Besuch vom Restaurant-Tester

Der Dringshof in Müllenbach (Eifel) war Thema bei der RTL-Doku-Soap mit Sternekoch Christian Rach

In diesen Wochen feiert ein TV-Format Quotenrekorde, dessen Thema nicht unbedingt als besonders massentauglich erscheint. Die Rede ist von der Sendereihe „Rach, der Restauranttester“, die jeweils montags sechs Millionen Zuschauer vor dem Bildschirm versammelt. Das beim Sender RTL unter der Rubrik „Real Life“ einsortierte Format zeigt, wie der Hamburger Sternekoch Christian Rach innerhalb einer Woche versucht, kriselnden Restaurants konzeptionell auf die Beine zu helfen. Speisenangebot, Ambiente oder die Mitarbeiterführung steht dabei ebenso auf der Agenda wie Marketing, Kalkulation und Küchenhygiene.

In der vierten Folge der aktuellen Staffel konnte man am letzten Montag (22.09.2008) verfolgen, wie Christian Rach im Restaurant Dringshof in dem Eifeldorf Müllenbach Station machte. Inhaber sind Marianne und Hans-Henning Dulk, die sich im November 2007 bei der Produktionsfirma gemeldet hatten. Ihre Motivation gründete sich auf dem zu erwartenden Marketingeffekt. Denn das Ehepaar Dulk war mit der Auslastung ihres 2006 eröffneten Restaurants ganz und gar nicht zufrieden. Ursprünglich hatten sie sich mehr erwartet von ihrem Konzept einer etwas anspruchsvolleren Gastronomie. Die Gegend kennen sie bestens, obwohl sie zuvor dreißig Jahre lang eine gut gehende Tierarztpraxis in der Düsseldorfer City betrieben haben. „Wir hatten einfach die Nase voll vom Schick-Micki,“ sagt Hans-Henning Dulk zu der Entscheidung, die Praxis zu verkaufen und sich ganz in die Eifel zurückzuziehen, wo das Ehepaar schon seit vielen Jahren ein Ferienhaus besitzt. Eine halbe Million Euro haben sie in den Neubau investiert, in den auch ein abgebrochenes Fachwerkhaus aus der Region eingefügt wurde. Das Haus liegt zwar in einem 500-Einwohner-Dorf, aber eine stark befahrene Bundesstraße führt direkt vorbei und der Nürburgring ist nur eineinhalb Kilometer entfernt. Ganz gute Bedingungen eigentlich für die zwei Quereinsteiger, die aber schon immer intensiven Kontakt mit der Branche hatten. Außerdem stimmt die Basis: „Wir waren dreißig Jahre hart arbeitende Dienstleister. Unternehmerisches Denken ist auf jeden Fall vorhanden.“ Auf Grund einer Marktanalyse in der Region wollten sie mehr bieten als die landläufige Schnitzel-und-Pommes-Küche und holten sich eine ambitionierte junge Köchin ins Haus. Beim Ambiente wurden entsprechende Akzente durch hochwertige Textilien gesetzt. Der Erfolg wollte sich allerdings nicht einstellen. Nur am Wochenende war die Frequenz besser, wenn die Kurzurlauber aus den rheinischen Großstädten sich in die abgeschiedene Gegend verirrten. 

Nach Vorgesprächen rückte Christian Rach im März 2008 mit seinem vierköpfigen Team an. In den folgenden fünf Tagen wurde dann auf Empfehlung des Restaurant-Testers das Konzept geändert hin zu einer eher bodenständigen Küche. Auch an der Dekoration wurde gefeilt, um das Lokal in Richtung „Landhausküche“ zu positionieren. Die Dulks sind im Nachhinein schon zufrieden mit den Ratschlägen des Hamburger Profis. „Die Idee, die Außenwerbung mit Strohballen aufzuwerten, hat uns schon neue Gäste gebracht,“ kann Dulk feststellen. Die Eifelaner sind nicht zu regelmäßigen Besuchern geworden und nach der Ausstrahlung der Sendung befürchten die Dulks hier eher gegeteilige Effekte. Denn die eigentlich realistische Einschätzung über die traditionsverbundenen Einheimischen kam auf dem Schirm doch eher wie ein übles Ressentiment rüber. „Damit hat Rach uns einen Bärendienst erwiesen, wobei er uns doch geraten hatte, mehr auf diese Gäste zuzugehen, anstatt auf die Klientel am nahen Nürburgring zu setzen.“ Besonders die Lokalpresse hat sich bisher auffallend zurückgehalten. Der erwünschte Marketingeffekt ist also zumindest vor Ort ausgeblieben. Vielleicht zieht es aber doch diesen oder jeden Fan der Sendung einmal in die Eifel, um am Originalschauplatz einzukehren. Auf eines sind die Hans-Henning Dulk allerdings schon stolz: „Die sonst in der Sendung übliche Reinigungsaktion war bei uns nicht nötig. Als Tierarzt muss mir keiner erklären, wie wichtig Hygiene ist.“ Die Karte haben sie inzwischen wieder erweitert, denn nach der Umstellung war das zuvor aufgebaute Stammpublikum leicht enttäuscht. Das Problem haben sie durch eine wechselnde Zusatzkarte mit dem Titel „Die Köchin empfiehlt“ gelöst. 

Letztendlich sehen die Dulks Nach- wie Vorteile in der ganzen Aktion. Auf der Haben-Seite stehen die teilweise guten Anregungen von Christian Rach und natürlich die Dreharbeiten selbst, bei denen sich der Sternekoch als Herr der Lage erwies. Bei der Produktion scheint Rach wirklich die Hosen anzuhaben, bestimmt jedes Bild und jede Szene und lässt sich nicht zum Spielball eines Redakteurs oder Aufnahmeleiters machen. Nicht so toll fanden die Dulks das stete Bemühen des Drehteams, große Emotionen zu schüren. Er selbst habe sich mehrfach beim Dreh auf die Zunge gebissen und auch seine Mitarbeiterin gewarnt. Die habe sich allerdings an einer Stelle in Rage geredet, was dann natürlich auch prompt gesendet wurde. Richtig sauer sind die Dulks allerdings wegen der herausgestrichenen Anti-Eifel-Stimmung. Mit einem gewissen Abstand werde man sich noch mal ordentlich beschweren, kündigte Herr Dulk an.

 

[Artikel für die AHGZ]

Besuch vom Restaurant-Tester

Lebendige Dokumente einer kindlichen Parallelwelt

Die Vielfalt der Kinderspielstadt Stutengarten wird in einer Ausstellung im Theodor-Heuss-Haus deutlich

Über 1.000 Kinder waren in diesem Sommer wieder Teilnehmer der Kinderspielstadt Stutengarten. Ausgestattet mit allen Institutionen und Funktionen wurde das Abbild einer modernen Großstadt geschaffen, wie man jetzt in einer lebendigen Ausstellung erfahren kann.

Im Theodor-Heuss-Haus ist seit Sonntag eine Ausstellung zu sehen, mit der man sich einen lebendigen Eindruck von der diesjährigen Kinderspielstadt „Stutengarten“ machen kann. Gezeigt werden die Exponate des Stutengarten-Museums, kurz Stumu genannt. Zusammengetragen wurde die Sammlung von 75 Kindern, die angeleitet und beraten vom Museumsteam des Heuss-Hauses die Aktivitäten auf dem Gelände dokumentierten, die die über 1.000 Kinder in den Sommerferien entfaltet haben. Und das ist wirklich eine ganze Menge, eine veritable Parallel-Welt wird sichtbar. Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch, die die Ausstellung eröffnete, zeigte sich denn auch begeistert von dem Verlauf der Spielstadt. „Das ganze ist kerniger geworden und professioneller,“ sagte sie.

Allein der Blick auf das große Modell der Zeltstadt, dass die kleinen Museumsmacher aus bunt bemaltem Ton angefertigt haben, verdeutlicht die beeindruckenden Dimensionen und Vielfalt. Außerdem wird klar, dass die Kinder zwar gespielt haben, aber doch die mit allen Funktionen und Diensten einer normalen Stadt ausgestatteten Kinderwelt sehr ernsthaft betrieben haben. Die Produkte der Juweliere, Bürstenmacher, Filzer, Seifensieder und Papiermacher sind nur einige Beispiele. Die im Stumu aktiven Kinder haben die Exponate selbst ausgesucht und konnten entscheiden, wie und was der Nachwelt erhalten werden sollte, um einen möglichst komplettes Bild diesen Ferienspaßes zu ermöglichen. Dabei stieß man auch auf Probleme, die jeder Ausstellungsmacher kennt, wie man in der Stutengarten News sehen kann, den täglich erstellten Video-Nachrichten. „Achtung, das Stumu hat zu wenig Besucher. Eintritt nur ein Stuggi!“, sagt die junge Moderatorin, um dann zur Wettervorhersage zu kommen: „Genaues wissen wir nicht, aber morgen soll es grünen Wackelpudding regnen!“

Es ist diese Mischung aus hartnäckiger, möglichst originalgetreuer Imitation der Erwachsenenwelt verbunden mit einem gehörigen Schuss kindlicher Respektlosigkeit, die den Charme der Sache ausmachen. So verspricht der frisch gewählte Bürgermeister in einem Interview mit der täglich erschienen Zeitung die Lösung eines Problems, das seine Wähler offensichtlich umtreibt: „Keine Warteschlangen mehr!“ Ob der junge Volksvertreter das einlösen konnte, ist nicht überliefert. Aber einen Versuch war es sicherlich wert.

Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 28. September 2008, Di-So 10-18 Uhr

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgater Zeitung]

Lebendige Dokumente einer kindlichen Parallelwelt

Graugänse weiden am Eckensee

Die Populationen der Wasservögel an Stuttgarter Gewässern sind einigermaßen stabil. Mit einer regelmäßigen Zählung erfasst der Naturschutzbund die Bestände. Allerdings gibt es immer wieder Schwankungen und neue Arten zu verzeichnen.

Die Welt der Wasservögel an den Stuttgarter Gewässern ist mehr oder weniger in Ordnung. Das ist das Fazit, das Michael Schmolz aus dem Vorstand des Naturschutzbundes Nabu zieht, der gestern wieder auf seinem monatlichen Rundgang war, um am Eckensee und im Schlossgarten die Tiere zu zählen. Zwar gibt es immer wieder gewisse Schwankungen und Veränderungen in den verschiedenen Populationen, aber ganz genau weiß man nicht, worin diese begründet sind.

So hat sich die Zahl der Stockenten seit Mitte der 90er Jahre nahezu halbiert, allerdings eher auf Normalmaß angesichts der sich weiter verknappenden Lebensräume der Vögel. Früher hielten sich bis zu 300 Enten am Eckensee auf, aktuell sind es noch 70. Diese Zahl scheint dem Ort eher angemessen zu sein und die Verringerung erklärt der Diplom-Biologe denn auch mit dem Fütterungsverbot. „Die Tiere kommen in die Stadt aufgrund des Nahrungsangebots und der eisfreien Wasserflächen im Winter,“ sagt er. Insgesamt vierzig Arten kann man beobachten, wovon die Hälfte allerdings nur temporär die Stadt ansteuert, weil sie auf dem Durchflug sind oder je nach Wetterlage aus dem Norden in wärmere Gefilde ziehen. Darunter sind sogar seltene Arten. So lässt sich ein Eisvogel am Schlossgartensee beobachten.

Ein Vergnügen für Frühaufsteher, denn der beste Zeitpunkt ist die Morgendämmerung, wenn noch nicht so viel los ist in den Grünanlagen. Aktuelle Augenweide zu jeder Tageszeit ist eine stattliche Population von Graugänsen. 41 Exemplare zählte Schmolz, die es sich auf der Wiese vor dem Kunstgebäude gemütlich gemacht hatten und frisches Gras zupften. Manchmal sind es sogar noch mehr und dann hält sich etwa ein Drittel des Stuttgarter Bestandes dort auf.

Eigentlich gehören die laut Schmolz recht cleveren Tiere gar nicht in diesen Lebensraum. Aufgetaucht sind sie zum ersten Mal 1981 und wurden vermutlich von Jägern ausgesetzt. Ihre Brutplätze haben sie am Max-Eyth-See, wo aber nur sechs Paar Nachwuchs großzieht. Da die Lebenserwartung bei bis zu fünfzehn Jahren liegt, konnte sich die Population vergrößern. Inzwischen werden die Stuttgarter Graugänse auch schon in Heilbronn und Plochingen gesichtet, gut erkennbar an einem blauen Ring am Bein, den die meisten tragen. Probleme gab es in den letzten Jahren nur mit dem Blesshuhn, dessen Zahl stark abnahm. Die Ursache ist unbekannt. „Es kann auch eine Krankheit sein,“ sagte Schmolz. Oft erholen sich die Bestände wieder.

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Graugänse weiden am Eckensee

Die Silberlocken kehren zurück

Auf der Messe Eigentum und Wohnen informierten sich am Wochenende tausende Besucher über aktuelle Bauprojekt und Finanzierungsmöglichkeiten. Fazit der Aussteller: Die Nachfrage nach Wohneigentum ist weiter hoch. Stark im Trend liegen hochwertige City-Wohnungen.

„Wir sind hier die Exoten“, sagte Thomas Brandl, der für die Gemeinde Lichtenwald Baugrundstücke vermarktet. Der Ort mit 2.500 Einwohnern liegt zwischen Schorndorf und Plochingen und bietet im frisch ausgewiesenen Siedlungsgebiet 40 Baugrundstücke für Einfamilienhäuser zu günstigen Konditionen. Trotz Preisen zwischen 220 und 330 Euro der Quadratmeter, einer idyllischen Lage, Grundschule und einer Ganztagesbetreuung für Kleinkinder gestaltet sich die Vermarktung schleppend. Denn seit der Abschaffung der Eigenheimzulage und dem inzwischen scharfen Wettbewerb der Städte um junge Familien kommt selbst eine zwar intakte, wenngleich etwas abseits gelegene Gemeinde ins Hintertreffen.

Das Häuschen im Grünen scheint für viele nicht mehr der Weisheit letzter Schluss zu sein. So auf jeden Fall die Aussagen vieler Aussteller auf der Messe Eigentum und Wohnen, die am Wochenende in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle stattfand. „Das Motto ‚Eine Immobilie im Leben“ gilt nicht mehr,“ sagte zum Beispiel Marcus Ziegler von dem Unternehmen modernbau. Am Messestand wurde für mehrere Objekte im Stuttgarter Stadtgebiet Abnehmer gesucht, unter anderem für ein Objekt mit fünfzehn Eigentumswohnungen in der Räpplinstraße. Über mangelnde Anfragen könne er sich nicht beklagen, denn die Kundschaft ziehe es verstärkt zurück in die City. Das konnte Roland Waidmann von der BW-Bank voll bestätigen. „Die Silberlocken zieht es zurück in die Stadt“, sagte er. Täglich erhalte er mehrere Anfragen von Kunden im gereiften Alter, die nach dem Auszug der Kinder ihre Häuser im Speckgürtel gegen eine attraktive Wohnung in der Innenstadt tauschen wollten. Diese Klientel wisse die kurzen Wege zu schätzen, um Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten und Kultur im nahen Umfeld zu haben. Die Wohnungen dürfen dann auch gerne zwischen 140 und 200 Quadratmeter groß sein und über eine luxuriöse Ausstattung verfügen.

Geld ist meistens kein Problem. Die meisten finanzieren die Anschaffung mit Eigenkapital. Gefragt sind vor allem die Wohnviertel im Westen und Süden. Die Nachfrage übersteigt denn auch schon das Angebot bei weitem. Tipp daher von Waidmann: „Kaufen Sie eine unrenovierte Altbauwohnung in guter Lage und mit Ausblick auf die Stadt.“ Denn für Investionen in die nachfolgende Renovierung gibt es zurzeit viel Geld vom Staat. Darüber informierte die landeseigene L-Bank, die sich als Ansprechpartner für Finanzierungskonzepte und Führer durch den Fördermitteldschungel präsentierte. Zinsgünstige Darlehen für junge Familien können hier ebenso beantragt werden, wie Mittel des Bundes für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Interessant auch ein Programm für noch kinderlose Paare. Wenn innerhalb von sechs Jahren doch noch Nachwuchs kommt, werden bis zu 9.750 Euro vom Darlehen getilgt, pro Kind!

Auch die Stadtverwaltung war mit einem Stand präsent und informierte über günstige Baugrundstücke, sowie über die Möglichkeiten im Rahmen des Familienbauprogramms. Davon profitieren Familien, bei denen es bei der Finanzierung von Wohneigentum hapert. Im besten Falle gibt die Stadt dann einen Zuschuss von 30.000 Euro – bar auf die Hand! Das Interesse der Häuslesbauer nach diesen Mittel ist groß. „Es gibt soviel Anträge wie noch nie,“ sagte Yvonne Bart-Schöning und betonte den sozialen Ansatz des Programms. „Wir wollen die Schichten in Eigentum bringen, die es alleine nicht schaffen.“

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Die Silberlocken kehren zurück

Wenn der Model ein Springerle formt

Im Landesmuseum haben sich am Sonntag die Freunde des Motivgebäcks getroffen

Kekse ausstechen kennt jeder, aber wie kommen die Blumenkränzen oder Lämmchen auf die Weihnachtskekse? Dafür verwendet man Model, eine Technik mit einer langen Tradition. Sammler und Experten kamen am Sonntag zum 7. Modelmarkt ins Landesmuseum.

Es gibt Worte, die verändern ihre Bedeutung, werden überlagert von anderen, verschwinden fast aus der Alltagssprache. „Der Model“ ist so ein Fall. In der Mehrzahl sprich man von „die Modeln“ und wird wie im Deutschen üblich mit langem „O“ betont. Zu tun hat das rein gar nichts mit dem aus dem Englischen entlehnten „model“, diesen jungen Menschen, die die neueste Bekleidung vorführen und die man früher gerne als Mannequin bezeichnete. Die alte Bedeutung erscheint noch in dem Verb „ummodeln“, im Sinne von „etwas umformen“, womit man der gemeinten Sache schon ganz nahe kommt. Denn ein Model ist eine Form aus einem flachen Holzstück, in das figürliche Motive und Ornamente hineingeschnitzt wurden. Verwendet wird der Model zur Verschönerung von Gebäck.

Am Sonntag trafen sich Sammler und Händler zu einer kleinen Messe im Alten Schloss, um unter der Ägide des Landesmuseums Model zu erstehen oder auch eigene begutachten und schätzen zu lassen. Letzteres war die Aufgabe von Leo von Stieglitz, der die volkskundliche Sammlung des Landesmuseums betreut. Vorgelegt wurde ihm zum Beispiel von Ursula Ueberall aus Neuhausen auf den Fildern ein Model mit einem Dutzend filigraner Motive, meist Figuren in bäuerlicher Tracht oder in Ausübung ihres Handwerks. Stieglitz schätzte das Stück auf die Zeit um 1860 und vermutete, dass man dafür einen Preis von 500 bis 1.000 Euro erzielen könne.

Die meisten der derzeit erhältlichen historischen Stücke stammen aus dem 19. Jahrhundert, obwohl die Tradition der „Gebildgebäcke“, wie der Fachmann die mit Formen belegten Backwaren nennt, bereits aus dem Mittelalter bekannt ist. Damals hätten die Klöster zu festlichen Anlässen, die sich aus dem christlichen Feiertagskalender ergaben, ihren weltlichen Herrschaften solcherart verzierten Brote und Lebkuchen überreicht. Deshalb haben auch die meisten Model christliche Motive, aber mit der Verbreitung in die bäuerlichen und bürgerlichen Haushalte in der Frühen Neuzeit, hat eine größere Formenvielfalt Einzug gehalten. Neben der Tier- und Pflanzenwelt gab es dann sogar Wilhelm II als Gebäckverzierung oder gar anzügliche Darstellungen. Deren Symbolwelt erschließt sich dem heutigen Betrachter allerdings nicht ohne weiteres, wie Christa Fischer aus Stuttgart zu berichten weiß, die eine der größten Modelsammlungen in Deutschland besitzt. „Da ist dann ein Mann mit einer Pistole abgebildet oder eine Frau mit einem Schuh,“ sagte sie. Das seien versteckte Hinweise auf Potenz bzw. Hingabe. An ihrem Stand kann man einige Model erstehen, zum Beispiel ein etwa tellergroßes, mit floralen Motiven reichlich verziertes Hochzeitsmotiv aus dem 19. Jahrhundert. Kostenpunkt: 400 Euro. Aber Frau Fischer bietet auch bunt bemalte Positivabzüge von Stücken ihrer Sammlung an, die man als Wandverzierung in die Wohnung hängen kann.

Für die Völkerkundler des Landesmuseum, wie die mit der Organisation des Modelmarktes betraute Dagmar Bayer, bietet dieses Hobby einen reicher Schatz an Informationen über bäuerliche und bürgerliche Lebenswelten vergangener Jahrhunderte. „Es handelt sich  bei den Modeln um eine verdinglichte Zeitgeschichte und es sind daher außerordentlich wichtige Zeugnisse,“ sagte sie. Für viele ist es aber auch einfach nur eine leckere Sache. Denn natürlich werden bis heute in vielen Haushalten vor allem im ländlichen Raum die beliebten „Springerle“ gebacken, eine Art Anis-Weihnachtsplätzchen aus einem Eier-Schaumteig. Woher der Name dafür kommt ist bis heute unklar. Man schwankt, ob es von dem häufigen Vorkommen eines Reiters mit Trompete abgeleitet wurde oder von dem Umstand, dass der Teig nach dem Ausrollen und der Motivverzierung erst einmal gären, „aufspringen“, musste. So manche Worte behalten eben doch ihre Bedeutung.

Viele Infos und Rezepte hier: www.springerle.com

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung]

Wenn der Model ein Springerle formt