ein Dutzend Gruppen, die sich teilweise regelmäßig zu persönlichen Treffen zusammenfinden.

Die größte nennt sich StuttgartBC, feierte jüngst ihren dritten Geburtstag und hat über 5.000 Mitglieder. Etwa 150 kommen zu den einmal im Monat in der Rosenau stattfindenden Treffen, „hauptsächlich Reingeschmeckte, Schwaben eher weniger“ sagt Michael Schommer, einer der Moderatoren. Wer allerdings annimmt, er könne diese Treffen sofort mit gefüllten Auftragsbüchern verlassen, der irre gewaltig. Zwar werden fleißig Visitenkarten ausgetauscht und die Teilnehmer haben alle Antennen auf Empfang gestellt, aber die Treffen, auf denen sich Neulinge in einem Kurzvortrag vorstellen können, sind eher locker und unverbindlich. Netzwerke wirken eben höchstens langfristig, fast zufällig. Man lernt sich kennen und schätzen und wenn man die Kompetenzen des anderen braucht, wird darauf zurückgegriffen. „Ich habe hier schon Leute kennengelernt, die später zu Kunden wurden,“ sagt Oliver Gassner aus Vaihingen an der Enz, der Unternehmen bei Internetaktivitäten berät. Gassner schätzt besonders die Funktion der dynamischen Adressverwaltung. „Man vergisst manchmal Kontakte. Bei Xing bleibt die erhalten und sind immer aktuell, denn jeder hat ein Interesse, seine Profilinformationen selbst zu pflegen.“ So hat sich Xing zum Tummelplatz von selbstständigen Anbietern unternehmensnaher Dienstleistungen und Freiberuflern entwickelt. Denn mit einer regen Aktivität in den Gruppen kann man sich professionell profilieren und für Entscheider und Personaler interessant machen.

 Eher persönliche Interessen verfolgen die Angestellten, die etwa die andere Hälfte der Mitglieder ausmachen. Bei Emel Özbek, die bei der Daimler AG im Onlinebereich tätig ist, liegt das Interesse klar im privaten Bereich. Vor sechs Jahren ist die in Norddeutschland geborene Diplomkauffrau nach Stuttgart gezogen und ist in der Gruppe „Stuttgart Deutsch-Türkische Community“ aktiv. Die über 1.000 Mitglieder verbindet nicht nur der Wohnort sondern auch das Interesse an der türkischen Kultur. „Wir sind eine Gemeinschaft für die dritte Generation,“ sagt Özbek und meint damit meist bestens ausgebildete und integrierte Mitbürger mit türkischen Wurzeln. Man tauscht sich aus, unterstützt sich gegenseitig und organisiert gemeinsame Unternehmungen meist kultureller Art mit Bezug zur Türkei. Politik wird eher gemieden. „Das polarisiert zu sehr,“ meint Özbek, die von den Möglichkeiten der Plattform schwärmt, unkompliziert Gleichgesinnte zu welchem Thema auch immer zu finden.

 Auch für Tom Eich, Prokurist bei der LBBW, und seine Mitstreiter der Gruppe „Stuttgart Connection“ steht der geschäftliche Nutzen nicht im Vordergrund. Deren über 2.000 Mitglieder haben sich ganz dem sozialen Engagement verschrieben. „Es gibt so viele Leute, die sich gerne mehr gesellschaftlich engagieren möchten, die aber keinen Ansatzpunkt finden. Den versuchen wir zu organisieren und dafür ist Xing einfach perfekt,“ sagt Eich. Um auch rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, befindet sich ein Verein in Gründung, über den Spenden gesammelt werden sollen, für das Olgäle beispielsweise.

 Alles gut also in der schönen neuen Netzwerkwelt? Nicht ganz, denn wie im realen Leben gibt es auch hier Grenzen, Tabus und manchmal Nerverei. Streng untersagt sind plumpe Werbemails und Bettelbriefe sind nicht gern gesehen. Diese Belästigungen halten sich also in Grenzen. Allerdings geht es manchmal in den Foren recht ruppig zur Sache, bis hin zu persönlichen Beleidigungen, ein Phänomen, dass allerdings viele offene Diskussionssysteme im Internet beklagen. Die Offenlegung der teilweise sehr persönlichen Daten ist ebenfalls etwas gewöhnungsbedürftig. Die Tatsache, dass die Daten nur freigeschalteten Mitgliedern zugänglich sind, schützt vor Missbrauch. Negative Erfahrungen hat auch Angelika von Hubatius noch keine gemacht, im Gegenteil, die Trainerin schwört auf Xing, wie viele ihrer Kollegen aus dem Bildungsbereich. Seit zwei Jahren sammelt sie eifrig Kontakte, aktuell sind es 143, und kann nun ihre Seminarangebote gezielt vermarkten. Das Engagement geht aber darüber hinaus. „Ich will beruflich wie privat den Austausch mit netten Menschen pflegen.“ Offenbar findet man die eher im Internet als im urbanen Alltag.

Über das globale Netzwerk Xing

 Über vier Millionen registrierte Mitglieder weltweit hat die Internetplattform Xing, 40 Prozent davon aus Deutschland. 2003 als Open Business Club gegründet ist das Unternehmen mit Sitz in Hamburg eines der größten seiner Art. Mit dem Börsengang 2006 wurde der Name in Xing geändert und die internationalen Aktivitäten ausgeweitet. Inzwischen beschäftigt Xing etwa 120 Mitarbeiter an mehreren Standorten im In- und Ausland. Xing versteht sich als Plattform zum Aufbau eines persönlichen Netzwerks. Damit ist die Pflege von Kontakten zu Bekannten gemeint, die einem privat oder beruflich verbunden sind. Dazu erstellt man nach der kostenlosen Registrierung zunächst sein persönliches Profil. Das besteht aus den Kontaktdaten, einem Foto, dem Lebenslauf und der Nennung dessen, was man sucht und was man anbietet. Durch ausgefeilte Funktionen kann man die Daten anderer Mitglieder durchsuchen und so aktuelle oder potenzielle Geschäftspartner sowie alte und neue Bekannte finden und ansprechen. Die Nutzer sind in der Mehrzahl zwischen 25 und 55 Jahre alt und haben einen akademischem Bíldungshintergrund. Haupteinnahmequelle von Xing ist eine kostenpflichtige Mitgliedschaft, die etwa 10 Prozent der Nutzer abonniert haben. Für monatlich sechs Euro kann man dann besondere Funktionen nutzen.

[Der Artikel ist am 2. Januar 2008 in der STUTTGARTER ZEITUNG erschienen]

Xing Stuttgart: Das Netzwerk der Reingeschmeckten

Her die Kreuzchen: Wahlkampf im Internet

Am 26. März wird in Baden-Württemberg gewählt. Kaum ein Kandidat kommt heutzutage noch ohne Homepage im Internet aus. Neue Technik hilft dabei, mit wenigen Handgriffen die Auftritte der Kandidaten den jeweils passenden Kampagnen der Parteien anzupassen.

 Schwarz-grüne Technik-Koalition: TYPO 3

Was die Technik betrifft, gibt es im Internet bereits eine schwarz-grüne Koalition: CDU und Grüne setzen auf das gleiche System, um die Inhalte auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und zu aktualisieren. Es handelt sich dabei pikanterweise um TYPO3, eine lizenzfreie und damit sehr preisgünstige Anwendung, die es erlaubt, ohne Programmierkenntnisse komplexe Webseiten zu steuern. Normalerweise kosten solche Systeme, die von einer Reihe mittelständischer Unternehmen angeboten werden, eine Menge Geld. TYPO3 hingegen ist gratis, weil es von einer internationalen Heerschar Freiwilliger programmiert wird, die die Ergebnisse ihrer Arbeit im Rahmen einer Open-Source-Lizenz jedem zur Verfügung stellen.

Die CDU garantiert E-Mail-Feedback

Damit verwirklichen sie nicht gerade ein konservatives Wirtschaftsprogramm, was aber Florian C. Weller, Internetbeauftragter beim Landesvorstand der CDU Baden-Württemberg, nicht anficht. Er freut sich über die professionellen Möglichkeiten des komfortablem Systems und die niedrigen Kosten. Die drücken in Wahlkampfzeiten an allen Ecken und Enden. Zum Opfer fielen dem notorisch knappen Budget schon interaktive Möglichkeiten wie Online-Foren oder Weblogs, in denen die Nutzer öffentlich lesbare Diskussionen führen oder Kommentare hinterlassen können. „Wir haben einfach nicht genug Leute, um die vielen Einträge zu kontrollieren und bei Bedarf moderierend einzugreifen,“ bedauert Weller. Immerhin garantiert er, dass jede Anfrage, die Interessierte per E-Mail an die CDU-Zentrale schicken, innerhalb von 48 Stunden beantwortet wird. Selbst das erfordert bereits die Unterstützung externer Dienstleister, denn es kommen pro Tag dutzende Mails.

Kampagne verknüpft Großplakat und Internet

Zum Wahlkampf hat die CDU-Landeszentrale neue Webseiten für die Partei (www.cdu-bw.de) und den Spitzenkandidaten installiert. Die einzelnen Kandidaten erhalten zwar ein zentrales Angebot auf Unterstützung, aber die meisten organisieren die eigene Homepage, ohne die heute kein Kandidat mehr auskommt, mit ihren jeweiligen Unterstützer-Teams. Die so entstandenen Webseiten sehen denn auch recht unterschiedlich aus – und sind alle ein bisschen Orange, der neuen Parteifarbe. Weller hat damit kein Problem, wenn die von der Bundespartei vorgegebenen Gestaltungsrichtlinien nur bruchstückhaft umgesetzt werden. „Die CDU ist eine lebendige Volkspartei mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten. Wir sind kein Unternehmen, das komplett stromlinienförmig gestaltet ist. Die Internetseiten sollen die Persönlichkeit des Kandidaten wiederspiegeln, das ist das Wichtigste.“ Zentral gesteuert wird die CDU in der heißen Phase der Kampagne mit einer Verbindung von Großplakat und Internet aufwarten. Unter www.darumcdu.de werden Plakatmotive aufgenommen und Themen vertieft. Ob die CDU mit bezahlter Online-Werbung die Kampagne unterstützen wird, will Weller nicht verraten, betont aber zugleich die wichtige Rolle von nur intern zugänglichen Info-Portalen für die Komunikation mit den vielen Wahlkampfhelfern.

SPD setzt auf zentrale Plattform

Das ist auch für Andreas Reißig, Pressesprecher der SPD Baden Württemberg, ein wesentlicher Punkt bei der Nutzung der neuen Medien im Wahlkampf. Allerdings geht die SPD bei den zentralen Dienstleistungen noch wesentlich weiter. „Unsere Internetstrategie beinhaltet die Bereitstellung einer zentralen Plattform für alle Kandidaten und Partei-Gliederungen. Das gesamte System ist darauf angelegt, Kampagnen zu unterstützen.“ Jeder Kandidat kann mit einer relativ unkomplizierten Computeranwendung eigene Inhalte veröffentlichen und seine persönliche Homepage im SPD-Look aktuell halten. Es können wie bei einem Textverarbeitungsprogramm Bilder integriert, Nachrichten-Feeds von SPD-Redaktionen eingespeist, Terminlisten angefertigt und Downloads bereit gestellt werden.

Kampagne auf Knopfdruck

Reißig, der mit dem System seine eigene Website unter www.andreas-reissig.de betreibt, zeigt sich begeistert: „Jemand aus meinem Team hat eine zweistündige Schulung gemacht und innerhalb von drei Tagen hatten wir ein attraktives Angebot. Und das beste ist: Mit einem Knopfdruck kann das Erscheinungsbild komplett geändert und an die jeweilige Kampagne angepasst werden.“ Durch die Trennung der Inhalte von der Gestaltung bei Schriften und grafischen Elementen ist es möglich, im System neue, Templates genannte Vorlagen bereit zu stellen, aus denen der Anwender auswählen kann. Ein Klick und die gesamte Website sieht völlig anders aus. Der Kostenvorteil ist immens, vor allem für die Kandidaten, die mit 50 € im Jahr dabei sind. Gewisse Einschränkungen können da in Kauf genommen werden, denn eine bestimmte Fläche jeder individuellen Kandidatenseite ist für den Landesverband reserviert, der dort eine bunte Linksammlung auf die zentralen Angebote der Landes-SPD präsentiert. Der Wahlkampf auf Knopfdruck hat seine eigenen Gesetze.

[Der Artikel wurde am 1. März 2006 in der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht.]

Her die Kreuzchen: Wahlkampf im Internet