Twitter in Stuttgart (IX): ha75

Für einen Artikel im Stuttgarter Stadtmagazin LIFT habe ich ein paar der bekanntesten Twitternutzer aus der schwäbischen Metropole kurzinterviewt – per E-Mail. Da die Antworten so ausführlich waren und natürlich in dem Artikel zu wenig Platz, gibts die Interviews nach und nach eben online. Der Artikel wird Ende Januar erscheinen, die etwa ein Dutzend Twinterviews gibts nun täglich.

Heute also mit Harald, der unter dem Nicknamen ha75 twittert. Tätig ist er als freiberuflicher Webdeveloper, Typo3-Spezialist und Uni-Dozent. Harald betreut auch den Twitterbot-Dienst Stuttgarttweets.

 

Seit wann twitterst du und wie bist du darauf gekommen?

Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr genau daran erinnern, seit wann ich twittere. Und leider lässt sich das im Nachhinein auch nicht so einfach herausfinden. Die Bestätigungsmail von meiner Registrierung habe ich nicht mehr und die Zurück-Blätter-Funktion von Twitter reicht nur bis Seite 160, was bei mir nicht reicht. Ein Indiz ist der Dienst tweetstat, welcher mir zumindest angibt, dass ich im Oktober 2007 einen Tweet geschrieben habe, was dann wohl mein erster gewesen sein dürfte.

Die Aufmerksamkeit wurde wahrscheinlich durch irgendein Blog-Posting geweckt, aber so richtig aktiv und neugierig wurde ich Anfang Februar 2008 zum Barcamp Mitteldeutschland, wo es bei einer Session um Twitter ging.

 

Was ist Stuttgarttweets und warum gibt es das?

Stuttgarttweets ist ursprünglich die Idee eines Hamburger Twitterers. Er hat mal verschiedene Städtenamen registriert mit dem Gedanken, eine zentrale „Sammelstelle“ für alle Twitterer einer Stadt zu werden. Inzwischen kümmern sich neben mir noch @heileribke und @oliverg um Stuttgarttweets. Ziel ist, dass über die Zentrale Stuttgarttweets Nachrichten innerhalb der Stuttgarter Twitter-Community weiterverbreitet werden können, ohne dass man allen Stuttgarter Twitterern folgen muss. Inzwischen funktioniert das auch halbautomatisch durch ein Skript, dass die Nachrichten, die an Stuttgarttweets gesendet werden, automatisch weiterverbreitet.

 

Wer braucht generell Twitter und wer nicht?

Da lässt sich m.E. keine Aussage machen. Wer gern im Netz unterwegs ist und gern kommuniziert, sollte Twitter auf jeden Fall mal austesten. Aber  ich würde nicht sagen, dass jemand unbedingt Twitter bräuchte.

 

Was twitterst du? Was auf keinen Fall?

Ich twittere mehr oder weniger das, was die Ursprungsidee des Dienstes war: Was machst du gerade? Manchmal stelle ich aber auch Fragen in die Runde oder antworte auf Tweets von Anderen.

 

Was liest du am liebsten? Und was eher nicht?

Hier kann ich eigentlich nur sagen, was ich nicht gern lese: das sind die Automatik-Postings von Blogs oder anderen Diensten. Manche Leute nutzen Twitter nur dazu, um mitzuteilen, welchen Song sie gerade auf last.fm hören. Das nervt!

 

Hast du schon andere Stuttgarter über Twitter kennengelernt? Manche behaupten ja, es sei ein „Networkingtool“…

Ja, unbedingt! Dank Twitter habe ich viele Stuttgarter kennengelernt, denn hin und wieder gibt es auch mal „Realtreffen“, wo man dann auch den Mensch hinter dem Twitter-Pseudonym kennenlernen kann. Und mit Stuttgarttweets habe ich ja auch ganz gezielt nach Stuttgarter Twitterern gesucht.

 

Twitter in Stuttgart (IX): ha75

Die ewige Krawatte kommt nicht gut an

Geschenke sollen Ausdruck der Gefühle sein und müssen nicht unbedingt einen Nutzen haben

Weihnachtszeit, Geschenkezeit. Den Handel freut es, aber was denken die Beschenkten? Welche Dinge bereiten Freude und welche sind eher überflüssig, wenn nicht gar peinlich? Textile Produkte sind zum Beispiel eher nicht so gerne gesehen.

„Eine Barbiepuppe.“ Der 11-jährige Nico Herrmann, der mit seiner Mutter aus Neuhausen auf den Weihnachtsmarkt gekommen war, weiß ganz genau, was er nicht als Geschenk auf dem Gabentisch vorfinden möchte. Passiert ist ihm das allerdings noch nicht, denn er hat „noch nie was blödes bekommen.“ Verschenken wird er selbst etwas an seine Mutter, was natürlich noch geheim bleiben muss. Tatsächlich nutzen alle gestern vor dem Rathaus befragten Passanten das Weihnachtsfest, um Verwandten, Freunden und geliebten Nächsten mit einer Aufmerksamkeit eine kleine Freude zu machen. 

Selbst Studenten wie Andreas Gawelczyk, der an der Fachhochschule Informatik studiert, greifen ihr knappes Salär an, um dafür Geschenke zu kaufen, auch wenn es sich wie in diesem Fall nur um ein Budget in Höhe von 60 Euro handelt. Unmöglich findet Gawelczyk das Geschenk in Form eines Gutscheins. „Das ist mir viel zu unpersönlich,“ sagte er. Etwas eigenhändig Angefertigtes oder auch etwas gekauftes, um das dann etwas drumrumgebastelt wurde, sei ihm da schon wesentlich lieber. Da merke man wenigstens, dass sich derjenige einige Gedanken gemacht habe. Ziemlich peinliche Geschenke sind seiner Ansicht nach auch Socken oder gar Unterwäsche.

Dass Dinge aus dem textilen Bereich eher dazu angetan sind, für verlegenen Momente nach dem Auspacken zu sorgen, ist auch die Meinung von Pietro Lo-Bue. Der Gastronom, der nach Verkauf seines Restaurants Da Capo im Moment nach neuen Aufgaben Ausschau hält, meinte damit konkret „diese ewige Krawatte“. Der Kragenbinder sei doch einfach nur einfallslos. Ganz so schlimm ist aber nach seiner Meinung die unpassende Auswahl im Allgemeinen nicht: „Über ein Geschenk freut man sich immer.“ 

Diese emotionale Komponente des weihnachtlichen Vorgangs ist auch für Birgit Klein aus Kirchheim das Wesentliche. „Was nettes, was von Herzen kommt,“ wünscht sich die Hausfrau, die drei kleine Kinder hat und begeistert vom Stuttgarter Weihnachtsmarkt war. Problematisch findet sie allerdings „Bücher, die ich nicht lese oder irgendwelche Sachen zum Aufstellen.“ Dinge, die geschaffen wurden, um angeblich die Wohnung hübsch zu dekorieren, finden auch bei Lisa Maurer wenig Anklang. „So Dekozeug wie zum Beispiel alte Porzellanpuppen, das steht doch dann einfach nur als Staubfänger herum,“ sagte die Auszubildende, die beim „Energylädle“, einem Charity-Stand der EnBW aushalf. Ein Problem ist bei diesem Thema natürlich die Höflichkeit der Beschenkten. „Die Leute sagen einem das ja nicht, wenn es ihnen nicht gefällt.“ Positive Ausnahmen allerdings gibt es, scheinbar in Abhängigkeit vom Lebensalter des Beschenkten: „Meine Omas freuen sich über alles.“ 

Diese Erkenntnis wäre nun ein guter Tipp gewesen für Richard Iskalla, der einige Schwierigkeiten hatte, überhaupt für jeden das passende Geschenk zu finden. Etwa 300 Euro hat der 47-Jährige, der aus Kattowitz stammt, in Luzern als Maschinenbautechniker arbeitet und dieser Tage Freunde in Stuttgart besucht, für Geschenke ausgegeben. Mit den dafür angeschafften „Kleinigkeiten“ wird er hauptsächlich seine Freundin beglücken. Auch er hat ein Problem damit, Dinge geschenkt zu bekommen, die man im Wohnzimmer dauerhaft präsentieren soll. „Man stelle sich vor, man tut es nicht, weil man es hässlich findet und dann kommt es später noch zu peinlichen Situationen.“ 

Einer solchen Misslichkeit sieht sich Patricia Hofmann eher nicht ausgeliefert, die bei einem hiesigen Verlag die Abteilung Rechte und Lizenzen leitet und in Erdmannhausen wohnt. Eigentlich komme es nicht vor, dass etwas ganz und gar unpassendes verschenkt werde. „Es erfeut doch alles.“ Aber wenn doch einmal ihr Geschmack nicht getroffenen werden sollte, dann hat sie eine pragmatische Lösung: „Das kann man dann eigentlich guten Gewissens weiterverschenken,“ sagte sie. 

 

[Ein Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung.]

Die ewige Krawatte kommt nicht gut an

Twitter in Stuttgart (VIII): Sympatexter

Für einen Artikel im Stuttgarter Stadtmagazin LIFT habe ich ein paar der bekanntesten Twitternutzer aus der schwäbischen Metropole kurzinterviewt – per E-Mail. Da die Antworten so ausführlich waren und natürlich in dem Artikel zu wenig Platz, gibts die Interviews nach und nach eben online. Der Artikel wird Ende Januar erscheinen, die etwa ein Dutzend Twinterviews gibts nun täglich.

Heute gibt’s die Antworten von Sympatexter, die über jahrelange Lebenserfahrung beim professionellen Verfassen von Texten verfügt und diese ständig erweitert.

 

Seit wann twitterst du und wie bist du darauf gekommen?

Ich twittere seit dem 25. Oktober 2007. Ein guter Freund (hmans) hat mir ständig davon vorgeschwärmt. Am Anfang fand ich Twitter total doof. Ich verstand einfach nicht, wozu das gut sein soll. Ich hatte damals die gleichen Vorurteile, denen ich heute begegne, wenn ich von Twitter schwärme. Hendrik hat aber nicht locker gelassen und mir gesagt, ich solle einfach mal einen Account anlegen. Dann habe ich es einfach mal probiert. Bei den ersten 10 Tweets habe ich immer noch nicht kapiert, wie und was Twitter ist und habe nur ca. einen Tweet pro 72 Stunden geschrieben – was ja nicht Sinn der Sache ist. Aber spätestens seit dem 11. Tweet weiß ich, wie der Failwhale läuft.

 

Wer braucht generell Twitter und wer nicht?

Generell braucht Twitter wohl niemand. Aber wie es mit den schönen Dingen des Leben so ist, braucht niemand wirklich etwas, das über die Grundbedürfnisse hinausgeht – aber schön ist es dennoch. Wer Twitter mehr braucht oder nutzt als andere, sind wohl Leute, die in den Bereichen Marketing, Verkauf, Werbung, PR, Verlag, Web2.0 und Design arbeiten. Bei Twitter kann man, wenn man talentiert und fleissig genug ist, sich und sein Unternehmen gut darstellen. Ansonsten wird Twitter aus verschiedenen Motivationen heraus gebraucht: Als Sammelstelle für interessante Links, als Auffangbecken für Geistesblitze (ich), für die direkte Kommunikation mit anderen (das sind dann die, die Twitter mit einem Chat verwechseln und fast nur @-Replies schreiben und mich furchtbar nerven) und für das Pushen von eigenen Blogbeiträgen (die nerven mich auch furchtbar).

Nicht brauchen tun Twitter Leute wie meine Eltern. Aber die brauchen generell das Web 2.0 an sich nicht.

 

Was twitterst du? Was auf keinen Fall?

Ich twittere lustige Wortspiele, Versprecher und Beobachtungen des Alltags. Ich versuche, meine Leser mit kurzweiligen Texten zu unterhalten. Aber ich bin kein totaler Altruist, sondern nutze Twitter vor allem dazu, meinen eigenen Schreibstil zu verfeinern. Twitter ist eine sehr gute Übung für alle, die beruflich schreiben müssen. Denn die meisten schreiben zu viel und zu langweilig.

Ich twittere auf gar keinen Fall Dinge, die zu privat sind, also z.B. über Beziehungen. Ich nenne keine Klarnamen. Ich twittere fast nie, wo ich bin, außer mal von einer großen Veranstaltung mit vielen Menschen, z.B. Barcamp Stuttgart (manchmal sehe ich Leute, die regelmäßig per BrightKite twittern, wo sie gerade sind. Das sehe ich eher kritisch). Ich twittere keine Hard Facts über meinen Beruf, über negative Gefühlslagen und über alles, das mir in irgendeiner Weise negativ ausgelegt werden und mich kompromittieren könnte. Ich trage keine Fehden in Twitter aus und twittere keine Seitenhiebe, selbst wenn sie nur Insider verstehen.

 

Was liest du am liebsten? Und was eher nicht?

Mich langweilen Antwortorgien, denen man sowieso nicht folgen kann, weil die Leute es nicht verstehen, wie man auf einzelne Beiträge so antworten kann, dass sie jeder nachverfolgen kann. Nicht lesen bzw. anklicken tue ich Beiträge, die ganz offensichtlich SEO in eigener Sache sind. Wenn Leute nur über Belanglosigkeiten schreiben, ist das vollkommen in Ordnung, solange sie es mit einen Schuss Witz und/oder Charme tun. Leider twittern viele ihre Belanglosigkeiten derart langweilig, dass ich ihnen nicht guten Gewissens folgen kann. Das würde mir ja wertvolle Lebenszeit kosten.

 

Hast du schon andere Stuttgarter über Twitter kennengelernt? Manche behaupten ja, es sei ein „Networkingtool“…

Ja. Dich. Zum Beispiel. Meistens geht es jedoch andersherum: Ich lerne Leute kennen, dann stellen wir fest, dass wir beide twittern und dann folgen wir uns gegenseitig.

 

Twitter in Stuttgart (VIII): Sympatexter

Twitter in Stuttgart (VII): oliverg

Für einen Artikel im Stuttgarter Stadtmagazin LIFT habe ich ein paar der bekanntesten Twitternutzer aus der schwäbischen Metropole kurzinterviewt – per E-Mail. Da die Antworten so ausführlich waren und natürlich in dem Artikel zu wenig Platz, gibts die Interviews nach und nach eben online. Der Artikel wird Ende Januar erscheinen, die etwa ein Dutzend Twinterviews gibts nun täglich.

Heute Antworten von Oliver Gassner aus Vaihingen/Enz, der unter oliverg bei Twitter zu finden ist, wo er zumeist auf Englisch schreibt. Gassner ist Kommunikationsberater und langjähriger Nutzer und Propagandist der Web-2.0-Kultur.
Seit wann twitterst du und wie bist du darauf gekommen?

Seit Dezember 2006. Mich hatte jemand zu Twitter eingeladen, der auch immer die neusten Dinge ausprobiert. Am selben Tag wurde ich auch auf Jaiku aufmerksam gemacht, das so ähnlich funktioniert und an sich sogar noch fortgeschrittener anwendbar war als Twitter.

 
Wer braucht generell Twitter und wer nichrt?

Auch wenn inzwischen Twitter als „Niedrigschwelliges Kurz-Bloggen ohne Verpflichtung“ gesehen wird, so denke ich, dass eher Leute etwas von Twitter haben, die sich in der Web 2.0-Welt etwas intensiver bewegen. Aber da Twitter angeblich den Mainstream erreicht, dürfte fast jede/r der/die ein internetfähiges Handy hat von der Kommunkation mit seinen Bekannten via Twitter profitieren können – vorausgesetzt, die sind auch so ausgestattet.

 

Was twitterst du? Was auf keinen Fall?

Also ich versuche nicht NUR „Guten Morgen“ zu twittern sondern das #goodmorning eher bereits an eine andere Mitteilung anzuhängen. Ansonsten chatte ich wahrscheinlich zu viel über Twitter, aber dafür teile ich nicht mit, wenn ich aufs Klo gehe oder Bus fahre ;)

 

Was liest du am liebsten? Und was eher nicht?

Wenn ich den Zusammenhang einer eher banalen Mitteilung nicht verstehe, ist sie uninteressant. Also „Bin im Bus“ ist doof, „Bin im Bus zu Veranstaltung ABC“ ist eventuell interessant. Ansonsten freue ich mich, wenn ich via Twitter auf interessante oder auch mal nur amüsante Dinge im Web stoße. Oder auf interessante Blogpostings, Meinungen oder Menschen. D.h. ich mag es, wenn Leute Twitter wie ein Miniblog benutzen und nicht nur als Laberecke über nichts.

 

Hast du schon andere Stuttgarter über Twitter kennengelernt? Manche behaupten ja, es sei ein „Networkingtool“…

Ich habe zumindest von zwei Bloggern aus meiner Region darüber erfahren, dass ich in Slandr.net die Suche nach Twitterern in meiner Region benutzt hatte. Insofern kann man Twitter durchaus einsetzen um „Zweinuller“ aus seiner Gegend zu finden.

 

Twitter in Stuttgart (VII): oliverg

Subkultur im Shoppinggedränge

In den Wagenhallen sind Freunde des ausgefallenen Geschenks auf ihre Kosten gekommen

Gewagt gestaltete Filztaschen, freche Babymoden oder kleine Kunstoriginale konnten am Wochenende beim Holy.Shit.Shopping in den Wagenhallen erstanden werden. Überrascht waren Veranstalter und Aussteller über den Andrang und die Kauflust der Besucher.

Eine lange Warteschlange beim Einlass, Gedränge vor den Verkaufsständen, zufriedene Aussteller: beim Holy.Shit.Shopping, das am Wochenende in den Wagenhallen am Nordbahnhof stattfand, war das Wort „Krise“ kein Thema. Etwa zwanzig kleine Unternehmen boten ihre Produkte an, zumeist Dinge, die man nicht wirklich braucht, die das Leben aber schöner machen. Daher auch der Name der Veranstaltung, der das selbstironische Understatement ausdrückt, das die Anbieter zu ihren eigenen Produkten haben.

Vielleicht war die Minimesse, die eigentlich aus der Alternativkultur in Berlin kommt und auch in Köln und Hamburg Station macht, deshalb so erfolgreich, weil man dort Dinge bekam, die man sonst vergeblich sucht. Das Publikum war denn auch vorwiegend jung oder junggeblieben und begeisterte die Aussteller. „Die sind hier alle total nett und aufgeschlossen,“ sagte zum Beispiel Heinke Breuer von Berliner Töchter. Mittels Digitaldruck überträgt sie ihre Fotos von Reklameschildern, die für Liebe, Harmonie oder Wunder werben, auf Leinwand und Keilrahmen. Bei Preisen ab zwanzig Euro gingen gestern vor allem die großen Motive und Breuer freute sich über das „Bombengeschäft“.

Aber bei weitem nicht alle Designer und Künstler kamen aus der Hauptstadt, recht viele aus der Region. So Jule Köhler aus Reutlingen, die zusammen mit einer Kollegin die Agentur Patentanten betreibt. Vor allem ihre mit Filz und Alltagsmaterialen wie einer „echten Omatapete“ bespannten Schlüssel- und Garderobenbrettchen waren der Renner. Kein Stück gleicht dem anderen. Es ist offenbar diese Mischung aus etwas abgedrehter Kreativität, realem Gebrauchswert und ironischer Haltung, die die Kunden zum Kaufen verführt. Aber vielleicht ist es auch das Bewusstsein, ein Unikat zu besitzen, dass mit Sicherheit so niemand sonst hat.

Und noch etwas kommt hinzu: „Die Leute haben das Gefühl, etwas gutes zu tun, denn sie wissen, dass die Leute hinter den Ständen das selber produziert haben und nicht irgendeine anonyme Fabrik,“ sagte Harriet Udroiu, die die ganze Sache organisiert hat. Stuttgart sei einfach ein super Standort und die Wagenhallen passen perfekt zu der subkulturellen Ausrichtung. „Die Aussteller sind durchweg begeistert.“ Kein Wunder, hatten sich doch etwa 3.000 Kauflustige eingefunden, wesentlich mehr als bei der Premiere im letzten Jahr.

Alle Erwartungen übertroffen wurden auch am Stand von S-T-G-T, wo es mit Stuttgarter Motiven bedruckte Textilien gab. Geschäftsführer Michael Feigl war selber überrascht von der guten Stimmung. „Das ist ein großer Basar hier mit viel Lachen.“ Verkaufsschlager an seinem Stand war ein T-Shirt mit rotem Stern und dem Fernsehturm als Silhouette sowie ein Damenhöschen mit der Aufschrift „Musterärschle“.

Noch zwei Trends, die zu beobachten waren. Zum einen gab es viele Stände mit salopp gestalteter Babykleidung, ein Zeichen dafür, dass die Subkultur Kinder eher integriert als ablehnt. Zum anderen scheint Filz das Lieblingsmaterial dieser Szene zu sein. Taschen, Hüte, Mäntel – es scheint nichts zu geben, was man nicht daraus machen könnte. Ein ganz besondere Verwendung hat Stef Hauser entwickelt, die auf Filzstreifen alte Fahrradschläuche appliziert und daraus dann Gürtel herstellt. Inzwischen hat sie in Berlin mehrere Fahradläden, die durchgefahrene Gummischläuche für sie sammeln. 

[Artikel für den Lokalteil der Stuttgarter Zeitung.]

Subkultur im Shoppinggedränge